Süddeutsche Zeitung

SZ-Serie: Lichtblicke, Folge 18:Sternenhimmel im Lockdown

Weil die Eso-Supernova in Garching coronabedingt noch bis mindestens 15. Januar geschlossen bleibt, ist es dort aktuell auch im "Welt-Raum" stockdunkel. Normalerweise leuchten dort aber fast 30 000 LEDs.

Von Patrik Stäbler, Garching

Das Coronavirus hat sogar die Sterne zum Erlöschen gebracht - zumindest in der Eso-Supernova in Garching. Weil das Astronomie-Museum samt Planetarium wegen des Lockdowns noch bis mindestens 15. Januar geschlossen bleibt, ist es dort aktuell auch im "Welt-Raum" stockdunkel. So heißt die zwölf Meter hohe Halle, deren Decke aus einem 30 Tonnen schweren Dach mit 262 Glaspaneelen besteht - allesamt unterschiedlich groß und scheinbar willkürlich verteilt. Der Clou daran: Die dreieckigen Platten sind so angeordnet und mit mehr als 110 LED-Strahlern versehen, dass über den Köpfen der Besucher der Sternenhimmel der südlichen Hemisphäre aufleuchtet. Eigentlich.

Aktuell aber ist die Eso-Supernova düster und menschenleer. "Wir haben vom Eso-Hauptquartier die Maßgabe, dass sich dort so wenig Personen wie möglich aufhalten sollen", sagt Wolfgang Vieser, Bildungskoordinator bei der Europäischen Südsternwarte (Eso), deren Zentrale ja direkt nebenan auf dem Garchinger Forschungscampus liegt. Auch wegen dieser Nähe sei die Eso im Museum besonders vorsichtig, was den Umgang mit den Corona-Beschränkungen angehe, sagt Vieser. So dauerte es nach der ersten Pandemie-Welle im Frühjahr fünf Monate lang, ehe die Einrichtung ihre Türen im August wieder für Besucher öffnete - unter strengen Hygiene- und Abstandsregeln sowie erst nach vorheriger Anmeldung.

Man sei dann "sehr überrascht" gewesen, sagt Vieser, wie groß der Andrang nach der Wiedereröffnung war. "Das hat uns gezeigt, dass nicht nur wir unsere treue Community sehr vermisst haben, sondern die Menschen auch die Supernova vermisst haben." Tatsächlich gehört das spektakuläre Gebäude, dessen Architektur zwei Sternen kurz vor der Supernova nachempfunden ist, zu den meistbesuchten Attraktionen im Landkreis: Von der Eröffnung im April 2018 bis zur coronabedingten Schließung knapp zwei Jahre später kamen laut Wolfgang Vieser fast 140 000 Menschen in das Astronomie-Erlebniszentrum. Ein Großteil davon waren Schüler aller Altersgruppen sowie Kindergartenkinder, für die spezielle Führungen und Workshops angeboten werden. Darüber hinaus stellt die Eso Arbeitsmaterial für Lehrkräfte bereits und bietet Fortbildungen für sie an, die jedoch bis Mitte 2021 ausschließlich im virtuellen Raum stattfinden werden, sagt Wolfgang Vieser.

Schon während des ersten Lockdowns war das Team der Eso-Supernova bemüht, die Einrichtung durch vermehrte Online-Aktivitäten im Gespräch zu halten - etwa mittels kurzer Astronomie-Videos aus der Eso-Supernova, Themenwochen unter dem Motto "AstroAtHome" und Malwettbewerben. Zudem finden sich etliche Inhalte der Dauerausstellung namens "Das Lebendige Universum" auch im Internet. Doch all das, betont Vieser, könne kein echter Ersatz für den Besuch der Eso-Supernova und ihres Planetariums sein, das zu den deutschlandweit modernsten seiner Art zählt. "Die Atmosphäre lässt sich in der virtuellen Welt nicht so rüberbringen", sagt er. "Ein Planetarium lebt davon, dass man unter dem Sternenzelt sitzt."

Entsprechend fiebere man der Wiedereröffnung entgegen, sagt Vieser. Dank der Erfahrungen aus dem Frühjahr werde es diesmal wohl nicht so lang dauern, bis man wieder Besucher empfangen könne. "Wann wir aufmachen können, hängt stark von den Rahmenbedingungen ab", so Vieser. "Aber das Hochfahren der Supernova geht relativ schnell. Innerhalb einer Woche könnten wir starten." Zugleich geht der Bildungskoordinator davon aus, dass eine Rückkehr zum Betrieb wie in Vor-Corona-Zeiten im ersten Halbjahr 2021 nicht möglich sein wird. Entsprechend ungewiss sei derzeit das Programm fürs nächste Jahr. "Wir planen da in Vier-Wochen-Häppchen", sagt Vieser. "Und dann schauen wir immer aufs Neue, was möglich ist - und was nicht." Nur eines steht aber fest: Die Sterne im Welt-Raum, sie sollen auch in der Supernova alsbald wieder leuchten.

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SZ vom 21.12.2020
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