Die Geburtsstunde des ältesten Vereins in Taufkirchen kommentiert der damalige Ortschronist August Koch mit pathetischen Worten. „Auch die Söhne der jetzigen Pfarrei Taufkirchen“, schreibt er im Jahr 1874, „haben an jenem heldenmütigen Kampfe mit dem Erbfeind hervorragenden Anteil genommen“. Gemeint ist der Deutsch-Französische Krieg 1870/71, in dessen Folge sich vielerorts im einstigen Reich Soldatenvereinigungen gründen – so auch im Bauerndorf Taufkirchen, das seinerzeit nur wenige hundert Einwohner zählt. Zwölf von ihnen, die allesamt an der Front gekämpft haben, heben damals also die Krieger- und Soldatenkameradschaft aus der Taufe – vor 150 Jahren. Anlässlich dieses Jubiläums lädt der Verein an diesem Sonntag zu einem großen Jubiläumsfest ein.
„Natürlich wollen wir durch die Feier auch Aufmerksamkeit auf uns lenken – und auf unsere Ziele, die aktueller sind denn je“, sagt Eckhard Kalinowski, der stellvertretende Vorsitzende. Er leitet derzeit die Geschicke der Krieger- und Soldatenkameradschaft Taufkirchen, seit Ferdinand Huber vor gut einem Jahr gestorben ist. Der „Ferle“, wie er im Ort allseits genannt wurde, war zuvor jahrelang Vorsitzender des Vereins und hatte in dieser Funktion das Jubiläum bereits bis ins Detail geplant. „Wir machen das jetzt in seinem Sinne weiter“, sagt Eckhard Kalinowski. Nach den Feierlichkeiten wolle er sich dann aber daran machen, den ältesten Verein der Gemeinde, der noch 46 Mitglieder zählt, „ein bisschen zu modernisieren“.
Schließlich plagen auch die Veteranen aus Taufkirchen Zukunftssorgen – so wie nahezu alle Krieger- und Soldatenvereine in der Region. Einige von ihnen, etwa die Vereinigungen in Garching-Hochbrück und in Sauerlach, mussten in den vergangenen Jahren aufgrund des Mitgliederschwunds sogar ganz aufgelöst werden. Dabei sind die Gründe für die Malaise überall gleich: Die ehemaligen Kriegsteilnehmer sterben aus, die Zahl der aktiven Soldaten und Reservisten nimmt stetig ab, obendrein wurde 2011 die Wehrpflicht ausgesetzt.
Überhaupt tun sich die meisten Gruppierungen schwer, neue Mitglieder zu gewinnen. Schließlich schreckt gerade viele junge Menschen das oft martialische Image der Vereine ab – zumal wenn sie das Wort Krieg im Namen führen. In Taufkirchen spiele man daher mit dem Gedanken einer Umbenennung nach dem Vorbild der Nachbarn aus Unterhaching, sagt Eckhard Kalinowski. Die Unterhachinger nennen sich seit 2015 Veteranen- und Reservisten-Kameradschaft.
Wobei sich der Unterhachinger Verein im Zuge der Namensänderung auch für Ungediente und Frauen geöffnet hat. „Das sind Schritte, die wir auch gehen könnten“, sagt der stellvertretende Vorsitzende. „Aber jetzt liegt unsere ganze Konzentration erst mal auf dem Jubiläumsfest.“
Bei diesem wollen die Veteranen und Soldaten aus Taufkirchen auch an die reiche Historie ihrer Gruppierung erinnern, die „genauso wechselhaft wie die deutsche Geschichte war“, sagt Kalinowski. Die wichtigsten Entwicklungen hat Heimatpfleger Michael Müller – auch er ist Vereinsmitglied – in einer neuen Broschüre zusammengetragen. Darin wird unter anderem vom Hauptanliegen der zwölf Gründer berichtet, die unbedingt ein Kriegerdenkmal im Ort errichten wollten. Es sei ihr „dringendes Bedürfnis“, schreibt damals Ortschronist Koch, „auch in ihren Mauern ein Ehrenmonument zu besitzen, nicht bloß, um die Namen der Gefallenen im Siebziger Krieg zu verewigen, sondern überhaupt alle zu ehren“.
Heute geht es um Frieden und Völkerverständigung
Dieser Traum ging am 17. Juli 1910 in Erfüllung, als unter großer Anteilnahme der Bevölkerung ein Kriegerdenkmal eingeweiht wurde. Das Werk des Münchner Metallbildhauers Kiene stellt einen Soldaten der Königlich-Bayerischen Armee dar, einen sogenannten „Jäger“, komplett mit Raupenhelm und Haubajonett. Das Ehrenmal gedenkt der „Opfer aus den Kriegen 1866, 1870-71, 1914-18 und 1939-45“, wie es auf der Inschrift heißt. Selbiges sei laut Satzung auch ein Zweck der Krieger- und Soldatenkameradschaft, sagt Eckhard Kalinowski.
Darüber hinaus verfolge der Verein aber noch weitere Ziele. „Wir wollen das gute soziale Miteinander und die Heimatverbundenheit fördern“, sagt der Vizevorsitzende. Und nicht zuletzt gehe es der Krieger- und Soldatenkameradschaft darum, sich „für Völkerverständigung und für den Frieden einzusetzen“. Gerade mit Blick auf die Kampfhandlungen in der Ukraine, sagt Eckhard Kalinowski, sei dieses Ansinnen wichtiger denn je.
Die Krieger- und Soldatenkameradschaft Taufkirchen feiert ihr 150-jähriges Bestehen an diesem Sonntag, 21. Juli. Den Auftakt macht ein Festzug mit Vereinen aus dem Ort sowie benachbarten Veteranenvereinigungen, die um 9 Uhr am Feuerwehrhaus aufbrechen. Ihr Ziel ist das Gelände des Burschenvereins, wo um 10 Uhr ein ökumenischer Gottesdienst beginnt, ehe von 11.30 Uhr an im Festzelt gefeiert wird.