Süddeutsche Zeitung

Unterhachinger Stadion:Der Ball liegt auf dem Tisch

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Nachdem das Rathaus der Spielvereinigung gekündigt hat, will die Gemeinde mit den Fußballern und den Münchner Footballern über die künftige Nutzung der Sportstätte verhandeln. Es geht um nicht weniger als die Rettung des Vereins.

Von Stefan Galler und Iris Hilberth, Unterhaching

Dass der 30. Juni für die Spielvereinigung Unterhaching definitiv kein schöner Tag werden dürfte, steht seit Donnerstag doppelt fest: Cheftrainer Sandro Wagner gab da bekannt, dass er seinen an just jenem Tag auslaufenden Vertrag nicht verlängern wird. Er wolle "im Sommer die Perspektive wechseln und einen Schritt in eine andere Richtung gehen", teilte der frühere Nationalspieler mit, der auch als Co-Kommentator im Fernsehen arbeitet. Doch der Tag dürfte noch aus einem weiteren Grund ein besonders dunkler für den Fußballverein werden: Zu diesem Datum endet auch der Pachtvertrag für den Sportpark, den die Gemeinde mit Beschluss des Gemeinderats vom Mittwochabend fristgerecht gekündigt hat.

Auf dem Platz vor dem Rathaus versuchte Vereinspräsident Manfred Schwabl am Mittwochabend dennoch, Zuversicht zu verbreiten. Kurz vor der entscheidenden Gemeinderatsitzung, in der darüber abgestimmt wurde, wie es mit der Nutzung des Stadion weitergeht, hatten sich Fans und Jugendspieler im Ortszentrum versammelt, um gegen einen möglichen Verkauf der Spielstätte an die Footballer der Munich Ravens zu demonstrieren. Doch allzu viel zu protestieren gab es gar nicht mehr.

Am späten Nachmittag hatten Bürgermeister Wolfgang Panzer (SPD) und die Sprecher aller Fraktionen im Gemeinderat eine gemeinsame Erklärung abgegeben, in der sie zum einen die Kündigung des Pachtvertrags ankündigten, zugleich aber versprachen, sowohl der Spielvereinigung als auch den Ravens "neue Nutzungsverträge zu fairen Konditionen" anzubieten. "Es muss alles auf den Tisch. Wichtig ist, dass der Sport jetzt weitergeht", sagte Schwabl daraufhin. Der Kauf des Stadions sei allerdings weiterhin das "Hauptziel" der Haching Sportpark GmbH.

In der Erklärung, die Bürgermeister Panzer auch zu Beginn der öffentlichen Sitzung vorlas, wird aber auch deutlich, dass der Gemeinderat das Verhalten der Spielvereinigung in den vergangenen Wochen alles andere als in Ordnung findet. So seien die Fußballer vertragsbrüchig geworden, weil sie ohne Genehmigung aus dem Rathaus mit den Ravens "umfangreiche und detaillierte Verträge für die Nutzung gemeindlicher Sportflächen" geschlossen hätten. Nachdem dies bekannt geworden war, die Sportpark GmbH aber laut Gemeinde nicht gewillt war, die Sache aufzuklären, war die Verärgerung im Rathaus groß. Und so sagt man dort ganz klar: Ein Grund für eine fristlose Kündigung wäre das schon gewesen. Doch wollen die wenigsten die Spielvereinigung tatsächlich aus dem Sportpark werfen. "Unser Ziel ist die Rettung des Vereins", heißt es.

