Taufkirchen:Gericht mit Geschichte

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Das schmeckt. Bürgermeister Ullrich Sander hat gekocht - mit professioneller Hilfe von Sebastian Zinner. (Foto: Claus Schunk)

Taufkirchens Bürgermeister eröffnet das neue Lokal im Hilprand-Hof mit Saumagen

Von Iris Hilberth, Taufkirchen

Wenn ein bayerisches Wirtshaus neu eröffnet, mag mancher lustvoll an ofenfrischen Schweinsbraten oder Burschen-Reindl denken, womöglich auch an Brotzeitbrettl und Brezen, an Hofente und Apfelblaukraut. Um es vorweg zu sagen: All das steht ganz bestimmt auf der Speisekarte, wenn am Wochenende die Zinner-Brüder Sebastian und Ferdinand in ihrer neuen Gaststätte im Ritter-Hilprand-Hof offiziell erstmals den Herd anschmeißen. Und die meisten Zutaten und Speisen, die hier im Topf und auf dem Teller landen, sollen garantiert aus der Region, ein Teil davon - etwa das Brot und die Kartoffeln - sogar aus Taufkirchen stammen.

Zum Auftakt aber gingen die Oberbayern kulinarisch ein wenig fremd und bewegten sich gleichwohl auf traditionsreichem Terrain, misst man einer Veranstaltung eine gewisse Bedeutung zu. Immerhin tischten die neuen Wirtsleute im frisch renovierten, modernen bayerischen Gastraum auf, was dank Helmut Kohl schon bei so manch international bedeutender Veranstaltung - zumindest in den Achtziger- und Neunzigerjahren - auf den Teller kam: Pfälzer Saumagen.

Keiner kam ihm damals aus. Margaret Thatcher nicht, Michail Gorbatschow nicht, weder Ronald Reagan noch François Mitterrand oder Spaniens König Juan Carlos. Beim Münchner Weltwirtschaftsgipfel 1992 stand der mit Schweinefleisch und Kartoffeln gefüllte Saumagen auf der Speisekarte, bei der UN-Vollversammlung vier Jahre später in New York hatte der damalige Außenminister Klaus Kinkel durchgesetzt, dass die Leibspeise seines Chefs kredenzt wurde.

Dass es nun auch im Ritter-Hilprand-Hof auf den Tisch kam, mag auf den ersten Blick mit der internationalen Bedeutung des Pfälzer Saumagens nicht so viel zu tun haben und allein der Tatsache geschuldet sein, dass der neue Taufkirchner Bürgermeister Ullrich Sander (parteifrei) bekanntermaßen aus jenem Landstrich stammt, in dem Saumägen einen ähnlichen Stellenwert haben sollen wie in Bayern die Weißwürste. Andererseits aber haben die Taufkirchner erklärtermaßen Großes mit ihrem Ritter-Hilprand-Hof vor, der jetzt Kultur- und Kongress-Zentrum heißt, und in dem sich dessen Leiter Michael Blume nach der Rundum-Erneuerung neben Konzerten auch Tagungen, Präsentationen, Workshops und Business-Veranstaltungen vorstellt. Nach Umbau und Neueröffnung des Wirtshauses ist Blume daher noch nicht am Ende seines Erneuerungsprogramms, "wir werden weiter Gas geben", versprach er.

Die Taufkirchner und ihr Pfälzer Bürgermeister jedenfalls haben keine Mühen gescheut, mit einem echten Saumagen in die neue Ära des Ritter-Hilprand-Hofs zu starten. Sander ist dazu eigens in die alte Heimat gereist und hat fünf verschiedene Exemplare der Kohlschen Leibspeise ins Hachinger Tal importiert, um mit einem Verkostungsteam aus Wirtshaus- und Rathausvertretern eines auszuwählen und beim Metzger im pfälzischen Kandel zu ordern. Füllen mussten die Oberbayern die Saumägen nicht mehr, auch hat Sander in der neuen Küche des "Zinners" selbst am Herd gestanden und die in Scheiben geschnittene Spezialität in der Pfanne angebraten und anschließend auch serviert. Ob nun der Saumagen mal auf der Speisekarten im Ritter-Hilprand-Hof stehen wird, scheint noch ungewiss. Eine Pfälzer Weinempfehlung des Bürgermeister hat es dorthin bereits geschafft.

© SZ vom 18.09.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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