Kommunalwahl in Garching:Kampf um das Fell des Bären

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Dietmar Gruchmann (rechts) will Bürgermeister bleiben, Jürgen Ascherl macht ihm das Amt streitig. (Foto: Sebastian Gabriel)

In Garching konkurrieren bei der Stichwahl die Bewerber um die besonders vielen Stimmen der vier ausgeschiedenen Kandidaten. Amtsinhaber Dietmar Gruchmann von der SPD will mit Erfahrung punkten. CSU-Herausforderer Jürgen Ascherl setzt auf Durchsetzungskraft.

Von Gudrun Passarge, Garching

Es ist seltsam ruhig überall in den Städten und Gemeinden. Was die Menschen zuallererst interessiert, ist die Coronakrise. Wahlkämpfe finden deswegen kaum mehr statt, auch wenn am Sonntag noch etliche Entscheidungen anstehen. In Garching haben die Bürger die Wahl zwischen Amtsinhaber Dietmar Gruchmann (SPD) und Jürgen Ascherl (CSU). Der amtierende Bürgermeister hat im ersten Wahlgang mit 41 Prozent einen deutlichen Vorsprung erreicht, Ascherl bekam 28,1 Prozent der Stimmen, doch angesichts von vier ausgeschiedenen Bewerbern gibt es noch viele Stimmen zu verteilen.

Dabei war stets die Frage, worin sich die Kandidaten unterscheiden. Auch eine Podiumsdiskussion brachte da wenig Entscheidungshilfe für die Garchinger. Der Bürgermeister setzt auf Bewährtes. Bei ihm wüssten die Bürger, woran sie sind, sagte er in der Diskussion. Und jetzt, da ein Virus alles gesellschaftliche Leben auf den Kopf stellt, betont er: "Ich denke, gerade jetzt - in Zeiten der Coronakrise - bin ich durch mein angesammeltes Wissen, meine Vernetzung und die politische Erfahrung ein Garant für Kontinuität und Stabilität, die Garching gerade jetzt so dringend braucht." Doch auch sein Herausforderer Ascherl sagt von sich, er sei "bestens geeignet" als Krisenmanager, wie jeder höhere Polizeibeamte, der sich in Einsatzleitung und Krisenkoordination auskenne.

Inhaltlich gibt es kleine Unterschiede

Es bleibt dennoch die Frage, was wäre anders mit einem Bürgermeister Ascherl? Inhaltlich gibt es sicherlich Nuancen, doch die großen Fragen, wie etwa Pläne für Schulneubauten oder das Baugebiet Kommunikationszone sind schon einvernehmlich auf den Weg gebracht. Nur beim Wachstum findet Ascherl, eine Begrenzung auf ein Prozent pro Jahr sei eine Überlegung wert. Hochhäuser mit acht oder neun Stockwerken seien in Garching nicht erwünscht, das habe eine CSU-Befragung bei den Haushalten ergeben. Doch momentan gibt es überhaupt keine solchen Pläne.

Ein Anruf bei Jürgen Ascherl soll bei der Klärung helfen. "Der große Unterschied ist tatsächlich die Bürgerbeteiligung", sagt der CSU-Bewerber. Er wolle die Bürger bei größeren Projekten mitnehmen, auch wenn ihm bewusst sei, dass es nicht immer leicht sei, die Menschen zu mobilisieren. Der CSU-Fraktionschef im Stadtrat outet sich als "totaler Fan der direkten Demokratie" wie in der Schweiz, ein bisschen mehr davon würde er gerne in die Garchinger Lokalpolitik reinbringen. Vielleicht müsste die Verwaltung auf die Menschen zugehen, oder die Bürger könnten online oder mit Fragebögen ihr Votum abgeben.

Und dann ist da noch der Umgang mit der Verwaltung. Ascherl sagt, der politische Wille müsse deutlich mehr umgesetzt werden. "Der Bürgermeister stellt sich gerne hinter die Verwaltung", wogegen Ascherl von sich sagt, "wenn ich eine Vorstellung von irgendetwas habe, dann setze ich das auch um". Punkt. Beispiel Lkw-Durchfahrverbot auf der Münchener Straße. Das wollen alle Parteien im Stadtrat, aber es scheitert daran, dass die Stadt das nicht bestimmen kann, weil es sich um eine Staatsstraße handelt, weshalb Gruchmann und die Verwaltung einem CSU-Antrag keine Chancen einräumten. "Dann muss sie als Ortsstraße herabgestuft werden", fordert Ascherl, oder man müsse eben über eine Umgehungsstraße reden.

Empfehlungen von anderen Parteien gibt es nicht

Diesen Ball nimmt Gruchmann gerne auf. "Ich bin ein Team-Player. Ich will nicht auf den Tisch hauen, ich will, dass Argumente überzeugen." Das gelte auch für seine Verwaltung. Manchmal wünschte er sogar, diese würde mehr selbst entscheiden, was sie wohl unter seiner Vorgängerin Hannelore Gabor verlernt habe. Zum Lkw-Verbot sagt der Bürgermeister, er setze hier auf die Umgehung von Dietersheim. Wenn diese dann direkt mit der Autobahnausfahrt Garching-Nord verbunden werde, könne die Staatsstraße herabgestuft werden, "dann werden wir die Straße geschenkt bekommen", so seine Vorhersage. Und was etwa die Anregung Ascherls angeht, alte Bebauungspläne zu ändern, um eine sinnvolle Nachverdichtung zu erleichtern, sagt Gruchmann, "das ist ein Riesenverwaltungsaufwand", zudem mit Kosten verbunden und mit mehr Personal. Grundsätzlich aber betont er, "Nachverdichtungen stimmen wir immer zu", wenn auch die Nachbarn einverstanden seien.

Bürgermeister Gruchmann geht als Amtsinhaber sicherlich als Favorit in die Stichwahl, Empfehlungen von anderen Parteien gibt es allerdings nicht, für keinen der beiden Bewerber. Auch die Grünen schreiben auf ihrer Homepage, sie blieben neutral. Wichtig ist, dass beide Bewerber auch künftig auf gute Zusammenarbeit im Stadtrat setzen, oder wie Ascherl sagt, "ich könnte mir auch gut vorstellen, dass CSU und SPD nach dieser Wahl gedeihlich zusammenarbeiten können". In welcher Konstellation auch immer.

© SZ vom 27.03.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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