SZ-Fitparade:Den Tiger umarmen

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Schüler einer Mittelschule im Kreis Wenxian üben Tai Chi, eine traditionelle chinesische Kampfkunst. Im Kreis Wenxian ist Tai Chi vor Jahrhunderten entstanden. (Foto: Xu Hongxing/dpa)

Beim Tai Chi wirkt die Entspannung wohltuend auf den Körper. Das hat man nicht nur in den Kursen des SC Baierbrunn erkannt, sondern auch bei den Krankenkassen, die einen großen Teil der Kosten übernehmen.

Von Annette Jäger, Baierbrunn

Wenn Übungen Namen tragen, wie „Kranich hebt den Flügel“ oder „Tiger umarmen, zum Berg zurückkehren“ und „Mähne des wilden Pferdes teilen“, kann das nur wohl tun. Im Tai Chi Chuan, auch einfach Tai Chi genannt, begibt man sich genau in diese Bilderwelten. In fließenden Bewegungen holt man die „Nadel vom Meeresboden“ und öffnet gleich danach die „Arme zum Fächer“. Etwas mehr als 140 solcher Figuren, die sich zum Teil wiederholen, machen eine Übungseinheit im „ Tai Chi Chuan Yang Stil, Longform“ aus, die Peter Tilmann in Baierbrunn im Gymnastikraum der Volksschule unterrichtet.

Mit sanfter Bewegung Körper und Geist trainieren, sich dabei aber keinesfalls anstrengen – dann würde man etwas falsch machen – dürfte all jene ansprechen, die etwas für sich tun wollen, aber keine Lust auf Sportdisziplinen haben, die auf weit gesteckte Ziele, hohen Puls und starkes Schwitzen setzen. Im Tai Chi geht es um etwas ganz anderes, erklärt Peter Tilmann, der einen Anfänger- und einen Fortgeschrittenenkurs unter dem Dach des Sportvereins SC Baierbrunn leitet.

Es handelt sich vielmehr um eine Bewegungsmeditation, die zu geistiger Entspannung führt und dabei wohltuend auf den Körper wirkt. Gelenke werden bewegt, die Durchblutung gefördert, die Atmung wird freier, die Muskeln gestärkt, der Stress reduziert, das Gedächtnis und der Gleichgewichtssinn geschult. Viele Krankenkassen fördern die Teilnahme am Kurs im Rahmen ihres Präventionsangebots und tragen zum Teil 80 Prozent der Kurskosten. Ein neuer Kurs für Anfänger beginnt am 10. März, umfasst zwölf Stunden und findet immer montags um 19.45 Uhr statt. Zur Probestunde ist man jederzeit eingeladen.

Tai Chi hat seine Wurzeln in einer im Kaiserreich China entwickelten Kampfkunst. Tatsächlich muten die Übungen zum Teil wie Abwehr- oder Kampfhaltungen im Zeitlupenmodus an. Würde man sie in schneller Abfolge ausführen, könnte man sich selbst verteidigen bei einem Angriff, meint Tilmann.

Tai-Chi-Lehrer Peter Tilmann. (Foto: Catherina Hess)

Vor Kursbeginn werden die Gelenke ausgeschüttelt und durchbewegt zum Aufwärmen und, um erst einmal den Übergang vom Alltag in den Gymnastikraum zu schaffen und sich auf seinen Körper einzulassen – und auf die Langsamkeit. Während die Fortgeschrittenen gleich die 140 Übungen in einer Choreografie hintereinanderweg schaffen, was höchster Konzentration bedarf, beginnen die Anfänger damit, einzelne Übungen nach und nach zu verinnerlichen. Grundlage ist der Bogenschritt, erklärt Tilmann: Die Füße stehen schulterbreit auseinander, der Rücken ist gerade, dann setzt man den rechten Fuß zwei Fußlängen nach vorn, den linken Fuß dreht man um 30 Grad nach außen. So steht man stabil, jetzt kann man das Gewicht nach vorn und zurückverlagern und die Bilderwelten darauf aufbauen.

Tai Chi ist für jeden geeignet und insbesondere für jene, die gewillt sind, sich auf einen langen Weg der Körper-Geist-Schulung einzulassen. Denn schnelle Erfolge wird es nicht geben. Zwar profitiert man auch nach einem Kurs schon von den sanften Bewegungen, doch seine volle Kraft entfaltet diese innere Kampfkunst erst, wenn sie zum Lebensbegleiter wird und man kontinuierlich übt und übt und übt. Die meisten Teilnehmerinnen im Fortgeschrittenenkurs praktizieren „Wolkenhände“, „Stoß zu sieben Sternen“ oder „Diagonales Fliegen“ seit mehr als zehn Jahren, Tilmann selbst ist seit 25 Jahren dabei. Wer sich einlässt, wird vielleicht bald fühlen wie eine Kursteilnehmerin: „Ein Montag ohne Tai Chi ist ein verlorener Montag.“

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