SZ-Kulturpreis Tassilo:Smilla Maiers Gefühl für Musik

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"Seitdem ich sprechen kann, mache ich Musik": Smilla Maier weiß, was sie will. (Foto: Sebastian Gabriel)

Die 17-jährige Unterhachingerin arbeitet seit der dritten Klasse an ihrer Stimme und hat ihre Heimatgemeinde bereits bei einem internationalen Wettbewerb vertreten. Nach dem Abitur will sie Gesang studieren und eine professionelle Karriere starten.

Von Franziska Gerlach, Unterhaching

Sie habe ja immer gesagt, wenn sie Sängerin sei, lasse sie ihren Nachnamen auf Biancorosso umändern, erklärt Smilla Maier. Sie schmunzelt, also fragt man sicherheitshalber noch einmal nach, ob das ein ernst gemeintes Vorhaben sei? Ja, ist es. Biancorosso sei der Familienname ihrer Mutter, erklärt die Unterhachingerin, die die zwölfte Jahrgangsstufe des Lise-Meitner-Gymnasiums besucht. Und irgendwie sei das Singen in ihrem Leben stets mit Italien verbunden gewesen. Ihr Großvater habe in seiner eigenen Radiosendung in Triest viel Musik gespielt, auch einen richtigen Sänger gibt es auf der italienischen Seite der Familie. Und es war der Kinderchor des Italienischen Kulturinstituts in München, in dem sich das Talent der Unterhachingerin zu entfalten begann.

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17 Jahre ist Smilla Maier alt. Und doch schon so etwas wie "ein alter Hase", wenn es ums Singen geht: Zum Treffen in einem Münchner Café hat die Unterhachingerin zwei Din-A5-Blätter mitgebracht, auf denen sie die Stationen ihres Werdegangs mit ordentlicher Handschrift zusammengetragen hat. "Seitdem ich sprechen kann, mache ich Musik", sagt Maier. Eine zwölfköpfige Jury beeindruckte Maier, als sie im Sommer 2022 die Gemeinde Unterhaching bei einem internationalen Gesangswettbewerb in der französischen Partnergemeinde Le Vésinet bei Paris vertrat. 2020 war sie mit von der Partie, als Heinrich Klug, der langjährige Solocellist der Münchner Philharmoniker, mit einem Ensemble aus Musikern der Münchner Philharmoniker und Preisträgern des Nachwuchswettbewerbs "Jugend musiziert!" Mozarts "Zauberflöte" inszenierte.

"Ich fühle mich frei und wohl, wenn ich auf der Bühne stehe."

"Ich fühle mich frei und wohl, wenn ich auf der Bühne stehe", sagt Maier, deren Vorbild die ägyptische Sopranistin Fatma Said ist, der Leichtigkeit in der Darbietung wegen. Nach dem Abitur will Maier Gesang studieren - eh klar. Die Frage ist aber: wo? Die Münchner Musikhochschule wäre natürlich eine Option, auch ein Studium in Mailand fände sie toll. Maiers Haar ist lang und glatt, ihre Gesichtszüge ebenmäßig, sie trägt eine Brille mit Goldrand und einen schwarzen Rollkragenpullover. Und wie sie so da sitzt und bei einem Cappuccino aus ihrem Leben mit der Musik erzählt, wirkt sie für ihr junges Alter erstaunlich reflektiert, diese Unterhachingerin mit der warmen Stimme. Es ist eine Stimme, die im Bauch kribbelt und das Herz anspricht, wenn Maier singt. Eine Stimme, die mitunter ein Volumen entwickelt, das man der zierlichen Sängerin so nicht zutrauen würde.

Privat hört Maier gern Jazz, Dean Martin oder Vaya Con Dios. Und läuft irgendwo Elvis Presley, kann sie die Füße kaum still halten. Schon in der Kita ist einer Erzieherin aufgefallen, wie viel Freude Smilla Maier an Musik hat. In der dritten Klasse wird sie in den Kinderchor der Bayerischen Staatsoper aufgenommen, zur selben Zeit beginnt sie mit dem klassischen Gesangsunterricht. Nach dem Nachmittagsunterricht geht es damals oft noch zur Chorprobe, dazwischen wollen die Hausaufgaben erledigt werden. Besonders in Erinnerung geblieben sind der Unterhachingerin die Konzertreisen, nach Rom zum Beispiel, aber auch nach Prag, wo sie sich in der Jugendherberge eingesungen hätten. "Das war mega, mega cool", sagt Maier. Seit einigen Jahren nimmt sie an der Musikschule Unterhaching Unterricht in Jazz- und Popgesang, auch in der Kirchenmusik ist sie bewandert, kann außerdem Klavier spielen.

Und dann ist da natürlich noch der Tanz. Bis heute profitieren ihre Bühnenauftritte von dem Ballettunterricht, den sie über 13 Jahre hinweg erhalten hat. Eine Weile sei sie sogar unsicher gewesen, ob sie denn nun den Tanz oder den Gesang beruflich weiterverfolgen solle. Paradoxerweise hat ihr die Pandemie bei der Entscheidung geholfen: Als Maier die im Lockdown plötzlich massenhaft frei verfügbare Zeit mit Singen füllte, stellte sie nicht nur fest, wie schnell sie sich verbessert. Die Unterhachingerin erkannte auch: "Boah, daraus könnte echt was werden."

Sie sagt das nicht wie ein hoffnungsfroher Teenager, der sich eben mal bei einem Casting versuchen möchte. Nein, Maier ist ein Profi mit einem guten Gespür für die eigene Begabung und ihren Eltern dankbar für das Privileg, sich künstlerisch verwirklichen zu dürfen. Längst hat sie begriffen, dass gute Kunst einen hohen Einsatz verlangt: echtes Gefühl. Über eine ausgefeilte Technik verfügten viele, die Konkurrenz sei groß, doch letztlich komme es auf das gewisse Etwas an.

"Nur mit Emotionen kann man die Zuhörer erreichen. Und das ist ja das Ziel."

"Nur mit Emotionen kann man die Zuhörer erreichen. Und das ist ja das Ziel", sagt sie. Das nächste Etappenziel auf Smilla Maiers Weg ist das Abitur, danach will sie erst mal zur Ruhe kommen, reisen, am liebsten in die Toskana. Außerdem möchte sie Meisterkurse besuchen und sich auf die Aufnahmeprüfungen an den Musikhochschulen vorbereiten. Das führt wiederum zu der Frage, wo sie sich in zehn Jahren sieht? "Ich sage nicht, dass ich nur mit Gesang glücklich werden kann. Aber ich will glücklich sein mit dem, was ich dann mache", sagt Maier. Sie wäre nicht die erste Künstlerin, die mit dieser entspannten Herangehensweise eine spannende Karriere hinlegt.

Bis Mitte Februar stellen wir Ihnen in unregelmäßiger Reihenfolge Kandidatinnen und Kandidaten für den Tassilo-Kulturpreis 2023 vor. Eine Hörprobe von Smilla Maiers Gesangstalent gibt es auf Youtube:

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