Präsident Schwabl gibt zu: "Sicher ist in der Vergangenheit nicht alles gut gelaufen." Die Spielvereinigung habe bereits am 30. November ein Angebot für den Kauf des Stadions abgegeben, bis jetzt sei aber nichts weitergegangen. "Da hat jeder sein Paket, aber hinterher ist man immer schlauer", so Schwabl. Jetzt müsse man nach vorne schauen. Alle Parteien sollten sich zu neuen Verhandlungen an einen Tisch setzen, "das geht nicht mit Schuldzuweisungen". Alle drei Partner müssten alle Rechte und Pflichten haben, so der Präsident der Spielvereinigung. Die Ravens und den Football hält Schwabl nach wie vor für einen geeigneten Partner, er wirbt weiter für eine gemeinsame Nutzung des Stadions: "Football passt in den Sportpark, das ist gewaltfreier Sport und hat eher Eventcharakter."

Doch Priorität für den Verein muss die neue Vereinbarung mit der Gemeinde haben, denn dieser steckt mitten im Lizenzierungsprozess für die kommende Saison; dafür braucht Haching - ganz egal ob die Mannschaft dann wie bisher in der Regionalliga oder in der dritten Liga antritt - ein Stadion, das die Mannschaft uneingeschränkt nutzen kann. Das sei die einzige unmittelbare Konsequenz aus der Kündigung des Pachtvertrags und dem zumindest vorerst geplatzten Stadiondeal, sagt Schwabl: "Ein Kauf des Stadions hat jedenfalls finanziell nichts mit der Lizenzierung zu tun", betont der Klubpräsident. Mögliche Einnahmen aus der Vermietung wären in die Sportpark GmbH geflossen, nicht in die KGaA, die für den Spielbetrieb der ersten Mannschaft maßgeblich ist.

Bei den nun anstehenden Verhandlungen wird man auch noch eine Sonderregelung für das erste Heimspiel der Ravens in der European Football League (ELF) treffen müssen, denn die Münchner treten bereits am 4. Juni gegen die Raiders Tirol an - dann gilt ja noch der bisherige Pachtvertrag mit der Spielvereinigung. "Auch dafür werden wir eine Lösung finden, deshalb sind die Gespräche auch komplex", sagt Rathaussprecher Simon Hötzl.

Ex-Präsident und Ex-Bürgermeister Engelbert Kupka warnt vor Schadensersatzansprüchen

"Wir sind vorsichtig optimistisch, dass eine zeitnahe Lösung zustande kommt", sagt auch Sebastian Stolz, der General Manager der Ravens. Mehr ist von Seiten der Footballer nicht zu erfahren, sie wollen offenkundig die Verhandlungen nicht vorher belasten. Diese laufen nach SZ-Informationen bereits zwischen der Gemeinde und Vertretern der Ravens.

Schwabl hofft indes, dass seine Spielvereinigung und die Gemeinde noch im Laufe des Jahres zu einer Einigung kommen, "dass wir den Sportpark kaufen und betreiben können". Fakt ist, dass die Gemeinde das Geld - im Haushalt sind vier Millionen Euro eingeplant - dringend braucht und dass viele Gemeinderäte das im Unterhalt teure Stadion loswerden wollen. Der Gemeinderat hält verschiedene Optionen für möglich, auch wenn in der Erklärung aus dem Rathaus betont wird, "dass ein Verkauf des Stadions am Sportpark an die Munich Ravens oder einen anderen Investor bisher nicht zur Debatte stand".

Vor einem Verkauf an einen Dritten warnt Engelbert Kupka, der ehemalige Präsident der Spielvereinigung und einst langjährige CSU-Bürgermeister von Unterhaching. Er spricht von "Schadensersatzansprüchen". Kupka ist Anwalt und kennt sich in diesen Dingen aus. Zur Gemeinderatssitzung hatte er eine Aufstellung mitgebracht, wie viele Millionen die Spielvereinigung bereits in das Stadion investiert habe. Seit 2018 seien das Instandhaltungskosten in Höhe von 2,3 Millionen Euro gewesen, 210 000 Euro flossen laut Kupka zudem in den vergangenen zwei Jahren in Reparaturen des Sportlerheims. Auch in den Ausbau 1999 habe der Verein sieben Millionen Euro gesteckt.

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