Streit um Gewerbegebiet Keferloh:Schwarzbau spielt Haar in die Karten

Im Streit um das geplante Gewerbegebiet in Keferloh könnte das dortige Tenniscenter eine entscheidende Rolle spielen - ein Schwarzbau und laut Planungsverband ein Grund, warum es sich um keine Rodungsinsel mehr handelt.

Die einst weltgrößte Tennisanlage in dem kleinen Weiler Keferloh könnte in einem brisanten Nachbarschaftsstreit zum Zünglein an der Waage werden. Grasbrunn möchte gegen den Widerstand der Haarer Nachbarn in dem Ortsteil ein Gewerbegebiet schaffen. Der Regionale Planungsverband hat sich schon positiv dazu geäußert. Dessen Geschäftsführer Christian Breu räumt zudem einem Antrag der Gemeinde Haar wenig Chancen ein, Keferloh als schützenswerte Rodungsinsel im Regionalplan zu deklarieren. Dennoch: Die Haarer halten sich rechtliche Schritte offen. Ein Hebel könnte die unter fragwürdigen Umständen errichtete Tennisanlage sein. Haar spricht von Schwarzbauten.

Haar und auch Putzbrunn fürchten wegen der Lage des Gewerbegebiets an der ohnehin belasteten B 471 vor allem zusätzlichen Verkehr. Haar bangt zudem um Erholungsräume und Frischluftschneisen. Keferloh sei ein "Schmuckstück", das nicht verschandelt werden dürfe, warnt Bürgermeisterin Gabriele Müller (SPD). Viele Haarer nutzten die Gegend als Naherholungsgebiet.

Christian Breu, der Geschäftsführer des Planungsverbands, sagt aber zum Haarer Vorstoß zu Keferloh, dass eine Rodungsinsel durch einen geschlossenen, diese umgreifenden Ring aus Wäldern gekennzeichnet sei. Haar selbst sei aber mit seiner Bebauung so weit an Keferloh herangerückt, dass dies nicht mehr gegeben sei. Aus Breus Sicht sprechen auch die Hallen und Plätze des Tenniscenters Gallenberger in Keferloh gegen eine Rodungsinsel.

Streit um Gewerbegebiet Keferloh: Bis heute ein Schwarzbau: das Tenniscenter Gallenberger in Keferloh. Mit ihren 70 Plätzen galt sie mal als weltgrößte Tennisanlage. Boris Becker und Steffi Graf trainierten hier. Jetzt könnte sich an der Anlage entscheiden, ob das geplante Gewerbegebiet in dem Weiler möglich ist.

Bis heute ein Schwarzbau: das Tenniscenter Gallenberger in Keferloh. Mit ihren 70 Plätzen galt sie mal als weltgrößte Tennisanlage. Boris Becker und Steffi Graf trainierten hier. Jetzt könnte sich an der Anlage entscheiden, ob das geplante Gewerbegebiet in dem Weiler möglich ist.

(Foto: Claus Schunk)

Vor allem letzteres will jemand wie der Haarer SPD-Gemeinderat Horst Wiedemann nicht als Argument gelten lassen. "Wegen eines Schwarzbaus hat Keferloh nun seine Schutzrechte verloren", empört sich Wiedemann. Das könne nicht sein. Schließlich handle es sich um einen historisch "ganz wichtigen Ort" und nicht um irgendeine Ansammlung von Häusern.

