SZ-Serie: Vom Land in den Mund:Bei Rot geht's los

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Noch sind die Erbeeren nicht erntereif. (Foto: Angelika Bardehle)

Sobald die ersten Erdbeeren auf den Feldern von Johann Lang reif sind, kommt die Kundschaft zum Ernten. Boden und Witterung entscheiden über den Geschmack

Von Laura Zwerger, Landkreis

Auf einem kleinen Feld, gleich hinter dem Hof, da hat Familie Lang das erste Mal Erdbeeren angepflanzt. Damals, im Jahr 1971, da war das noch ein Versuch - heute gehören sie zu den großen regionalen Produzenten im Münchener Umland. Mehr als 100 Helfer stellt Johann Lang, der jetzige Geschäftsführer von Erdbeer-Lang, mittlerweile jedes Jahr ein, um die elf Erdbeerfelder zu bestellen und zu pflegen.

Neben Feldern in Taufkirchen, Putzbrunn oder Siegertsbrunn können die Kunden beispielsweise auch in Aying die Früchte frisch vom Feld pflücken. "Es ist jede Saison eine organisatorische Meisterleistung", sagt der 46-Jährige. Denn nicht nur die Felder müssen dann eingezäunt und Personal abgestellt werden - damit eine Erdbeere auch richtig reifen und prall und rot geerntet werden kann, dazu gehört viel mehr: "Der Standort ist sehr wichtig", erklärt Lang. "Jeder Boden ist etwas anders und jede Erdbeersorte schmeckt dann auch dementsprechend anders."

Noch sind die Erdbeeren von Johann Lang nicht erntereif.

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(Foto: Angelika Bardehle)

Wachstumshilfe bekommen sie derzeit von Saisonarbeiterinnen, die wie hier auf einem Feld in Höhenkirchen Stroh zwischen den Reihen umschichten.

Ebenso ausschlaggebend sei auch das Wetter, da zu hohe oder zu niedrige Temperaturen den Ertrag stark beeinträchtigen können. "Es muss zugleich ausreichend warm sein, aber auch ab und zu regnen, denn Erdbeeren sind sehr wasserhaltige Früchte", sagt Lang. Bekämen sie zu wenig Wasser, dann würde am Schluss eine harte, kleine Frucht mit säuerlichem Geschmack heranwachsen - vergleichbar mit dem Aroma eines Apfels.

Heute gibt es genug Wettbewerb

Dass die Frucht am Ende aber so schmeckt, wie es seine Kunden erwarten, das ist für den Familienvater existenziell notwendig: "Als wir mit den Erdbeeren begonnen haben, war es noch etwas Einzigartiges in der Umgebung - heute gibt es aber weitaus genug Wettbewerb." Daher setzt er nun besonders auf den geschmacklichen Unterschied, den seine Kunden erwarten können. "Wir haben Premium-Qualität, und so frisch kriegen die Kunden sie im Laden nicht", gibt sich Lang überzeugt. Pflücken die Kunden die Früchte nicht direkt auf einem seiner Felder, können sie die Erdbeeren auch an einem seiner Stände kaufen.

Dafür ernten seine Helfer die Erdbeeren jeden Tag im Morgengrauen, und an heißen Tagen wird die Ware mehrmals durch neue ersetzt - nur so könne optimale Frische garantiert werden. Kommen die Kunden aber von Mai bis Juli auf seine Felder, dann können sie ihre gepflückten Erdbeeren hinterher an den bereitgestellten Kassen wiegen lassen. Ein Kilo selbstgepflückter Ware kostet in diesem Jahr 3,80 Euro, an den Ständen kommt ein Aufschlag hinzu.

