Sport:Nur die Fans sind konkurrenzfähig

Sport: Hoaschdenger Buam: Der Fanklub des SV Heimstetten geht mit den Fußballern durch dick und dünn - und nun in die Bayernliga.

Hoaschdenger Buam: Der Fanklub des SV Heimstetten geht mit den Fußballern durch dick und dünn - und nun in die Bayernliga.

(Foto: Sven Leifer/Imago)

Vier Jahre lang spielte der Breitensport-Verein SV Heimstetten ununterbrochen in der Regionalliga. Doch mit der zunehmenden Professionalisierung in der höchsten bayerischen Fußball-Amateurliga konnte er nicht mithalten - und steht nun vorzeitig als Absteiger fest.

Von Stefan Galler, Kirchheim

Als das Unvermeidliche feststand, blieben die ganz großen Emotionen aus: Von Heulkrämpfen gebeutelte Männer in Sporthosen gab es am Samstagnachmittag im Kickers-Stadion am Würzburger Dallenberg jedenfalls nicht zu sehen. Stattdessen versammelten sich die Fußballer des SV Heimstetten nach der 0:3-Niederlage beim Tabellenzweiten, bildeten einen Kreis und demonstrierten Geschlossenheit. Fünf Spieltage vor Saisonschluss ist klar, dass der Klub aus der Gemeinde Kirchheim nach vier Jahren die höchste Amateurklasse verlassen muss.

Absehbar war dieses Szenario schon seit dem vergangenen Herbst gewesen, als der Sportverein der Musik bereits gehörig hinterherhinkte. Es war ohnehin klar, dass die Regionalliga irgendwann zu groß werden würde für den reinen Amateurverein. Zumal zahlreiche Konkurrenten wie Spitzenreiter Spielvereinigung Unterhaching, Würzburg, Wacker Burghausen, Türkgücü München oder der FC Schweinfurt 05 über deutlich größere finanzielle Möglichkeiten verfügen und nicht nur die zweiten Mannschaften des FC Bayern, 1. FC Nürnberg, FC Augsburg und von Greuther Fürth unter absoluten Profibedingungen trainieren.

Im jüngsten Heimspiel vor einer guten Woche waren die Heimstettner dem TSV Aubstadt im eigenen Sportpark mit 1:4 unterlegen, für Trainer Christoph Schmitt, 37, ist es nicht überraschend, dass der Dorfverein aus Unterfranken fast doppelt so viele Punkte hat wie sein Münchner Vorortklub: "Die haben auch ein mehr als ein doppelt so hohes Budget wie wir. Und wir reden hier von Aubstadt", sagt der Coach, der trotz dieser aussichtslos erscheinenden Rahmenbedingungen mit dem Saisonverlauf hadert: "Wir haben in der Hinrunde deutlich zu wenig Punkte geholt, was aber auch mit unserem immensen Verletzungspech zusammenhing." Mehrere Schlüsselspieler fielen über Monate hinweg aus, prominentestes Beispiel ist Mittelfeldspieler Rico Strieder, der nach 141 Spielen in der höchsten niederländischen Liga für Utrecht und Zwolle vor der Saison nach Heimstetten wechselte und sich schon nach seiner allerersten Trainingswoche einer Knieoperation unterziehen musste. "Das waren Rückschläge, die keine Mannschaft verkraften kann", sagt Schmitt.

Sport: Der Trainer bleibt an Bord: Christoph Schmitt will mit seiner Mannschaft auch in der kommenden Saison attraktiven Fußball anbieten.

Der Trainer bleibt an Bord: Christoph Schmitt will mit seiner Mannschaft auch in der kommenden Saison attraktiven Fußball anbieten.

(Foto: Sven Leifer/Imago)

Auch wenn die bevorstehende Rückkehr in die Bayernliga also absehbar war, zeigt sich der Trainer doch ein wenig irritiert davon, dass dieser Abstieg im Verein einigermaßen emotionslos hingenommen wird. Das sei vor einem Jahr noch anders gewesen, als die Mannschaft mit einer "sagenhaften Rückrunde" (Schmitt) das Ruder noch herumgerissen hatte und die Klasse halten konnte. Immer motiviert ist allerdings der Fanklub "Hoaschdenger Buam", der den Verein auch auf alle Auswärtsreisen mit etwa 30 Mann begleitet und stets lautstark unterstützt. "Das ist einzigartig, so etwas hat kein anderer Klub unserer Größenordnung", sagt Michael Matejka, der beim Sportverein die Fußballsparte leitet.

Die Rahmenbedingungen sind nicht nur wegen des engagierten harten Kerns der Anhänger wie geschaffen für ein florierendes Vereinsleben: Der SV Heimstetten verfügt über eine herrliche Anlage mit dem gemütlichen Wirtshaus "Zum Kelten", das Abteilungsleiter Matejka führt. Und man leistet eine beeindruckende Jugendarbeit, die immer umfangreicher wird: Noch vor zehn Jahren hatte der Klub etwa ein Dutzend Nachwuchsmannschaften im Spielbetrieb, mittlerweile sind es 26, viele davon in den höchsten Ligen.

Das Trainerteam und wichtige Stützen der Mannschaft bleiben auch in der Bayernliga

Christoph Schmitt sieht seinen Klub zudem geografisch gut positioniert, am Stadtrand und im Einzugsgebiet der Profiklubs Bayern, 1860 und Unterhaching. Der ein oder andere Spieler, der es dort nicht schafft, könne sozusagen über den "zweiten Bildungsweg" via Heimstetten den Weg in den bezahlten Fußball angehen. Oder umgekehrt: "Ich war immer schon der Meinung, dass talentierte Kinder möglichst lange in ihrem gewohnten Umfeld kicken sollten", sagt der Trainer. "Es genügt, wenn sie im B-Jugend- oder frühestens C-Jugendalter, also mit 15, 16 Jahren, in ein Nachwuchsleistungszentrum wechseln." Bis dahin seien sie etwa beim SVH bestens aufgehoben.

Gut aufgehoben fühlt sich auch Schmitt trotz des Abstiegs. Er und sein Trainerteam mit Assistent Roman Langer und Athletik-Coach Memis Ünver werden dem Klub erhalten bleiben. Auch wichtige Stützen der Mannschaft wie Kapitän und Torjäger Lukas Riglewski, Torwart Maximilian Riedmüller und der allerdings verletzungsanfällige Routinier Daniel Steimel gehen den Weg in die Bayernliga mit. "Wir werden eine ordentliche Mannschaft haben und weiterhin attraktiven Fußball anbieten", sagt Schmitt. Man wolle zudem rigoros weiter auf den eigenen Nachwuchs setzen, anders sei der Spielbetrieb auch in der fünften Liga nicht finanzierbar, wie Abteilungsleiter Matejka betont: "Wir haben immer am Limit gelebt und kämpfen stets um unseren Etat."

Günstiger wird es jedenfalls eine Liga tiefer nicht unbedingt. Man habe zwar geringere Verbandsabgaben und Reisekosten, dazu mehr Lokalderbys, etwa gegen die Nachbarn Garching und Ismaning - aber eben auch weniger attraktive überregionale Gegner, die mehr Zuschauer anlocken. Und so wäre es laut dem Spartenchef auch vermessen, mit dem sofortigen Wiederaufstieg zu rechnen: "Platz eins bis zehn ist realistisch. Und wenn es sich ergibt, dass wir mal wieder hinschnuppern an die Regionalliga, dann nehmen wir das gerne mit."

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