Die Tennisanlage war nur vorläufig genehmigt

Tatsächlich zeigt ein Blick in die Archive, dass die Tennisanlage, die in den Achtziger- und Neunzigerjahren alleine schon wegen ihrer Größe überregionale Aufmerksamkeit bekam, einst praktisch ohne Baugenehmigung geschaffen wurde. Die Plätze und Hallen entstanden von 1969 an, wie das Kreisbauamt bestätigt, auf dem zugeschütteten Areal einer ehemaligen Kiesgrube nach und nach als "fliegende Bauten". Als solche hätten sie nur vorübergehend dort stehen dürfen. Sie blieben stehen, weil der Grasbrunner Gemeinderat damals signalisierte, die notwendigen Voraussetzungen für den Bestand der Tennisanlage zu schaffen. Laut Kreisbauamt änderte Grasbrunn noch vor 1978 den Flächennutzungsplan und stellte das Areal in den Plänen als Fläche für Tennis- und Squashcenter dar. Den eigentlich fälligen zweiten Schritt aber ging die Gemeinde nicht: Bis heute fehlt ein Bebauungsplan, wie es aus dem Landratsamt heißt. Auch Grasbrunn bestätigt das so. Das Kreisbauamt duldet die Hallen aber bis heute - wegen der Planungsabsicht der Gemeinde.

Für Planungsverband-Geschäftsführer Breu ändert das nichts an seinem Urteil. "Es kommt nicht auf die rechtliche Qualifizierung der Bebauung an." Entscheidend für die Beurteilung sei der Fakt, dass das Areal in Keferloh und von Haarer Seite her bebaut sei. "Wir schützen keine Rodungs-Halbinseln, sondern nur Rodungsinseln", sagt Breu.

Ähnlich sieht das Grasbrunns Bürgermeister Klaus Korneder (SPD), der das mit etwa vier Hektar Fläche verhältnismäßig kleine Gewerbegebiet in Keferloh richtig platziert sieht. Der Standort liege direkt an einer Bundesstraße und in unmittelbarer Nähe zur Autobahn. Außerdem verkehre der Bus alle 20 Minuten. Damit sei der Weiler für ein Gewerbegebiet "geradezu prädestiniert".

Grasbrunn will auf die Haarer Belange eingehen

Noch im August soll sich der Bauausschuss in einer Sondersitzung nach einer ersten Auslegung der Pläne mit den Einwendungen auch der Nachbargemeinde Haar befassen. Korneder sagt zu, auf die Haarer Belange eingehen zu wollen. Man werde das Gewerbegebiet südlich der B 471 gut eingrünen. Es werde landschaftlich eher ein Gewinn sein. Zum aktuell angespannten nachbarschaftlichen Verhältnis sagt er: "Frau Müller vertritt die Interessen ihrer Gemeinde, ich die von Grasbrunn." Es sei normal, dass jeder versuche, "das Beste für seine Gemeinde zu erreichen". "Das Parteibuch spielt dabei keine Rolle", so Korneder über seine Amtskollegin und Parteifreundin.

Streit um Gewerbegebiet Keferloh: Südöstlich der Bundesstraße B471, auf der Wiese zwischen Keferloh und dem Waldrand, soll das vier Hektar große Gewerbegebiet entstehen.

Südöstlich der Bundesstraße B471, auf der Wiese zwischen Keferloh und dem Waldrand, soll das vier Hektar große Gewerbegebiet entstehen.

(Foto: Google Earth)

Der Gemeinde Haar freilich geht es bei dem Ganzen aber durchaus um Grundsätzliches. Sie führt städtebauliche Gründe an und warnt vor Zersiedelung. Gemeinderat Wiedemann, der sich seit Jahren für einen Sonderstatus des Weilers Keferloh stark macht, erinnert daran, dass die aus dem 12. Jahrhundert stammende romanische Kirche St. Aegidius dort zu den herausragenden Kirchenbauten im Landkreis zählt. Wiedemann verweist auf den Wortstamm "Loh", der für eine im Wald gelegene Ansiedlung stehe. Für ihn steht fest: "Ein Gewerbegebiet passt da überhaupt nicht hin."

Während Bürgermeisterin Müller noch auf Gespräche setzt, fordert die Haarer CSU, gegenüber Grasbrunn alle Register zu ziehen - einschließlich juristischer Schritte. Die schließt in letzter Konsequenz auch Müller nicht aus, die aber eigentlich eine ganz andere Lösung bevorzugt. Sie will eine Autobahnparallele zur Entlastung der B 471. Und die bekommt sie nur mit Grasbrunn - und nicht gegen.

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