Straßlach-Dingharting:Strenger Sozialpädagoge gesucht

Die Gemeinderäte des kleinen Ortes ringen sich zur Schaffung einer Stelle für die Schule durch

Von Iris Hilberth, Straßlach-Dingharting

Die Georg-Preller-Grundschule in Straßlach bekommt jetzt einen Sozialpädagogen. Das ist in sofern eine Nachricht, als man bislang in der kleinen Gemeinde Straßlach-Dingharting davon überzeugt war: Eine solche Hilfe brauchen wir hier nicht, bei uns auf dem Land ist die Welt noch in Ordnung. Dass das aber nicht mehr so ist, musste der Gemeinderat bei seiner Sitzung am Mittwoch von Schulleiterin Karin Richter erfahren. Die Rektorin selbst hatte lange geglaubt, ohne Unterstützung zurecht zu kommen, schlug nun aber in dem Gremium Alarm.

Richter berichtete von sehr viel mehr verhaltensauffälligen Kindern als noch vor einigen Jahren, von "extremen Wutausbrüchen" in der Aula und Sätzen wie "Ich bring dich um!". Sie kennt die nicht mehr seltenen Versagensängste von Dritt- und Viertklässlern und erzählte von Briefchen mit Ankündigungen wie: "Wenn ich noch mal eine Vier schreibe, bring ich mich um." Für den Moment, sagt sie, könne sie die Situation beruhigen. Die Jugendsozialhilfe allerdings habe ganz andere Möglichkeiten, dem Kind zu helfen, auch präventiv. Zudem gebe es immer mehr Kinder in der ersten Klasse, die einen Förderbedarf hätten. Kinder, die früher auf eine Förderschule gegangen wären, die man heute aber in die Regelklassen eingliedern müsse, die dort ständig überfordert seien und teilweise Verhaltsauffälligkeiten zeigten.

Früher habe das Elternhaus viel Erziehungsarbeit geleistet, das sei heutzutage nicht mehr der Fall. "Nach den großen Sommerferien müssen wir immer sehr viel Disziplin, Respekt und Höflichkeit lehren", sagte Richter. Die Schule würde sich daher die Zusammenarbeit mit den Kreisjugendring wünschen, eine halbe Kraft würde erst einmal reichen. Die Hälfte übernimmt der Landkreis, die Gemeinde kostet der Sozialpädagoge daher etwa 20 000 Euro im Jahr.

Das Entsetzen im Gemeinderat über den Bericht der Schulleiterin war groß, die Skepsis, ob eine solche Fachkraft helfen würde, bei einigen ebenfalls. "Ich war immer stolz auf unsere Gemeinde, dass wir keinen Sozialpädagogen brauchen", sagte Bürgermeister Hans Sienerth (parteifrei). Er sei der Ansicht gewesen, man habe im Ort eine "normale Elternstruktur". Er sei bei dem Thema etwas zwiegespalten, gab er zu, vor allem ärgere es ihn, dass heute erwartet werde, dass alles übernommen und gezahlt werde. Er sehe das Problem nicht nur in Familien, in denen beide Elternteile aus finanzieller Not arbeiten müssten, sondern auch eine Art "Wohlstandsverwahrlosung". Letztlich findet er aber, dass die Gemeinde diesen Weg gehen soll. "Wehret den Anfängen", meinte Sienerth.

Lieselotte Gießler (Bürgerbewegung, BB) sprach sich für das Engagement aus und betonte: "Wir müssen den Kindern helfen, es ist schlimm für jedes verlorene Kind." Andere im Gemeinderat sehen sich nicht zuständig, Versäumnisse des Elternhauses auszugleichen. "Wir können nicht die ganze Welt retten", sagte Peter Schneider (Unabhängige Wählervereinigung). Albert Geiger (Bayernpartei) mahnte den Schutz der "anständigen Kinder" an und regte an, die verhaltensauffälligen Schüler in eine "Erziehungsanstalt einzuweisen". Schulleiterin Richter gab zu bedenken, sie könne die Eltern nicht zu einer Therapie zwingen. "Die meisten finden, dass das nicht notwendig ist", sagte sie. Neun von 14 Gemeinderäten und der Bürgermeister sprachen sich schließlich dafür aus, es mit dem Sozialpädagogen zu versuchen. Florian Zweckinger (CSU) wünschte sich allerdings, der solle "eine konservative Linie fahren und nicht alles weichspülen". Wenn ein Kind über die Stränge schlage, müsse Strenge sein. "Die müssen nicht Namen tanzen können, sondern wissen, wo Grenzen sind."

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