Taufkirchen:Reich für 20 Minuten

Taufkirchen: Am 24. Mai 2016 überfiel ein Maskierter die VR-Bank in Taufkirchen. Alarmierte Polizisten nahmen ihn fest.

Am 24. Mai 2016 überfiel ein Maskierter die VR-Bank in Taufkirchen. Alarmierte Polizisten nahmen ihn fest.

(Foto: Claus Schunk)

Der Räuber, der 2016 eine Bank in Taufkirchen überfallen hat, steht seit Freitag vor dem Münchner Landgericht.

Von Irmengard Gnau, Taufkirchen

Für die Mitarbeiter der VR-Bank an der Münchner Straße in Taufkirchen war es ohne Zweifel ein Schock, als ein Maskierter an einem Dienstagmittag im Mai vergangenen Jahres ihre Filiale betrat, ein Messer hervorzog, die Mitarbeiter bedrohte und auf Englisch Geld forderte. Geistesgegenwärtig konnte eine Mitarbeiterin, die beim Eintreten des Mannes gerade mit einer Kollegin in einer anderen Filiale telefonierte, dieser noch am Telefon zuflüstern, sie würden gerade überfallen. Die Kollegin alarmierte die Polizei, sodass der Räuber beim Verlassen der Bank gut 20 Minuten später bereits von Zivilbeamten erwartet wurde, die ihn samt seiner Beute festnahmen.

Dem 29-Jährigen wird schwere räuberische Erpressung vorgeworfen

Seither sitzt Gustavo G. in der Justizvollzugsanstalt Stadelheim in Untersuchungshaft. Am Freitag begann der Prozess gegen den 29-Jährigen vor dem Landgericht München. Er muss sich wegen erpresserischen Menschenraubs und schwerer räuberischer Erpressung verantworten. G. wird vorgeworfen, die insgesamt vier Mitarbeiterinnen und einen Mitarbeiter in der Filiale mit einem großen Küchenmesser bedroht zu haben, um so an Geld zu gelangen. Er habe die Bankleute gezwungen, mehrere Safes zu öffnen, bis er mehr als 200 000 Euro beisammen hatte. Danach fesselte er die Mitarbeiter mit Kabelbindern und verließ die Filiale schließlich durch den Personalausgang, wo ihn Polizeibeamte in Gewahrsam nahmen.

G. atmet schwer, als der Staatsanwalt die Anklage verliest. Der 29-Jährige räumt die Tat ein; er sei der vermummte Mann auf den Bildern der Überwachungskamera, lässt G. seinen Anwalt Nicolas Frühsorger für ihn erklären. Es tue ihm leid, er werde sich bei den Geschädigten entschuldigen. Den Überfall stellt der Kolumbianer als eine Verzweiflungstat dar. Er habe hohe Schulden bei Drogenhändlern gehabt, die ihn selbst, seine Mutter und seinen kleinen Sohn deswegen bedroht hätten. Durch Arbeit habe er nicht genug verdient, um die Schulden abbezahlen zu können. Schon als Jugendlicher sei er mit Drogen in Berührung gekommen und habe lange regelmäßig Kokain, Marihuana und Alkohol konsumiert. Später übernahm er Kurierdienste für Drogenhändler; in Spanien verbüßte er deshalb von 2011 bis 2014 eine Haftstrafe.

Der Onkel des Angeklagten arbeitete als stellvertretender Filialleiter

Über die Konsequenzen des Banküberfalls habe er sich keine Gedanken gemacht. Pikant an der Wahl des Tatorts ist, dass G.s angeheirateter Onkel zum Zeitpunkt der Anklage stellvertretender Leiter der Taufkirchner Filiale war. Er zählte auch zu den fünf Mitarbeitern, die sich während des Überfalls in der Bank befanden. Der Onkel war als Zeuge geladen, machte aber keine Aussage. Gegen ihn läuft ein separates Ermittlungsverfahren. Bisher hat die Staatsanwaltschaft jedoch keine Anklage erhoben. Auch G. wollte sich zur Rolle seines Onkels am Freitag nicht äußern.

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