SZ-Serie: Ausgeschieden, Folge 1:Ganz der Opa

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Günter Heyland genießt die Zeit mit seinen Enkeln. Im Bild: der zweijährige Julius. (Foto: Angelika Bardehle)

Neubibergs ehemaliger Bürgermeister Günter Heyland hat auf eine weitere Kandidatur verzichtet, um mehr Zeit für seine Familie zu haben. Er spielt mit den Enkeln, kümmert sich um das Haus und hat das Theater als neue Bühne für sich entdeckt

Von Daniela Bode, Neubiberg

Noch Anfang des Jahres stand Günter Heyland an Podesten, hielt Reden. Ein halbes Jahr nach Ende seiner zwölfjährigen Amtszeit als Bürgermeister Neubibergs dreht sich sein Leben um ganz andere Dinge. An diesem Dienstagnachmittag spielt er mit seinem jüngsten Enkel Julius im eigenen Garten, schubst den Zweijährigen in der Nest-Schaukel an und erzählt von der Gartenparty, die die Familie im Sommer für die älteste Enkelin, die achtjährige Luise, organisiert hat. Heyland, in Pullover und Jeans, wirkt fröhlich und zufrieden.

Auch als später sein Sohn Max und dessen Frau Sina, Julius' Eltern, vorbeikommen, bekommt man schnell ein Gefühl für das gesellige Familienleben der Heylands, an dem Günter Heyland in den vergangenen zwölf Jahren nur wenig teilnehmen konnte. Umso mehr freut er sich, jetzt da zu sein und seine Enkelkinder aufwachsen zu sehen. "Da braucht man sich über den Sinn des Lebens nicht viele Gedanken zu machen", sagt der 59-Jährige.

Mehr Zeit für die Familie zu haben, war ein Grund, warum er sich schon im Frühjahr 2019 gegen eine weitere Kandidatur entschied. Heylands Schwiegereltern brauchten Hilfe, konnten etwa nicht mehr allein einkaufen. Um seine 94 Jahre alte Mutter, die bei ihnen im Haus lebt, musste man sich ebenfalls kümmern. "Wir haben damit gerechnet, dass es bald drei pflegebedürftige Personen sind", sagt er. "Das wäre für meine Frau alleine nicht machbar gewesen", sagt er.

Seine Frau Susanne hatte ohnehin all die Jahre den Laden am Laufen gehalten. Sie kümmerte sich um den Haushalt, betreute regelmäßig die drei Enkel, kochte immer wieder für die ganze Familie um Tochter Sophia und Sohn Max, die beide in der Nähe wohnen. Dabei arbeitet sie selbst in einer Apotheke.

"Ich musste mich einfach mehr in die Familie einbringen", sagt Heyland. Die Schwiegereltern starben überraschend in diesem Frühjahr. So war eine seiner ersten Aufgaben nach Ende der Amtszeit die Auflösung von deren Wohnung. "Das hätte ich ohne dich nicht geschafft", betont seine Frau, die nun an der Schaukel steht und den Enkel anschubst. Überhaupt sagt sie: "Ich freu' mich schon, dass Günter jetzt da ist."

Heyland gefällt die neu gewonnene Freiheit. "Jetzt kann ich mit meiner Frau auch einmal außerhalb der Ferien in den Urlaub fahren", sagt er. Mitte September haben sie das bereits getan, sie waren in Istrien. Auch spielt er nun wieder Tennis, beim TC Schwalbe in Ottobrunn. Mit seiner Mannschaft nahm er im Sommer an Punktspielen teil. "Das tut mir gut, ich habe früher immer Sport getrieben", sagt er. Und auch nicht mehr jedes Gericht, das auf den Tisch kommt, stammt von seiner Frau. "Ich probiere es wieder mit dem Kochen", sagt der ehemalige Bürgermeister.

Wenn seine Frau arbeitet, übernimmt er nun die Pflichten im Haushalt. Manchmal ergeben sich die Dinge auch einfach. Bei der überdachten Terrasse im Garten wächst Wein. "Ich habe die Trauben geerntet und Gelee daraus gemacht", erzählt er. Am Ende standen da 15 Gläser "Gunners Traubengelee mit Ingwer", einige hat er an Freunde verschenkt. Manches ist auch liegen geblieben in den zwölf Jahren. So stehen beim eigenen Haus, das im Jahr 1968 gebaut wurde, größere Renovierungen an. "Das nächste Projekt ist: Aus der Ölheizung wird eine Pelletsheizung", sagt Heyland.

Auf dem Tisch vor dem gemütlichen Gartenhäuschen stehen Buchteln, frisch gebacken von Heylands Frau, eine Kanne mit Kaffee. Heyland nimmt einen Schluck und erzählt, dass er die Gemeindepolitik schon verfolgt, gerade zum Thema Rathauserweiterung. "Man wird sehen, ob es nicht nur ein Streichkonzert wird." Während seiner Amtszeit hatte das Gremium viel zu dem Projekt diskutiert, am Ende blockierten Grüne und CSU den Fortgang aus Kostengründen. "Ich hoffe, dass sie möglichst bald etwas Vernünftiges in die Wege leiten", sagt er. Die Diskussionen um das Vorhaben waren auch ein Grund, warum Heylands Freude am Bürgermeisterposten immer mehr schwand. "Ich kam mit Entwicklungsprojekten nicht voran, das war schon auch frustrierend", sagt er.

Heyland beobachtet allerdings nicht nur, er ist in der Kommunalpolitik weiterhin aktiv - einerseits als Vorsitzender der Freien Wähler in Neubiberg, andererseits sitzt er im Kreistag und dort in drei Ausschüssen. "Jetzt diskutiert man mehr, aber man kann trotzdem mitwirken", sagt er. Von hundert auf null in der Politik, das ginge nicht, sagt er.

Nicht nur auf die Politik, auch aufs Rampenlicht verzichtet Heyland nicht ganz. Über einen Freund hat er das Theater als neue Bühne für sich entdeckt. Und so spielt er im Ensemble des Kleinen Münchner Theaters momentan in "Die Bierkur" einen von drei Bauern. Ein paar Aufführungen im Gasthof Gut Keferloh hat er schon gemeistert. "Das macht richtig Spaß", sagt er. "Der Applaus tut gut." Lampenfieber hat er nicht, wenn man zwölf Jahre Bürgermeister war, "geht einem das locker von der Hand", sagt er.

Am 7., 13. und 15. November hätte es weitere Vorstellungen gegeben, diese sind nun wegen der Corona-Pandemie abgesagt. Doch Heyland dürfte auch so ausgelastet sein. Seine Qualitäten als Opa stehen bei allen drei Enkeln hoch im Kurs. Gerade hat Julius ihm den großen Teddybären auf den Schoß gelegt, dann will er mit ihm spielen. Schon kommt er dem Wunsch des Zweijährigen nach und werkelt mit ihm und dessen kleiner Gießkanne herum. Was man als Opa eben so macht.

© SZ vom 05.11.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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