Grenznah betrachtet:Grüner Puffer für Mensch und Tier

Aufgrund der hohen Biodiversität warnen Natur- und Klimaschützer vor ausufernder Bebauung an der nördlichen Stadtgrenze bei Feldmoching.

Von Simon Schramm

Es ist schon etwas länger her, dass der Bund Naturschutz (BN) genauestens untersucht hat, welche besonderen Lebensräume und raren Tierarten es im Münchner Nordwesten gibt. Zwischen Ludwigsfeld und Feldmoching liegen mit dem Feldmochinger und dem Fasaneriesee nicht nur zwei Badegewässer, sondern auch üppige Grünflächen, meist landwirtschaftlich genutzt. Zuletzt hatten die Naturschützer in den Neunzigerjahren die Gegend auf ihre Vielfalt hin durchleuchtet.

Im Februar dieses Jahres hat Oberbürgermeister Dieter Reiter dem BN einen Grund gegeben, aktuelle Daten zu erheben: Damals fasste der Rathauschef diese Flächen zu einem Umgriff von etwa 900 Hektar zusammen und erklärte sie im Zuge einer "Städtebaulichen Entwicklungsmaßnahme" (SEM) zu potenziellem Siedlungsland. Die Naturschützer lehnen diese Planung ab und wollen den ökologischen Wert der Gegend aufzeigen. Darum haben sie die Einwohner aufgerufen, möglicherweise schützenswerte Tiere und Pflanzen zu melden. Das hat zum Beispiel ergeben, dass in Ludwigsfeld der streng geschützte heimische Moschusbockkäfer lebt. "Wir hoffen, dass noch viel mehr kommt", sagt Christian Hierneis, Vorsitzender der Münchner Kreisgruppe des Bundes Naturschutz. "Die Stadt braucht viele Grünflächen. Der Grüngürtel vom Westen, ab Freiham, über die Heiden bis zum Nordosten ist notwendig als Puffer zwischen den Landkreisen und der Stadt."

Geschützte Gebiete für Pflanzen und Tiere brauchen die Vernetzung

Dass die Artenvielfalt so hoch ist, liegt laut Hierneis an den abwechslungsreichen, kleinstrukturierten Lebensräumen in dem Gebiet, etwa bauten die Landwirte wenig Monokulturen an. Seltene Arten wie der Kiebitz, von dem Hierneis nach eigener Aussage vor Kurzem Brutpaare entdeckt hat, würden schon bei einer kleineren Bebauung verschwinden. "Die Tiere haben einen bestimmten Platzanspruch. Die kommen dann einfach nicht mehr", sagt Hirneis, "das ist ein zusammenhängender Lebensraum, der auf den Austausch angewiesen ist." Mehrere Gebiete, die schon als geschützte Flächen ausgewiesen sind, könnten nach seiner Einschätzung nicht alleine existieren, wenn um sie herum gebaut werde, denn sie bräuchten die Vernetzung.

Infolge einer Bebauung würde sich außerdem die Klimatemperatur in der Stadt weiter erhitzen. "Die SEM-Flächen sind ein Frischluftentstehungsgebiet", sagt Naturschützer Hirneis. "Sie kühlen die Stadt in Zeiten des Klimawandels." Auch befürchtet der Bund Naturschutz, dass sich der Freizeitdruck auf die umliegenden Flächen erhöht, wenn weitere Bewohner zuziehen.

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