SZ-Serie "Die Weihnachtsmacher":Nikolaus in Turnschuhen

Ottobrunn, Jugendhaus der evang. Gemeinde,  Nikolausdienst,  Foto: Angelika Bardehle

Der Bart muss sitzen: Engel Johanna Zenker macht Nikolaus Marc Trui fertig für die Auftritte in Ottobrunner, Neubiberger und Hohenbrunner Wohnzimmern.

(Foto: Angelika Bardehle)

In Ottobrunn ermahnen und beschenken Jugendliche die Kinder

Von Patrik Stäbler, Ottobrunn

Ein einziges Mal ist der Nikolaus vergangenes Jahr aufgeflogen. "Aber da war der Bub auch schon zwölf Jahre alt und hatte wohl einen schlechten Tag", sagt Mark Trui. Denn kaum hatte der 18-Jährige aus Ottobrunn in seinem langen Nikolausmantel, mit dem Stab in der Hand, der Mitra auf dem Kopf und dem Umhängebart im Gesicht den Raum betreten, begann der Bub zu mosern: "Du bist nicht der echte Nikolaus." Und: "Der echte Nikolaus trägt keine Adidas-Turnschuhe." Was man in so einer Situation als Aushilfs-Nikolaus macht? "Da geht man einfach drüber hinweg", sagt Mark. "Und konzentriert sich lieber auf die jüngeren Kinder."

Denn vor allem ihretwegen sind Mark Trui und 15 weitere Jugendliche der Evangelischen Jugend Ottobrunn ja auch heuer wieder unterwegs in ihrem Heimatort sowie in Neubiberg und Hohenbrunn. In Teams aus je einem Nikolaus, einem Krampus und ein oder zwei Engeln besuchen sie am 5. und 6. Dezember fast zwei Dutzend Familien. Schon seit mehr als zwanzig Jahren biete man einen Nikolausdienst an, sagt Diakon Semjon Salb. Der Ablauf sei stets der Gleiche: Der Nikolaus und seine Gehilfen klopfen an, werden eingelassen und stehen in einem Wohnzimmer voll strahlender Kinderaugen. Aus seinem goldenen Buch liest der Bischof dann Lob und Tadel vor - je nachdem, was die Eltern zuvor verraten haben.

Zum Schluss gibt's dann noch für jedes Kind ein Nikolaussackerl, das die Engel überreichen. Und der Krampus? "Ich raschel mit der Rute, wenn die Tadelliste vorgelesen wird", sagt Tobias Lattermann, der sich für seine Rolle das Gesicht schwarz anmalt und einen zotteligen Fellmantel überwirft. "Wenn es dann ums Lob geht, werde ich immer gutmütiger", sagt der 18-Jährige - und dennoch gebe es etliche Kinder, die sich vor dem Krampus fürchten: "Die Babys fangen häufig zum Schreien an, wenn sie mich sehen", sagt Lattermann.

Der Nikolausdienst ist für die Eltern kostenlos, jedoch freut sich die Evangelische Jugend über eine Spende für ihre Jugendarbeit. Aber das sei nicht der Hauptgrund, weshalb man Jahr um Jahr im Dezember losziehe, betont Salb. "Wir wollen Freude in die Familien bringen und die Geschichte des echten Nikolaus in den Fokus rücken." Denn anders als viele Kinder glauben, "kommt der Nikolaus nicht von drauß' vom Walde", sagt der Diakon. "Sondern er war ein weiser Mann, der in Kleinasien gelebt und den armen Menschen geholfen hat."

In dieser Serie stellt die SZ jeden Tag Menschen vor, die der Vorweihnachtszeit zu ihrem besonderen Zauber verhelfen.

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