Eine ohrenbetäubende Explosion, eine 20 Meter hohe Stichflamme - die Personenschützer im Auto hinter dem Firmenwagen von Karl Heinz Beckurts, 56, mussten am Morgen des 9. Juli 1986 um 7.32 Uhr hilflos mit ansehen, wie nach nur 800 Metern Fahrt kurz hinter dem Ortsausgang von Straßlach eine Bombe zielgenau explodierte, der Druck den blaugrauen BMW von Beckurts quer über die Straße schleuderte und die beiden Insassen, den Siemens-Manager und seinen Chauffeur Eckhard Groppler, 42, auf der Stelle tötete. Die Täter sind bis heute nicht gefasst. Zu dem Anschlag bekannt hat sich seinerzeit die Rote Armee Fraktion (RAF).

35 Jahre und sieben Stunden später versammelt sich eine kleine Gruppe von Menschen an der Gedenkstätte am Ortsausgang von Straßlach, wo auf einem schlichten graubraunen Stein steht: "Den Opfern des Terrors Karl Heinz Beckurts Eckhard Groppler." Der CSU-Bundestagabgeordnete der Florian Hahn und der Ortsverband der CSU Straßlach-Dingharting haben dazu aufgerufen. Zwei Kränze, die bereits da liegen, zeugen von weiteren Menschen, die die Opfer nicht vergessen haben. Ein Kranz aus weißen Blumen trägt eine Schleife mit goldener Schrift von der Siemens AG und der Beckurts-Stiftung. Wie einige der Anwesenden wissen, waren bereits am Morgen der Siemens-Vorstandsvorsitzende Roland Busch und der Vorsitzende der Karl-Heinz-Beckurts-Stiftung, Professor Christian Stegmann, an der Gedenkstätte, vielleicht auch Angehörige. Ein weiterer Kranz mit weißen und gelben Rosen und orangefarbenen Gerbera wurde "in stillem Gedenken" von der Gemeinde niedergelegt.
Florian Hahn ist zum ersten Mal an dieser Gedenkstätte. "Ich wusste gar nicht, dass sie existiert", gibt er zu. "Man fährt hier ja sonst so oft vorbei, auf dem Weg zur CSU Straßlach, zum Deininger Weiher oder zum Roiderer", sagt er. Künftig werde er auf dieser Fahrt immer an diesen furchtbaren Mord denken. "Beckurts und Groppler waren Opfer von Linksextremen, die bis heute kein persönliches Bekenntnis abgelegt haben." Sie hätten "viel Leid über eine Familie gebracht", aber ihre politischen Ziele mit dieser Tat nicht erreicht. "Es war immer sinnlos", sagt Hahn auch in Bezug auf die anderen Attentate der RAF, aber auch im Hinblick auf sonstige Terroristen, "etwa erst kürzlich den bekennenden Dschihadisten in Würzburg" - was nicht bewiesen ist. Die Aufgabe des Staates sei, jeden Terrorismus zu verhindern. "Die Diskussion, ob linksextrem oder rechtsextrem, hat gar keinen Wert." Hahn legte einen Kranz nieder, auf dessen Schleife "Unvergessen" stand.
Einige Anwesende erinnerten sich am Freitag an den Tag vor 35 Jahren. Die Grünwalderin Inge Koch war gekommen, weil sie einst mit dem Neffen von Karl Heinz Beckurts in Windhuk zur Schule gegangen war und weil sie sich immer noch betroffen fühle. "Die ganze Familie ist eine besondere. Ich frage mich, warum die Terroristen diese ausgesucht haben."

Horst Schilling, heute Straßlacher und CSU-Mitglied, hörte die Detonation, obwohl er seinerzeit noch in Harlaching wohnte. "Ich war gerade auf dem Balkon", sagt er. "Dann kamen eine Menge Einsatzfahrzeuge und ich wusste, dass etwas Ungewöhnliches passiert war." Was, das erfuhr der Siemens-Mitarbeiter wenig später im Büro. Auch Kurt Berger, ebenfalls Mitglied des CSU-Ortsverbands, hat Erinnerungen an den Tag. "Meine Eltern hatten einen Lebensmittelladen. Um halb acht haben sie aufgesperrt und ich war gerade bei ihnen." Er sei dann wenig später zur Arbeit nach München gefahren und an dem Autowrack und einer Rauchsäule vorbei gekommen. "Ich dachte, es wäre ein Autounfall", erklärt er. Zwei bis drei Wochen habe danach das Bundeskriminalamt in Straßlach ermittelt, die Beamten hätten ihren Stützpunkt im Feuerwehrgebäude aufgeschlagen. Alle Bewohner des Ortes wurden befragt, jedes Auto, das durch Straßlach fuhr, wurde geblitzt, so Berger. Die Täter, die sich wohl zum Auskundschaften der Gewohnheiten von Beckurts nahe seinem Haus in einem Postzelt als Arbeiter getarnt hatten, konnten trotz aller Ermittlungen bis heute nicht gefunden werden.