Tassilo:Mit Anna in die Vergangenheit

Tassilo: In ihrer Ortschronik für junge Leserinnen und Leser hat Petra Breuer die spannende Geschichte ihres Wohnorts Aschheim - hier der Brunnen im Dornacher Park - erkundet.

In ihrer Ortschronik für junge Leserinnen und Leser hat Petra Breuer die spannende Geschichte ihres Wohnorts Aschheim - hier der Brunnen im Dornacher Park - erkundet.

(Foto: Claus Schunk)

Die Aschheimer Kinderbuchautorin Petra Breuer bringt Schülern in ihren fantasiereichen Büchern die Geschichte von München und Umgebung nahe

Von Irmengard Gnau, Aschheim

Gäbe es so etwas wie eine landkreisinterne Bestseller-Liste für Kinderbücher, Petra Breuers Name dürfte sicherlich darauf erscheinen, so viele Grundschülerinnen und Grundschüler haben in den vergangenen Jahren eines ihrer Bücher gelesen. Und selten dürfte eine Schullektüre die Kinder auf so spielerische Weise auf die Spur ihrer eigenen Geschichte geführt haben. In ihren Ortschroniken für Junge und Junggebliebene nimmt Petra Breuer ihre Leserschar mit in die Vergangenheit ihrer Heimatregion und lässt sie dort erfahren, wie die Kelten, Römer und Bajuwaren auf der östlichen Münchner Schotterebene einst gelebt haben, wie das Ismaninger Schloss entstanden ist oder was ihre Vorfahren vor vielen Hundert Jahren in ihrem Alter lernten.

Für Aschheim, Ismaning, Kirchheim und Geretsried sind Breuers detailgetreue Chroniken in kindgerechter Sprache bereits erschienen. Ein Erfolgsgeheimnis der Autorin ist die enge Zusammenarbeit mit den Schulen, Lehrkräften und Historikern in den jeweiligen Gemeinden. 2015 entstand die Idee, die bis in das Ende der Jungsteinzeit zurückreichende Geschichte von Aschheim, wo die in Steingaden in Oberbayern geborene und in München aufgewachsene Breuer seit vielen Jahren mit ihrer Familie lebt, für Kinder aufzubereiten. Gemeinsam mit der Leiterin des archäologischen Museums, Anja Pütz, machte sich Breuer ans Werk; 2016 erschienen die "Aschheimer Geschichte(n)".

"Ich versuche, Kindern den Zugang zu Kultur zu ebnen und das auf unterhaltsame Weise", sagt Breuer. Das Interesse für Geschichte und Geschichten liegt in der Familie. Dennoch brauchte Petra Breuer einige Zeit, um den entscheidenden Schritt zu wagen und sich hauptberuflich diesem Herzensthema zu widmen. Über Jahre arbeitete die heute 56-Jährige als Managerin in der IT-Branche. Doch ihr Wunsch nach Veränderung wuchs stetig. 1998 entschloss sie sich, daraus endgültig die Konsequenzen zu ziehen, stieg aus und ließ sich in München zur Stadtführerin ausbilden. Den Anstoß, auch selbst zur Autorin zu werden, gab schließlich ihre Tochter. Als diese in der Schule die Historie der Landeshauptstadt München durchnahm, fand Breuer das Unterrichtsmaterial wenig überzeugend. "Ich habe überlegt: Wie bringt man dieses Thema Kindern näher?" Rasch war "Anna" geboren, ein zehnjähriges Mädchen aus der Gegenwart, dass sich für ein Schulreferat mit der Gründung Münchens beschäftigt und dabei auf ihre Namensbase aus dem Jahr 1158 trifft. Durch ihre Augen beobachtet Anna, wie nach einigen Wirren schließlich auf Befehl des Herzogs Heinrich des Löwen eine Brücke über die Isar entsteht und so den Grundstein für die Entstehung des Münchens von heute legt.

