Die Gemeinde Straßlach-Dingharting hat jetzt ein Schwimmbad. Ganz ohne Bebauungsplan, ohne lange Planungszeiten, aufgestellt von heute auf morgen. „Wundine“ heißt das Wunderding, das seit dieser Woche am Rand des Gewerbegebiets gegenüber dem Medi-Center steht. 13,50 Meter lang, 2,50 Meter breit, voll ausgestattet mit Duschen, Umkleiden und einem Becken. Ein Schwimmbad auf Rädern. Die mobile Kinder-Schwimmschule aus Baden-Württemberg macht zum ersten Mal Station in Bayern. Eine Idee, für die sich Straßlachs Bürgermeister Hans Sienerth (parteifrei) schnell begeistern ließ. „Wir sind eine Gemeinde mit Wasserreichtum“, sagte er am Freitag bei der Eröffnung der Wundine und verwies auf Deininger Weiher und Isar.
Zwei Wochen lang werden im mobilen Mini-Bad insgesamt 40 Kinder aus Straßlach-Dingharting und Umgebung in kleinen Gruppen mit ausgebildeten Schwimmlehrern die Grundfertigkeiten des Schwimmens erlernen und bestenfalls Freude und Begeisterung für das Element Wasser entwickeln. Am Ende können sie vielleicht schon die sechs Meter lange Bahn durchschwimmen, ohne mit den Füßen den 1,10 Meter tiefen Boden zu berühren. Dann sind sie bereit für das große Schwimmbad und vielleicht sogar bald für die Seepferdchen-Prüfung. 3000 Kinder an 18 Standorten im Nachbar-Bundesland haben in den vergangenen drei Jahren bewiesen, dass Schwimmenlernen funktioniert, wenn das Bad zu den Kindern kommt.
Hinter dieser Aktion steckt die Josef-Wund-Stiftung aus Stuttgart, die aktuell vier Schwimm-Mobile im Einsatz hat. Der 2017 bei einem Flugzeugabsturz im Alter von 79 Jahren verstorbene Architekt und Unternehmer Wund wurde vor allem durch den Bau von Bädern bekannt, auch die Therme Erding hat er errichtet. Vor zehn Jahren gründete er die Stiftung, die sich dem Schutz der Ressource Wasser, aber auch die Vermittlung von Bildungsinhalten „rund um das Lebenselixier Nummer eins“, zur Aufgabe gemacht hat. Dazu gehört auch das Schwimmenlernen. Denn wie die DLRG vor drei Jahren festgestellt hat: Fast 60 Prozent der Kinder können nach der Grundschule nicht sicher schwimmen. Gleichzeitig schließen öffentliche Bäder, und es wird immer schwieriger, einen Platz in einem Schwimmkurs zu bekommen.
Die Stiftung hat das 15 Tonne schwere und eine halbe Million Euro teure Schwimmmobil „Wundine on Wheels“ selbst konzipiert. Es ist gerade so groß, dass es mit einer Lkw-Zugmaschine auf der Straße transportiert werden kann. Am Standort müssen die Gemeinden einen Platz zur Verfügung stellen sowie Reinigung, Hausmeisterdienste, Wasser, Abwasser und Strom übernehmen. Alles andere zahlt die Stiftung, auch die Lehrkräfte werden finanziert. Der Kurs im Schwimm-Mobil ist für die vier- bis achtjährigen Kinder kostenlos. „So wollen wir auch Bevölkerungsgruppen erreichen, für die Kosten eine Hürde sind“, sagte Stiftung-Geschäftsführer Christoph Palm.
Am Montag starten die ersten Kurse in diesem blauen Containerschwimmbad mit dem lustigen Otter Josy als Maskottchen, unter der Leitung von Nadine Nortmann. Sie betreibt in Grünwald seit diesem Jahr die Caretta-Schwimmakademie. „Schwimmen ist eine Überlebensfähigkeit“, sagt sie. In dem Schwimm-Mobil sieht sie vor allem die Möglichkeit für die Kleinen, ganz ohne Ablenkung Mut zu fassen, Ängste zu überwinden, Selbstvertrauen aufzubauen und ein Gefühl für das Element Wasser zu entwickeln. An ihrer Schwimmschule können die Kinder anschließend die erlernten Fertigkeiten verbessern und außer im Schwimmbecken auch das Schwimmen in natürlichen Gewässern, etwa im Deininger Weiher oder im Starnberger See, trainieren.
Stiftung-Geschäftsführer Palm sieht die mobilen Becken nicht als Ersatz für die öffentlichen Schwimmbäder, sondern als Ergänzung. Denn noch gibt es auch viel zu wenige dieser Pools auf Rädern. „Wir sind Pioniere“, sagt er. Allerdings sei die Deutsche Gesellschaft für Bäderwesen gerade dabei, für diese Art von Schwimmbad eine exakte DIN-Norm zu entwickeln. Im Koalitionsvertrag der Bunderegierung steht zudem: „Wir wollen die Schwimmfähigkeit der Menschen in unserem Land verbessern. Deshalb werden wir neben Sporthallen vor allem Schwimmbäder – einschließlich mobiler Schwimmcontainer – fördern.“ So hoffen Palm und seine Mitstreiter in der Stiftung, dass bald mehr Wundines im Land unterwegs sind, um das Wasser zu den Kindern zu bringen.
