Süddeutsche Zeitung

Grünwald: Tablets im Unterricht:Revolution im Klassenzimmer

Kultusminister Bernd Sibler überzeugt sich im Gymnasium Grünwald von der Digitalisierung des Unterrichts.

Von Iris Hilberth, Grünwald

"Und jetzt geht ihr im Menü einen Punkt weiter und schaut euch die Videosequenz an." Die 15 Schülerinnen und Schüler der 7e setzten ihre Kopfhörer auf und beugen sich über die Tablets.

"Fake oder News?", lautet die Frage in dieser Unterrichtsstunde am Grünwalder Gymnasium. Die Jugendlichen sind fix im Umgang mit der Technik und den Lerninhalten. Tabletcomputer im Klassenzimmer sind normal für sie, E-Learning gehört hier zum Schulalltag. Selbst dass man als Schüler nach der Stunde auch noch den Lehrer und seinen Unterricht bewerten darf, haut hier keinen mehr um. Willkommen in der digitalen Schule von morgen.

Das Gymnasium Grünwald ist eine von bayernweit inzwischen 4300 Schulen, an denen die digitale Lernplattform "Mebis" eingesetzt wird. Das Kultusministerium spricht von 750 000 Nutzern, Minister Bernd Sibler (CSU) lobte am Mittwoch bei einem Schulbesuch in Grünwald die komfortable und sichere Handhabung. "Es funktioniert und es bringt etwas", sagte er. Mebis ist Infoportal und Mediathek, soll aber auch Interaktionen ermöglichen und so ein individuelles und selbstgesteuertes Lernen unterstützen. "Bei uns wird Mebis sehr breit im Unterricht eingesetzt", sagt Schulleiterin Birgit Korda. 72 Tablets gibt es am Grünwalder Gymnasium, Korda will den Bestand demnächst um zwei weitere Klassensätze zu je 16 Geräten aufstocken.

Hohe Akzeptanz - auch bei den Lehrern

Die hohe Akzeptanz des digitalen Lernens auch im Grünwalder Lehrerkollegium hat am Mittwoch Kultusminister Sibler veranlasst, der Schule einen Besuch abzustatten, um sich zu vergewissern, dass es zumindest mancherorts schon ganz gut läuft mit der Digitalisierung der Schulen im Freistaat. Ein Termin, der beweisen sollte, dass die digitale Revolution in den bayerischen Klassenzimmern in vollem Gang ist. Zuletzt war immer wieder Kritik laut geworden, dass alles viel zu langsam gehe mit der Technikausstattung und den Konzepten. Oder gar, dass noch nichts passiert sei, obwohl die Hälfte der vom Ministerium anberaumten Zeit bis zur Umsetzung am Ende des kommenden Schuljahrs fast schon rum ist.

Am ansonsten auch vom Feinsten ausgestatteten Grünwalder Gymnasium sieht man es längst als Vorteil, dass Korrekturen via Computer schneller und besser sind als der Rotstift im eingesammelten Workbook. Zudem schätzt man an der Schule die Möglichkeit eines direkten Feedbacks, auch für die Schüler. "Ich sehe genau, wer wo steht, und was er gemacht hat", sagt Deutsch- und Lateinlehrerin Marlies Portenlänger. Für die Schüler sei das kein Problem. Im Gegenteil, auch die seien begeistert von dieser Art der Rückmeldungen. Um den Schülern zugleich aber den richtigen Umgang mit Computern und Internet zu vermitteln, absolvieren sie den sogenannten Computerführerschein, ein international anerkanntes Zeugnis für Computerbenutzer.

"Pädagogik geht allerdings immer vor Technik", betont Schulleiterin Korda und bestätigt damit das, was auch Kultusminister Sibler vertritt: "Die Technik muss der Pädagogik dienen. Digitale Mittel sollen den Unterricht noch besser machen." Man müsse also aufpassen, dass man sich nicht von der Begeisterung davon reißen lasse, "die Lehrer sind die Chefs im Ring". Die müssten wie einst Peter Lustig in der Fernsehsendung "Löwenzahn" immer mal sagen: "Jetzt schalten wir die Kiste ab."

Was man selbst aufschreibt, merkt man sich

Wie sich der Einsatz von digitalen Medien dosieren lässt, demonstrierte in Grünwald Florian Ellmann mit seiner 7e. Die Ergebnisse ihrer Recherche sollten die 13-Jährigen nicht etwa in den Computer eintippen, sondern ganz herkömmlich auf einem Blatt notieren. Denn obwohl Ellmann als Medienpädagoge der Schule die Tablets schon qua Amt einsetzt, weiß er als Lehrer ganz genau: Was man selbst aufschreibt, kann man sich besser merken.

Auch in Unterhaching warnte die Schulleiterin des Lise-Meitner-Gymnasiums, Brigitte Grams-Loibl, sich nur noch auf Bildschirme zu verlassen. Sie lobte jüngst bei einer Sitzung des Schulzweckverbands zwar den Einsatz von digitalen Medien und sieht ihre Schule mit Internetanschluss und Beamer in jedem Klassenzimmer auf gutem Weg, sagte aber auch: "Digitaler Unterricht wäre falsch." Das könne nicht die Zukunft sein.

"Wir machen auch noch Frontalunterricht und schreiben an die Tafel", versicherte in Grünwald Lehrerin Portenlänger. Handys sind am Grünwalder Gymnasium übrigens verboten. Die gehören in den Spind, mit dem Vorteil, dass sie dort aufgeladen werden können.

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Quelle:
SZ vom 17.05.2018/belo
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