Straßlach-Dingharting:Nach der Wiesn ist vor der Wiesn

Straßlach-Dingharting: Angelika Rocco (stehend) leitete das Wiesnbüro schon, als Toni Roiderer 1989 zum ersten Mal sein Zelt auf dem Oktoberfest aufstellen durfte.

Angelika Rocco (stehend) leitete das Wiesnbüro schon, als Toni Roiderer 1989 zum ersten Mal sein Zelt auf dem Oktoberfest aufstellen durfte.

(Foto: Claus Schunk)

Angelika Rocco arbeitet seit 28 Jahren im Büro von Wirteurgestein Toni Roiderer in Straßlach. Dort hat das Oktoberfest längst begonnen.

Von Claudia Wessel, Straßlach-Dingharting

Der Plan ist so groß wie der Tisch. Aber Tischplan heißt er, weil darauf viele Tische eingezeichnet sind. Genau genommen alle, die man im Hackerzelt auf der Wiesn findet. In die kleinen Vierecke hat Angelika Rocco mit Bleistift Namen hineingeschrieben, einige hat sie dann mit schwarzem Filzstift nachgezogen. Zum Beispiel Siemens 20 P., oder Linde 50 P., das P steht für Personen. An einem Montag ist sogar eine große Tischgruppe mit pinkfarbenem Filzstift markiert, darin steht Avon 1050 P. Und diese große Anzahl war wohl eine Ausnahme, die spezielle Kennzeichnung verdiente.

Dirndl besitzt Angelika Rocco mehr, als die Wiesn Tage hat

Der Plan stammt aus dem Jahr 1990 und ist ein regelrechtes Buch mit 16 Seiten. Für jeden Wiesntag des Jahres gab es damals eine Seite mit Tischen und Reservierungen. Waren die Namen mit schwarzem Filzstift nachgezogen, hieß das, dass die Gäste bezahlt hatten. Alle Eintragungen auf diesem und allen anderen noch existierenden Tischplänen sind in Angelika Roccos Handschrift verfasst. "Ich war ja damals allein", erinnert sich Rocco, die den Job in Toni Roiderers Wiesnbüro in Straßlach und in seinem Hackerzelt seit 1989 macht, also seit der Gastwirt sein Wiesnzelt bekam.

Angelika Rocco ist immer noch dabei, obwohl sie seit der Geburt ihres ersten Kindes 2001 weniger arbeitet. Langweilig ist ihr jedenfalls nie geworden. Weder bei der Arbeit im Wiesnbüro, noch überhaupt bei ihrem Chef Toni Roiderer. Denn in seinem Gasthof zum Wildpark in Straßlach hat sie bereits Köchin gelernt und in der Geschäftsleitung gearbeitet, bis sie das Wiesnbüro übernahm. Die schönen, leicht verblassten Tischpläne aber sind inzwischen nur noch eine Erinnerung an vergangene Zeiten, ebenso wie der allererste Wiesnkrug mit abgebrochenem Henkel, der auf dem Schrank in der Reihe aller folgenden Krüge steht, und die zahlreichen Wiesnherzen mit netten Aufschriften für die Damen im Büro. Sie sind inzwischen zu mehreren, alleine würde Rocco es nicht mehr schaffen, obwohl inzwischen längst Computerprogramme die Formalitäten übernehmen und die auf dem PC grafisch dargestellten Tischpläne ausfüllen.

Heute lassen sich Tische online reservieren

Das heißt natürlich nicht, dass kein Mensch sich mehr darum kümmern müsste. Zwar kann man inzwischen online reservieren, ausschließlich für die Mittagswiesn, denn wer einmal am Abend einen Tisch hat, gibt ihn nicht mehr her. Wenn diese Leute, etwa 4000, im Februar per E-Mail gefragt werden, ob sie ihren Tisch auch in diesem Jahr wieder haben wollen, sagen alle ja.

Jedenfalls fast alle, seufzt Angelika Rocco. Denn natürlich gibt es doch immer welche, die Nachfragen haben. Kann man nicht doch den Termin ändern, die Personenzahl, den Ort der Tische, den Tag oder, oder. Täglich kommen rund 300 E-Mails bei Rocco und ihren Kolleginnen an in der Zeit, in der die neue Wiesn geplant wird. Fast immer müssen sie Nein sagen, es würde einfach zu kompliziert und ohnehin fände man keinen Tauschpartner. "Das tut mir leid für die Kunden", sagt Rocco, die alle Stammgäste natürlich nach so langer Zeit längst mit Namen und sehr viele auch persönlich kennt. Aber Hoffnungen kann sie niemandem machen. Wer überhaupt noch etwas reservieren möchte im Moment, muss sich für die Mittagswiesn entscheiden. Doch auch die wird bald ausgebucht sein.

Am 1. Juli beginnt der Vorverkauf der Gutscheine

Wenn die Reservierungen abgearbeitet sind, kümmern sich Rocco und ihre Kolleginnen ums Personal. Die meisten Mitarbeiter wollen ihren Job auch in diesem Jahr wieder machen, doch sie brauchen neue Verträge, in manchen Teams kommt ein Neuer dazu - viele Formalitäten. Ende Juni geht es dann wieder mit den Kunden weiter, sie erhalten ihre Preisinformation, wenn der Bierpreis feststeht. Am 1. Juli beginnt der Vorverkauf der Gutscheine. Wer bezahlt hat, bekommt sie zugesandt - ein unglaublicher Aufwand ist es allein, die Zahlungseingänge zu kontrollieren. Vieles kann dies komplizieren, etwa wenn eine andere Person als der Besteller die Überweisung erledigt, dann muss man diese erst zuordnen.

Im Wiesnbüro in Straßlach wird es jedenfalls keine Sekunde langweilig, auch wenn das Oktoberfest selbst noch in weiter Ferne liegt. Ihre Dirndl - "mehr als die Wiesn Tage hat" - lässt Rocco aber im Moment noch im Schrank. Am Schreibtisch sitzt sie in Jeans und Bluse. Trotzdem ist sie das ganze Jahr über in Wiesnstimmung, und sie liebt es seit 28 Jahren.

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