Taufkirchen:Coole Ideen

Taufkirchen: Johanna Maier und Simon Mittermeier mit ihrem Modell, nach bionischen Kriterien konstruiert.

Johanna Maier und Simon Mittermeier mit ihrem Modell, nach bionischen Kriterien konstruiert.

(Foto: Claus Schunk)

Im Bionik-Camp bei Airbus lernen Schüler von Ingenieuren und der Natur

Von Julia Weller, Taufkirchen

Am Ende können die Erwachsenen ihre Begeisterung kaum zügeln: Von "krassen, coolen Ideen" spricht Alexander Lepa von Airbus Defence and Space in Taufkirchen. Seine Kollegin Maike Kusche, Ausbildungsleiterin in der Luft- und Raumfahrtabteilung, pflichtet ihm bei: "I like!", sagt sie und meint damit die Präsentation, mit der sechzehn Schülerinnen und Schüler am Freitag die Ergebnisse ihres einwöchigen Bionik-Camps vorgestellt haben.

Während die meisten bayerischen Schüler noch ihre Sommerferien genossen, tüftelten Gymnasiasten und Fachoberschüler aus dem ganzen Bundesland in den vergangenen Tagen bei Airbus an einem Flugzeug für das 22. Jahrhundert. "Wir werden es wahrscheinlich selbst nicht mehr erleben", sagt der Schüler Johannes und bringt das Publikum zum Lachen. Doch mit ihren Ideen vermitteln die Jugendlichen bereits einen guten Eindruck davon, wie die Luftfahrt der Zukunft aussehen könnte. Ihr Flugzeugentwurf besteht gewissermaßen aus Bienenwaben, Haihaut, Käferflügeln und Pomeloschalen.

Denn Bionik, das ist Biologie plus Technik. "Es handelt sich um die Übertragung von Phänomenen aus der Natur in die Technik", erläutert Alexander Lepa. Seine Schützlinge aus dem Bionik-Camp drücken es anschaulicher aus: "Die Pomelo kann Stürze aus bis zu 15 Metern unbeschadet überstehen, weil ihre Schale wie ein Schwamm aufgebaut ist", erzählt Ralf. "Eine solche Federung möchten wir in unsere Flugzeugsitze einbauen, damit Turbulenzen abgedämpft werden." Seine vierköpfige Projektgruppe hat sich im Bionik-Camp ganz dem komfortablen Flugerlebnis verschrieben, sie nennt sich "Comfortable Flying Agency". Ihre Mitglieder haben auch eine Trennwand zum Nebensitz entworfen, die sich wie ein Insektenflügel ganz klein zusammenfalten lässt und dann in der Armlehne verschwindet. Eine andere Gruppe hat sich den Namen BISS gegeben - "Bionic Innovations of Special Surfaces". Nach dem Vorbild leuchtender Algen möchten diese jungen Forscher die Biolumineszenz nutzen, um die Außenhaut des Fliegers zum Strahlen zu bringen. Das spare Strom, Treibstoff und Gewicht.

Ein Flugzeug zu entwerfen, das gleichzeitig fossile Brennstoffe einspart, dem Klima nicht schadet und steigenden Passagierzahlen gerecht wird, das ist wahrlich ein anspruchsvoller Forschungsauftrag für 15- bis 17-Jährige. Die acht Jungs und acht Mädchen tauschten sich während des Camps mit Ingenieuren aus und experimentierten zusammen mit Werkstudenten. Unter fachkundiger Anleitung durften sie dann zwei Tage lang biologische Phänomene erforschen, die das Fliegen effizienter machen können.

"Wir hatten auch mal ein oder zwei Stunden Freizeit", erzählt eine Teilnehmerin, wieder lachen die anwesenden Eltern. Sogar das Rahmenprogramm war wissenschaftlich fundiert: So durften die Jugendlichen bei einer speziellen Nachtführung im Tierpark Hellabrunn untersuchen, wie sich die Tierwelt im Dunkeln verändert. "Man weiß im Allgemeinen ja, wie die Dinge funktionieren", sagt die siebzehnjährige Johanna, "aber man denkt doch nicht drüber nach, wie das im Detail abläuft. Dabei sind solche Sachen wie Lotuseffekt und Bienenwaben total spannend."

Auch ihre Freundin Julia steckte sich im Camp mit der Bionik-Begeisterung an: "Ich habe mich schon immer für Biologie interessiert, und ich möchte auf jeden Fall später in diese Richtung gehen." Eine Bewerbung bei Airbus ziehen beide Mädchen in Betracht. "Für mich kommt nur ein duales Studium in Frage", sagt Johanna. Auch Julia plant eine Kombination aus Uni und Unternehmen, "weil man da den Wechsel zwischen Studium und Arbeit hat."

Das Bildungswerk der Bayerischen Wirtschaft veranstaltet das Ferienangebot dieses Jahr schon zum sechsten Mal. Finanziert wird das Camp, bei dem Teilnahme und Unterbringung für die Jugendlichen kostenfrei sind, von bayme vbm, den Arbeitgeberverbänden der Metall- und Elektroindustrie in Bayern. "Um wettbewerbsfähig zu bleiben, brauchen wir in Bayern kreative junge Köpfe", sagt Birgit Aigner vom Hauptsponsor. "Daher müssen wir für technische Studiengänge verstärkt werben." Laut Maike Kusche ist das Bionik-Camp für Airbus ein Erfolgsprojekt: Viele Teilnehmer seien in den letzten Jahren als Praktikanten oder Werkstudenten zurückgekehrt.

In fachlicher Hinsicht können die Jugendlichen sehr stolz auf sich sein: Ausbildungsleiterin Kusche nimmt den Forschungsauftrag als bestanden ab. "Können wir nicht noch eine Woche dranhängen?", fragen Julia und Johanna. Sie hat offenbar das Entwicklungsfieber gepackt. Und Alexander Lepa muss am Ende zugeben: "So absurd waren die Ideen gar nicht."

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