Staatliche Fördermittel:Keine Lust mehr auf die Million

Die klamme Gemeinde Höhenkirchen erwägt angesichts vieler Auflagen und Zeitdrucks, auf einen Zuschuss für die Sanierung der Mehrzweckhalle zu verzichten. Allerdings sind die Probleme zum Teil auch hausgemacht

Von Bernhard Lohr, Höhenkirchen-Siegertsbrunn

Die Gemeinde Höhenkirchen-Siegertsbrunn hätte für die Million so gute Verwendung. Und der runde Eurobetrag schien auch zum Greifen nah, als der Bundestagsabgeordnete Florian Hahn (CSU) vor bald einem Jahr verkündete, dass die Gemeinde mit ihrer Mehrzweckhalle als eines von 22 Projekten in Bayern in das Förderprogramm "Sanierung kommunaler Einrichtungen in den Bereichen Sport, Jugend und Kultur" aufgenommen worden war. Doch heute ist der Frust im Rathaus groß. Die Bürgermeisterin rät rundheraus, auf das Geld zu verzichten. Sie sieht sich von der Bürokratie gegängelt. Kein Wunder, sagt sie, dass Berlin auf Geld sitzt, das niemand abrufen will.

Anders als Höhenkirchen-Siegertsbrunn, das angesichts niedriger Steuereinnahmen die Bedürfnisse einer wachsenden und zunehmend anspruchsvollen Bürgerschaft nur schwer befriedigen kann, hat Berlin Geld zu verteilen. Erst kürzlich verkündete Finanzminister Olaf Scholz (SPD), das Jahr 2019 mit einem Milliardenüberschuss abgeschlossen zu haben. Ein Grund ist, dass die Kommunen Zuschüsse, die ihnen für ihre oftmals marode Infrastruktur zur Verfügung gestellt werden, nicht abrufen. Scholz mahnte deshalb bereits flottere Planungen und Genehmigungsprozesse im Land an und forderte auch einfachere Antragsverfahren. Aus Sicht von Bürgermeisterin Ursula Mayer (CSU) zeigt der Fall in ihrer Gemeinde, dass er das mit gutem Grund tat. "Es bereitet keine Freude", sagt Mayer. Was man beim Bund nicht alles vorab schon wissen wolle. "Auf so eine Art von Förderung kannst du wirklich verzichten", klagt sie.

Dabei kann der Staat relativ geräuschlos mit Zuschüssen in Kommunen viel bewegen. Gezeigt hat sich das am Wohnungsbauförderprogramm des Freistaats, das viele Gemeinden im Landkreis in Anspruch nehmen, um günstigen Wohnraum zu schaffen, ohne dass groß über bürokratische Hürden geklagt worden wäre. Abgesehen von diesem Fördertopf, der wie für den Landkreis mit seiner Wohnungsnot gemacht zu sein schien, sehen sich viele der wohlhabenden Kommunen im Landkreis gar nicht angesprochen, wenn der Bund oder das Land Förderprogramme für Infrastrukturprojekte auflegen. Was Alexander Greulich (SPD), Bürgermeister des wohlhabenden Ismaning, viel mehr interessiert, ist der Faktor Zeit. Er und seine Verwaltung stünden unter einem "massiven" Druck, die Infrastruktur fortzuentwickeln. Wenn eine Kindertagesstätte oder eine Schule zu bauen, zu erweitern oder zu sanieren sei, so Greulich, müsse das schnell gehen. Hindernisse seien dann, etwa bei Verkehrsprojekten, zwischen den Behörden schlecht abgestimmte Planungen und fehlende Fachkräfte.

Bei dem sich seit Monaten hinziehenden Drama um den Bundeszuschuss in Höhenkirchen-Siegertsbrunn spielt das alles auch eine Rolle; wenn etwa Bürgermeisterin Mayer den Zeitdruck bei der Antragstellung beklagt und sagt, dass Planer mit freien Kapazitäten nicht zu finden seien. Doch es gab auch grobe Missverständnisse. So legten es Mayer und ihre Verwaltung ursprünglich darauf an, mit Hilfe des Sanierungsprogramms des Bundes einen Erweiterungsbau an der Mehrzweckhalle zu verwirklichen. Die Blaskapelle Höhenkirchen-Siegertsbrunn jubelte in Erwartung größerer Proberäume nach der Mitteilung des Abgeordneten Hahn. Doch dann pochte der Bund dem Sinn des Zuschussprogramms gemäß auf eine Sanierung. Die wäre, wie sich in Höhenkirchen-Siegertsbrunn schnell zeigte, sogar angebracht, würde aber mehr als zehn Millionen Euro kosten. Statt einen Zuschusses aus Berlin zu bekommen, stand nun im Raum, eine kostspielige Großbaustelle aufzumachen in einer Gemeinde, die mit knappem Budget ihre Volksschule sanieren, ein Gymnasium erweitern und eine Realschule bauen will.

Doch dann besann man sich, das Geld aus Berlin für eine nun mal notwendige Sanierung wenigstens der drängendsten Teile der Halle zu beantragen, und sah sich nun nach Aussage von Mayer von der Bundesbehörde mit immer neuen Forderungen gepiesackt. Dort wolle man schon wissen, wann welches Gewerk im Jahr 2021 abgearbeitet werde, sagte sie jüngst im Hauptausschuss. Und wenn eine Kleinigkeit nicht passe, fordere Berlin sein Geld zurück. Das werde in einer "Katastrophe" enden. Olaf Kruse, Sprecher im Bundesinnenministerium, allerdings sagt: "Das Programm setzt keine außergewöhnlichen Hürden." Es würden ganz übliche Bauzeitenpläne eingefordert. Bei der Umsetzung sei bis 2023 Zeit. Am Donnerstag soll der Gemeinderat entscheiden, ob die Million in Berlin bleibt oder ihren Weg doch noch nach Höhenkirchen-Siegertsbrunn findet.

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