Kinder kochen mit Spitzenkoch Nakamura:Wenn "der Tohru" mit Grundschülern kocht

Kinder kochen mit Spitzenkoch Nakamura: Kochen kann Spaß machen: Tohru Nakamura bereitet mit Kindern Wirsingrouladen zu.

Kochen kann Spaß machen: Tohru Nakamura bereitet mit Kindern Wirsingrouladen zu.

(Foto: Claus Schunk)

Der "Koch des Jahres" Tohru Nakamura bereitet mit Grundschülern in München ein Drei-Gänge-Menü zu. Den Kindern soll dabei die Lust auf gesundes Essen vermittelt werden.

Von Patrik Stäbler, Taufkirchen

Ein Wirsingblatt liegt vor Halil auf dem Tisch, darauf ein kinderfaustgroßes Stück Hackfleisch. Mit flinken Fingern rollt der Neunjährige das Fleisch ein und im nächsten Moment hält er eine perfekte Wirsingroulade in der Hand. "Die erste Rolle war noch schwierig", sagt Halil, während er sein Werk zufrieden begutachtet. "Aber dann hat mir der Tohru gezeigt, wie man's richtig macht."

"Der Tohru" heißt mit Nachnamen Nakamura und ist in diesem Fall sicher nicht der schlechteste Lehrmeister - auch wenn der 36-Jährige normalerweise eher selten Wirsingrouladen rollt. Denn in seinem Restaurant, "Geisels Werneckhof", stehen andere Speisen auf der Karte - aktuell etwa ein Kotelett vom Rochenflügel oder Thunfisch mit Auster, Rettich und Seeigel, die beide auch Teil eines Sieben-Gänge-Menüs sind. Für 225 Euro.

Tohru Nakamura ist 2016 vom Guide Michelin mit zwei Sternen ausgezeichnet worden; und erst vor wenigen Wochen kürte der Gault-Millau den Sohn einer deutschen Mutter und eines japanischen Vaters zum "Koch des Jahres". Dieser hochdekorierte Spitzenkoch steht nun also in einer Küche im Potzhamer Gewerbegebiet in Taufkirchen bei München und bereitet mit Halil und elf weiteren Kindern der Grundschule Am Wald ein Drei-Gänge-Menü zu.

Hinter der Aktion steht ein Modellprojekt, das die Schule, ihre Jugendsozialarbeit, die Gemeinde und das örtliche Unternehmen Isarland Ökokiste auf die Beine gestellt haben. Die Idee: Dritt- und Viertklässler sollen bei einem Kinderkochkurs an acht Nachmittagen lernen, wie man gesunde Speisen aus regionalen und saisonalen Produkten herstellt. Bei den ersten sieben Terminen haben Ernährungstherapeut Torsten Gauer von der Ökokiste, der Jugendsozialarbeiter Paul Haas, der selbst ausgebildeter Koch ist, und Lehrerin Julika Hofmann die Schüler angeleitet. Am achten und letzten Nachmittag ist zudem Tohru Nakamura dabei - der Schirmherr der Aktion.

Wer weiß, wie eng getaktet die Tage eines Sternekochs sind, der kann nur staunen, mit welcher Ruhe, Freude und Freundlichkeit der gebürtige Münchner hier in Taufkirchen zu Werke geht. Geduldig lässt er die Schüler an seinem "Geheimgewürz" schnuppern, bevor er es in die Salat-Vinaigrette streut. Und als der achtjährige Can ihm grinsend zuruft: "Ich esse aber keinen Salat!" - da legt Tohru Nakamura dem Buben freundschaftlich die Hand auf die Schulter und sagt: "Probier's doch mal. Du wirst sehen, das schmeckt richtig gut."

Bei der Kinderkochschule gehe es nicht darum, den Kindern Tricks und Kniffe für die Küche mit auf den Weg zu geben, sagt Tohru Nakamura später, während die Wirsingrouladen im Ofen brutzeln. "Wir wollen ihre Neugierde auf Lebensmittel wecken und zeigen, dass Kochen eine tolle Beschäftigung ist, die richtig Spaß machen kann." Genau das sieht man auch dem achtjährigen Can an, der gerade mit Feuereifer eine Karotte raspelt. Wie oft er daheim in der Küche mithilft? Auf diese Frage nuschelt der Drittklässler ein leises "nicht so oft" - und damit ist er beileibe keine Ausnahme unter Schulkindern.

Was auch kaum verwundert, schließlich kocht laut einer Studie des Bundesernährungsministeriums nicht mal mehr die Hälfte aller Deutschen täglich. Überdies kommen immer häufiger Fertigprodukte auf den Tisch, bei denen sich das Kochen aufs Aufreißen und Aufwärmen beschränkt. Auch der Inhalt der Brotzeitboxen habe sich in den vergangenen Jahrzehnten gewandelt, hat Hildegard Höhn festgestellt. "Viele Kinder haben heute weißes Toastbrot dabei, darauf irgendeine Wurst aus der Packung", sagt die Rektorin.

Umso wertvoller sind Aktionen wie die Kinderkochschule, an der in diesem Schuljahr 36 Dritt- und Viertklässler teilnehmen, sagt Florian Müller, der das Projekt im Rathaus federführend betreut. Dort sei auch der Kontakt zu Tohru Nakamura entstanden - über dessen Mutter, die in Taufkirchen verschiedene andere Schulprojekte betreut. Ziel der Gemeinde ist laut Müller, die Kinderkochschule als dauerhaftes Angebot zu etablieren.

Zum Abschluss bekommen alle Schüler einen Saisonkalender mit nach Hause sowie die Rezepte für sämtliche Gerichte, die sie an den acht Nachmittagen gekocht haben. Darunter ist auch das Drei-Gänge-Menü, das sich Tohru Nakamura für seinen Besuch in Taufkirchen ausgedacht hat: Nach der Wirsingroulade gibt es ein "Schokocremeux mit Nüssen und Früchten". Und zuvor einen Blattsalat mit "weihnachtlicher Vinaigrette", den - nach kurzem Zögern - auch Can probiert. Wie's schmeckt? "Eigentlich nach nichts", sagt der Achtjährige kauend. Und bei dieser Antwort muss man an die Worte von Tohru Nakamura denken, der zuvor betont hat: "Ich freue mich immer, wenn Kinder als Gäste zu uns ins Restaurant kommen. Denn von ihnen bekommt man immer ein ehrliches Urteil."

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