Annas Geschichte in Vergangenheit und Gegenwart stieß bei Breuers Familie und Bekannten auf große Resonanz. Die Verhandlungen mit Verlagen gestalteten sich allerdings kompliziert, deshalb entschied sich Breuer, ihren eigenen Verlag zu gründen. 2012 rief sie "Phantasiereich" ins Leben und brachte mit "Der Angriff des Löwen" ihr erstes historisches Kinderbuch heraus. Inzwischen ist daraus die Reihe "Abenteuer in München" geworden; Protagonistin Anna reist in Begleitung ihres Zwillingsbruders Ben in sechs Bänden durch die Geschichte Münchens von der Gründung bis ins Jahr 1810, erlebt Abenteuer vor und hinter der Stadtmauer, erkundet die Dult und hilft dabei, den verschollenen Bauplan der Frauenkirche zu retten.

Gekonnt vermengt Breuer, die auch Mitglied der auf Kinder- und Jugendliteratur spezialisierten Münchner Gruppe "Isarautoren" ist, Fantasieelemente mit historischen Fakten. "Wenn ich eine langweilige Geschichte erzähle, haben das die Kinder am nächsten Tag wieder vergessen", sagt sie. Darum setzt sie in ihren Büchern wie auch in ihren Stadtführungen über die Junge Volkshochschule, die sie auch für Schulklassen ergänzend zum Unterricht anbietet, auf die Vermittlung von Geschichte durch Geschichten, möglichst spannend und bildreich. Dabei pflegt Breuer alte Begrifflichkeiten; ihre Leser lernen das Schäfflerhandwerk kennen, folgen der berittenen Gendarmerie durch die Münchner Altstadt oder finden bei einem Tandler auf der Dult allerhand Interessantes. Neben "Der Angriff des Löwen" heißen die weiteren Büchern "Vor den Toren lauert die Gefahr", "Tumult auf der Dult", "Rätsel um die Morisken", "Der geheimnisvolle Fund" und "Mysteriöse Botschaften", letzteres spielt im Jahr 1810, Schwerpunkt sind der Viktualienmarkt, das erste Oktoberfest sowie der Englische Garten.

Dass ihre Abenteuer gut recherchiert sind, bescheinigt Petra Breuer auch das Staatsinstitut für Schulqualität und Bildungsforschung. Ihre Bücher wie auch ergänzende Landkarten kommen in zahlreichen Münchner Schulen zum Einsatz. Aktuell arbeitet Breuer an einem Museumsbegleiter für das Münchner Kunstareal; das interaktive Heft will jungen Besuchern aufzeigen, was es rund um die Pinakotheken alles zu entdecken gibt. "Mein Ziel ist es, die Kinder neugierig zu machen", sagt Breuer. Erscheinen soll der Museumsbegleiter voraussichtlich im Herbst 2021.

Dass manche Menschen dem Beruf der Kinderbuchautorin mit einer gewissen Hochnäsigkeit begegnen oder nicht besonders ernst nehmen, hält Breuer nicht für gerechtfertigt. "Kinder sind als Publikum sehr anspruchsvoll, denn sie sind gnadenlos ehrlich", sagt sie. "Wenn sie etwas nicht interessiert, landet das Buch ganz schnell wieder im Regal." Um sich die Begeisterung und die Treue junger Leserinnen und Leser zu erwerben, braucht es eine klare Sprache und die Fähigkeit, gut zu erklären. Und natürlich Fantasie und eine spannende Geschichte.

Den Kulturbetrieb im Münchner Umland fördern und Kulturschaffende motivieren - das sind die Ziele des Tassilo-Kulturpreises, den die Süddeutsche Zeitung 2021 zum elften Mal ausschreibt. Ausgezeichnet werden Kulturschaffende aus dem Umland und der Stadt München. Die Preise sollen im Besonderen junge Künstler fördern. Zum anderen werden Kulturschaffende ausgezeichnet, die dafür sorgen, dass kulturell in München und Umgebung so viel geboten ist. Verliehen wird zudem ein Tassilo-Sozialpreis.

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