Kommunalwahl in Haar:Im Schockzustand

Kommunalwahl in Haar: Haars Bürgermeisterin Gabriele Müller hat bei der zügigen Eröffnung der Corona-Teststation in der Tiefgarage des Poststadels Führungsstärke bewiesen. Doch das alleine hat nicht gereicht - die Niederlage bringt manchen in der SPD ins Grübeln, was da schiefgelaufen ist.

Haars Bürgermeisterin Gabriele Müller hat bei der zügigen Eröffnung der Corona-Teststation in der Tiefgarage des Poststadels Führungsstärke bewiesen. Doch das alleine hat nicht gereicht - die Niederlage bringt manchen in der SPD ins Grübeln, was da schiefgelaufen ist.

(Foto: Claus Schunk)

In Haar fragen sich viele Sozialdemokraten, wie es passieren konnte, dass die rote Mustergemeinde an die CSU verloren wurde. Die Partei sei am Ort ausgezehrt, heißt es. Gabriele Müllers Amtsführung gerät in den Blick und ihr mitunter harsches Auftreten.

Von Bernhard Lohr, Haar

Die Haarer SPD steht einen Tag nach dem Verlust des Jahrzehnte von einem roten Bürgermeister geführten Rathauses unter Schock. In ersten Analysen der Niederlage von Bürgermeisterin Gabriele Müller gegen ihren Kontrahenten Andreas Bukowski von der CSU mischt sich Bitternis. Müllers Vorgänger Helmut Dworzak, der Haar bei der Ortsgestaltung, im Sozialen, Kulturellen und in der Umweltpolitik prägte, sagte am Montag: "Der Herr Bukowski kann eine gut bestellte Gemeinde übernehmen." Hinter vorgehaltener Hand ist auch parteiinterne Kritik an der Bürgermeisterin zu hören. Vom dringend notwendigen Neuanfang ist die Rede.

SPD-Ortsvorsitzender Peter König hat Wählerzahlen analysiert und sich intensiv über die Gründe für die Niederlage Gedanken gemacht, und sagt doch als erstes auf die Frage, wie es zu dem Desaster für die Partei hat kommen können: "Ganz ehrlich gesagt, ich kann es Ihnen nicht erklären." Freilich hat König doch einige Erklärungen parat: der intensive Wahlkampf der CSU, der Rückenwind durch den in der Krise populären Ministerpräsidenten Söder, auch die Briefwahl, die der CSU wohl viele Stimmen von Leuten gebracht habe, die sonst nicht zur Wahl gegangen wären. Auch räumt König sachte ein, dass die SPD ausgezehrt sei, wenige Junge auf der Liste standen. Die SPD werde sich "neu sortieren müssen", sagt auch Dworzak. "Natürlich steht ein Generationswechsel an."

Der Konflikt wurde oft von der CSU in den Gemeinderat getragen

Dass Bürgermeisterin Müller nach sechs Jahren im Rathaus trotz Amtsbonus diese Wahl verloren hat, wirft bei SPD-Anhängern aber auch die Frage nach Fehlern in ihrer Amtsführung auf. Inhaltlich, politisch habe Müller unbestritten für die Gemeinde viel erreicht und bewegt, heißt es. Doch ihr gelang es nie - auch wenn der Konflikt oft von der CSU reingetragen wurde -, den Streit im Gemeinderat in den Griff zu bekommen und die verhärtete Front zur CSU aufzubrechen. Im Umgang mit den Menschen sei sie mitunter harsch und von oben herab gewesen, heißt es. Eine Analyse einer solchen Niederlage eines amtierenden Rathauschefs müsse immer bei der Person des Bürgermeisters beginnen. Es bringe nichts, das wegzuwischen.

Am meisten Elan versprüht bei der SPD am Tag nach dem Tiefpunkt ausgerechnet der 81-jährige Peter Paul Gantzer, der nach seiner langen Zeit im Landtag zur eigenen Überraschung in den Gemeinderat gewählt wurde und sich nun vor der Aufgabe sieht, seiner Partei in seiner Heimatgemeinde wieder auf die Beine zu helfen. "Wir müssen unseren Nachwuchs fördern", sagt Gantzer, das betone er "gerade als Ältester". Jetzt sei der richtige Zeitpunkt, sich die Frage zu stellen, wer die Partei in sechs Jahren repräsentieren werde. "Wir stehen vor einem ganz großen Umbruch." Es schmerze sehr zu sehen, wie eine Gemeinde, die bundesweit als SPD-geführte musterhafte Kommune bekannt sei, an die CSU verloren gehen könne.

Wer soll künftig die SPD im Gemeinderat anführen?

Eine spannende Frage dürfte werden, wer die SPD künftig im Gemeinderat anführen soll. Müller ist angeschlagen. Auch an Fraktionschef Alexander Zill, der im Dissens mit dem Kurs der Bundespartei aus der SPD ausgetreten ist, gibt es Kritik. Gantzer und auch Dworzak lehnen eine Stellungnahme dazu ab. Dworzak sagt, mit solchen Fragen müssten sich die Gremien beschäftigen. Selbst Ratschläge mag Dworzak, der sonst um Ideen nicht verlegen ist, in der aktuellen Lage nicht geben. Die interne Diskussion, heißt es, habe eben erst begonnen.

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