SZ-Serie: Das Fest der Dinge, Folge 16:Noten der Freude

Adventsserie, Ottobrunn, Michaelskirche,  Christoph Demmler, Kirchenmusiker, hat zwei Faksimiles zu gregorianischen Gesängen gefunden, Foto: Angelika Bardehle

Christoph Demmler hat für den Festgottesdienst auch ältere Kompositionen ausgewählt.

(Foto: Angelika Bardehle)

Das Vokalensemble der Michaelskirche singt zu Weihnachten nach alten Vorlagen

Von Angela Boschert, Ottobrunn

Still ist es in der Kirche, leise erklingt von oben ein "Hodie Christus natus est" - "Heute ist Christus geboren" und entwickelt sich zu strahlendem Gesang. Bald erfüllt die Freude über die Geburt des Erlösers den ganzen Raum. "Dieser Gesang ist faszinierend", sagt Chorleiter Christoph Demmler und blickt auf ein Notenblatt in seiner Hand.

Es zeigt eine Abbildung des gregorianischen Antiphons "Hodie Christus natus est", wie es der Niederländer Jan Pieterszoon Sweelinck, langjähriger Organist an der Oude Kerk in Amsterdam, vertont hat und 1619 in Antwerpen drucken ließ: Auf nur vier Linien - statt heute fünf - stehen hakenförmige Zeichen, manche haben einen Strich nach oben oder unten. Er ähnelt dem Notenhals, wie wir ihn heute an einer Note kennen. Taktstriche fehlen. Über die Uraufführung des Werkes ist nichts bekannt. Wie damals üblich, dürften sich die Sänger - alles Männer - um die Notenblätter herum aufgestellt haben. Heute hingegen hält in Ottobrunn jede Sängerin und jeder Sänger eine eigene gedruckte Ausgabe in den Händen. Sänger und Chorleiter schauen bei der Probe immer wieder ehrfürchtig auf die Abbildung.

Wie aus einem so alten Text aus dem frühen Mittelalter und der Notenseite Sweelincks so vielseitige, prachtvoll ausgestaltete Musik geworden ist, macht die Sänger des 2012 gegründeten Vokalensembles der Michaelskirchengemeinde staunen. Sie erahnen etwas von der Atmosphäre, die damals geherrscht hat und vergleichen im Kopf die Vertonung von Sweelinck mit der viel späteren des Franzosen Francis Poulenc (1899 bis 1963), die sie auch für den Festgottesdienst am ersten Weihnachtsfeiertag einüben.

Demmler will dann auch auf die europaweite Wirkung des Christfestes hinweisen und hat außerdem das bewundernde "O Magnum Mysterium" des Spaniers Tomás Luis de Victoria (um 1548 bis 1611) auf das Programm gesetzt sowie ein Lied des deutschen Komponisten Max Reger und "Quem pastores laudavere" ("Den die Hirten lobeten sehre") in der Fassung des Engländers John Rutter (geboren 1945).

Dieses Hirtenlied erinnert Demmler, trotz Moderne und Pracht, an die beliebten, Quempas genannten Wechselgesänge zu Weihnachten. "Den Quempas haben wir mit allen möglichen Instrumenten zu Hause gespielt und gesungen. Auch in der Weihnachtsnacht, die ich schon als Kind häufig in der Kirche verbracht habe. Kaum waren die Gottesdienstbesucher nach der Christmette gegangen, haben wir den Geburtstag meiner Mutter hoch droben auf der Orgelempore mit wundervollen Weisen eingeleitet", erzählt Demmler. Man merkt ihm an, welch besondere Bedeutung alte Weihnachtsgesänge für ihn haben. Die Freude über die Geburt des Erlösers soll daher auch im Hauptgottesdienst am ersten Weihnachtsfeiertag aufleuchten, wenn es tönt: "Hodie Christus natus est": Heute ist Christus geboren.

Der Festgottesdienst mit dem Vokalensemble der Michaelskirche findet am Sonntag, 25. Dezember, in der Kirche an der Ganghoferstraße 26 in Ottobrunn statt. Die Leitung haben Christoph Demmler und Pfarrerin Stefanie Wist. Beginn ist um um 10 Uhr.

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