Tag der GehörlosenMissverständnisse sind die Regel

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Yella Wähner erstellt gerade einen neuen Flucht- und Rettungsplan.
Yella Wähner erstellt gerade einen neuen Flucht- und Rettungsplan. (Foto: Meike Jahn/© FRM II / TUM)

Yella Wähner arbeitet als Gehörlose an der Forschungs-Neutronenquelle in Garching. Wie das geht, erklärt sie mithilfe einer Gebärdendolmetscherin.

Wenn man zu Yella Wähner ins Büro möchte, öffnet man einfach die Tür. Klopfen wäre sinnlos, denn die technische Zeichnerin würde einem keine Rückmeldung geben. Nicht etwa, weil sie so vertieft in ihre Pläne ist: Yella Wähner kann nichts hören. Seit vier Jahren arbeitet die Gehörlose an der Forschungs-Neutronenquelle Heinz-Maier Leibnitz (FRM II) in Garching. Ein Besuch bei ihr zwischen dem Tag der Gebärdensprache am vergangenen Montag und dem Tag der Gehörlosen an diesem Sonntag.

An ihrem Job gefällt der technischen Zeichnerin in der Fachrichtung für Maschinen- und Anlagentechnik vor allem die Vielfältigkeit. Yella Wähner ist unter anderem für das Erstellen von Flucht- und Rettungsplänen, Feuerwehreinsatzplänen und Feuerwehrlaufkarten zuständig. In ihrer Zeit am FRM II hat sie schon Hunderte Pläne erstellt. „Die Arbeiten, die ich anfertige, sind so verschieden, dabei wird es nie langweilig. Zurzeit gestalte ich neue Raumpläne für Büros, aber auch für den Reaktor“, verbalisiert Yella Wähners Gebärdensprachdolmetscherin.

Die lauten Töne eines Flucht- oder Feueralarms kann Yella Wähner selbst nicht hören. Am Arbeitsplatz hat sie deshalb ein technisches Hilfsmittel, das den Alarm über Blinken signalisieren würde. Da dieses manchmal von den vielen unterschiedlichen Tönen überfordert ist, kommt es gelegentlich zu Fehlalarmen. „Zuhause habe ich ebenfalls technische Hilfsmittel, wie für den Wecker, die Türklingel und den Rauchmelder“, erklärt sie. „Die wandeln alles einwandfrei in optische Signale um.“

Einige gehörlose Menschen können Lippen lesen. Das ist aber sehr anstrengend, da nur etwa 30 Prozent der Wörter ablesbar sind. Das Mundbild der Wörter „Mutter“ und „Butter“ sieht etwa genau gleich aus. Der Rest ist dann eine Kombinationsleistung aus dem Kontext des Gesagten. Das hierbei viele Missverständnisse entstehen können, steht außer Frage und ist auch der Grund, warum Yella Wähner es bevorzugt, über E-Mail oder Gebärdensprachdolmetscher zu kommunizieren.

Gebärdensprache ist eine vollwertige Sprache – und genauso schwer zu lernen

„Ich werde oft gefragt, ob Gebärdensprache international ist. Tatsächlich sind Gebärdensprachen international aber verschieden und sogar innerhalb Deutschlands gibt es Dialekte“, erklärt Yella Wähner. Gebärdensprachen sind eigene, vollwertige Sprachen und sie zu lernen, dauert ebenso lange wie bei einer gesprochenen Sprache. Weltweit gibt es mehr als hundert verschiedene. So haben die deutsche und die französische Gebärdensprache unterschiedliche Gebärden für die Wörter Apfel und Wasser.

Wenn man Yella Wähners Büro wieder verlässt, winkt man am besten – und schließt sanft die Tür.

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