Dass er auf seinen Feldern die ein oder andere Erdbeere an Naschmäuler verliert, das sieht Lang ganz gelassen. Schließlich sagt er selbst: "Das beste Erdbeer-Rezept ist direkt von der Pflanze in den Mund." Fahren Kunden jedoch mit größeren Geschossen auf, so muss er doch einschreiten: "Einmal hat jemand eine Picknickdecke, einen Eimer Wasser zum Abwaschen und Zucker mit auf ein Erdbeerfeld genommen, um es sich dort gemütlich zu machen", erzählt Lang lachend. Dieser Kunde sei natürlich zurechtgewiesen worden, denn die meisten Beeren sollten ja schließlich nicht direkt in den Mund, sondern in den Korb wandern und anschließend bezahlt werden.

Es ist immer noch viel Handarbeit

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Dieses Jahr ist die Erdbeersaison für Anfang Juni bis in den späten Juli angesetzt, je nach Wetterbedingungen kann die Ernte manchmal aber auch bereits im Mai beginnen. Um seinen Kunden möglichst früh reife Erdbeeren anbieten zu können, hat Lang einen speziellen Trick: "Die Frühsorten werden mit Flies überdeckt, unter dem sich die Wärme sammelt, damit sie schneller reif werden", sagt er. Wird es aber plötzlich wärmer, dann müssen die Pflanzen wieder von dem Vlies befreit werden. "Es ist trotz moderner Maschinen nach wie vor noch viel Handarbeit", erklärt Johann Lang.

Besonders im Alpenvorland sei das Wetter etwas rauer, dadurch entstehe auch mehr Arbeit für die Bauern. Und in den letzten Jahren bemerke er auch immer extremer werdende Wetterausprägungen, mit denen zu kämpfen sei. Kommt plötzlich der Hagel, dann müssen alle Felder mit einem extra Schutzvlies per Hand abgedeckt werden. "Alles schafft man aber nie", sagt er. "Ein paar erwischt es immer." Viele Produzenten sind deshalb mittlerweile auf spezielle Tunnelsysteme oder Gewächshäuser umgestiegen, in denen die Früchte geschützter heranwachsen können. "Diesen Wettlauf machen wir aber nicht mit - ich bin kein Freund von Plastik oder ähnlichem", stellt Lang klar.

Er hat sich der traditionelleren Landwirtschaft verschrieben und setzt auf natürlichen Boden. Das nötige Wissen zum Anbauen der Erdbeeren hat er bereits früh von seinem Vater gelernt, als kleines Kind stand er oft auf dem Feld oder hinter den Waagen am Erdbeerstand. Auch heute noch steht ihm sein Vater zur Seite. Um auf dem aktuellen Stand zu bleiben besucht Lang regelmäßig Fortbildungen und Seminare. "Es ist wichtig, sich mit anderen auszutauschen", erklärt er. "Denn sonst wird man betriebsblind."

Geeignete Felder zu finden ist nicht so einfach

Neben ihm kümmert sich auch seine Frau um die Organisation während der Ernte. Ist die Saison vorbei, dann wartet im Winter die liegen gebliebene Büroarbeit auf das Ehepaar. Der Sohn und die Tochter sind momentan noch zu klein, um mit anpacken zu können - entwickeln sie aber genauso viel Freude an dem Erdbeeranbau wie ihr Vater, dann könnten sie einmal das Familienunternehmen übernehmen.

Zusätzlich zu den Erdbeerfeldern betreibt die Familie Lang auch Landwirtschaft und bietet Blumenfelder zum Selbstpflücken an. Dass sie seit knapp 20 Jahren Blumen anpflanzen, hat dabei einen nachvollziehbaren Grund: "Es ist schwer, geeignete Felder für die Erdbeeren zu finden, denn sie sollen ja nicht direkt an der Straße wachsen", sagt Lang. "Daher bauen wir dazwischen oft Blumen an."

Über die blühenden Blumenfelder freut sich Lang aber immer noch täglich, es sei eine reine Augenweide für ihn. "Da geht einem richtig das Herz auf", schwärmt er. Und genau das passt auch zu seiner Philosophie: "Wir bauen alles an, was gut schmeckt und Freude macht."

© SZ vom 23.05.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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