Starkbieranstich:Ritter mit scharfer Zunge

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Gnadenlos: Taufkirchens Ritter Blech alias Michael Müller. (Foto: Claus Schunk)

Michael Müller verteilt in Taufkirchen pointierte Seitenhiebe.

Von Iris Hilberth, Taufkirchen

Kein Starkbier ohne Derblecken und kein Derblecken ohne politische Prominenz. So etwa lautete das bayerische Rezept, um nach Fasching bis Ostern gut über die Runden zu kommen. Auch in Taufkirchen goutiert man auf Einladung der Freunde des Wolfschneiderhofs seit fünf Jahren mit diesen Zutaten den Start in die Fastenzeit. Ärgerlich nur, wenn wie im vergangenen Jahr eine wichtige Komponente fehlt, weil die Kommunalpolitiker, auf die im Kulturzentrum der Spott von Ritter Blech von Hilprandingen zielt, nicht da sind. Diesmal allerdings war der Tisch der lokalen Prominenz wieder äußerst begehrt. Klar: Im Wahljahr lässt man sich gerne mal wieder ordentlich derblecken. Aufmerksamkeit ist da immer gut.

Es hatte sich am Freitagabend tatsächlich wieder gelohnt, gemeinsam im Ritter-Hilprand-Hof die Krüge zu heben und der scharfzüngigen und pointierten Rede von Michael Müller zu lauschen. Denn nach Jahren der Kritik, in denen die Gemeinheiten der Redner so manchem zu arg zusetzten, lief Müller als Ritter diesmal zur Bestform auf und sparte auch nicht mit klaren politischen Botschaften. So lachten sie allesamt wieder gemeinsam tapfer zu den verbalen Seitenhieben des Ritters, der den Landtags-Kandidaten, den Kreispolitikern und den Vertretern aus dem Taufkirchner Rathaus kräftig einschenkte.

Den stellvertretenden Landrat Otto Bußjäger begrüßte er als landkreiseigenen Miniatur-Aiwanger-Napoleon von den Freien Wählern, Tobias Thalhammer von der FDP sieht er als "potenziellen Fachminister für den Deutschen Schlager" und bezeichnete dessen Wunsch, Spitzenkandidat seiner Partei zu werden, als "persönliche Mission Impossible". Der CSU-Landtagsabgeordneten Kerstin Schreyer empfahl er, - sollte es mit der Karriere unter einem Ministerpräsident Markus Söder nichts werden -, wie ihr Vorgänger im Amt des Integrationsbeauftragten, Landrätin zu werden. Ein Vorschlag, der die CSU-Frau sichtlich irritierte. Schließlich weiß der Ritter auch, dass "Landvogt" Göbel "bleiben will, was er ist, "nur eben auf höchstem Niveau". So habe es ein erfahrener Ritter ihm auch mit auf den Weg gegeben: "Bub, schau, dass du der Kopf vom Arsch wirst, damit du am Ende nicht der Arsch vom Kopf bist."

Lauschten den Worten von Ritter Blech: (v.links) Annette Ganssmüller-Maluche, Otto Bußjäger, Kerstin Schreyer. (Foto: Claus Schunk)

"In Bayern sollte ein Bürgermeister einen Arsch in der Hose haben."

Insbesondere der Chefin der Bayern- SPD, Natascha Kohnen, die sich zum ersten Mal beim Taufkirchner Starkbierfest einfand und die Veranstaltung als "sehr liebenswert" bezeichnete, hatte der Ritter einiges mitzuteilen. "Als Landesvorsitzende haben Sie jetzt den attraktivsten Job in Bayern. Bei jungen Frauen kommt der Berufswunsch gleich nach Friseuse", weiß er. "Ach Genossin Natascha", meinte der Ritter, "als ob Sie es mit Ihrer weiß-blauen SPD nicht schon schwer genug hätten, bläst Ihnen auch noch das Orkan-Tief "Martin" aus Berlin stürmischen Gegenwind ins Gesicht." Der "Pfützen-Tsunami aus Würselen" habe es mit seiner Mannschaft in weniger als einem Jahr geschafft, aus der großen traditionsreichen sozialdemokratischen Partei Deutschlands einen "mickrigen Chaos-Computerclub" zu machen. "Vorwärts!", riet er ihr, "zurück zu den Wurzeln der guten alten SPD!"

Auch Bürgermeister Ullrich Sander bekam ob des Ärgers mit dem SV-DJK Taufkirchen wegen dessen geplanten Fitnessstudios sein Fett weg. "Tief in die Nacht der Ulli twittert. Worauf der Klausi dann verbittert. Drauf versammelt sich der Verein. Doch ohne Bürgermeisterlein. . .", reimte der Ritter und riet Sander: "In Bayern sollt' ein Bürgermeister einen Arsch in seiner Hose haben, sonst fährt er seinen Job mit Karacho in den Graben."

Fand die Veranstaltung in Taufkirchen liebenswert: Bayerns SPD-Chefin Natascha Kohnen. (Foto: Claus Schunk)

Trotz sichtlichem Spaß an der Pointe, hatte Müller auch eine klare politische Botschaft. "Unsere Gesellschaft darf nicht tiefer gespalten werden in unten und oben", warnte er. Demokratie, Frieden und Recht lasse sich nur durch aktive Bürgerschaft bewahren, nicht durch eine virtuelle Stimmungs- und Spaßgesellschaft. Politiker müssten glaubwürdig vermitteln, dass es ihnen in ersten Linie um Überzeugungen und Inhalte gehe. "Farbe bekennen" forderte Ritter Blech in seiner Starkbierrede, und sprach lange über das Verständnis von Heimat: "Heimat muss man sich leisten können. Heimat müssen sich alle leisten können. Sonst ist sie schnell nicht mehr die Heimat aller", warnte Müller. Er erlebe Heimat, wenn ihn die Bäckereifachverkäuferin mit "Griaß Di" empfange genauso wie bei den Aktivitäten des Helferkreises Asyl, "in dem Menschen mit Heimat Menschen helfen, die aus ihrer Heimat geflohen sind, weil es keine Heimat mehr war." Klare Worte fand er auch zum Besuch der AfD-Politikerin Beatrix von Storch in Taufkirchen. "Diese Spezies ist gemeingefährlich", urteilte der Ritter. Bei der Wahl im September habe es ihn tief erschüttert, "mit zehn Prozent hat man hier die Rattenfänger angefüttert", stellte er fest und mahnte: "Dem gilt es aktiv und überzeugend Einhalt zu gebieten, so dass die braunen Vögel weiter fliegen."

© SZ vom 19.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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