SpVgg Unterhaching:Ganz im Vertrauen

Die SpVgg Unterhaching setzt in ihrer Not auf einen geheimnisvollen Investor. Doch der bereitet der Spielvereinigung offenbar eher Sorgen.

Andreas Liebmann und Christoph Leischwitz

Es wird wohl das Geheimnis von Engelbert Kupka bleiben, wieso er am Donnerstag vor laufender Kamera den Namen Franco Levis aussprach. Beiläufig, obwohl doch seit Juli nichts an die Öffentlichkeit gedrungen war. Am Donnerstag erwähnte der Präsident des Fußball-Drittligisten SpVgg Unterhaching bei einer Pressekonferenz, dass sein Klub mit einem gewissen Franco Levis Verträge unterzeichnet habe. Über Millionen. Vor fast drei Monaten.

SpVgg Unterhaching: Der frühere Geschäftsführer der SpVgg Unterhaching Erich Meidert (links), und Schatzmeister Anton Schrobenhauser bei einem Heimspiel im Sportpark.

Der frühere Geschäftsführer der SpVgg Unterhaching Erich Meidert (links), und Schatzmeister Anton Schrobenhauser bei einem Heimspiel im Sportpark.

(Foto: Claus Schunk)

Franco Levis. Es sollte nicht lange dauern, da meldeten sich andere, die etwas über Levis erzählen wollten. Über jenen Mann, dessen Firma Depro Group nach eigenen Angaben Niederlassungen in Österreich, Italien, Tschechien, der Ukraine und Zypern unterhält, der sich auf Investoren aus der Ukraine, aus Israel oder Armenien beruft, auf Projekte zum Beispiel mit dem Unternehmen von Viktor Pintschuk, dem Schwiegersohn des ehemaligen ukrainischen Präsidenten Leonid Kutschma.

Es meldet sich der Münchner Textilunternehmer S. Im Beisein seines Anwalts erzählt er, wie seine Frau Levis vor knapp einem Jahr kennengelernt habe, wie sie mit ihm eine GmbH gegründet habe, um eine Charity-Veranstaltung zu organisieren - und das Ehepaar S. dann auf den Kosten von rund 100.000 Euro sitzen blieb. Sie haben in München Zivilklage gegen Levis eingereicht.

Wer ist dieser Mann, über den Kupka sagt, er vertrete eine Investmentgruppe, die europaweit und darüber hinaus tätig sei und die sich in einem Maß bei der Spielvereinigung engagieren werde, dass es den für 2011 beschlossenen Ausstieg des Hauptsponsors Generali ausgleichen würde? Generali hat bislang jährlich eine Million Euro an Haching überwiesen.

Es ist schwer herauszufinden. Schon weil Kupka sich weigert, Fragen zum Thema Levis zu beantworten. "Ich habe dazu nichts zu sagen", antwortet der ehemalige CSU-Landtagsabgeordnete, der seit 37 Jahren an der Spitze der SpVgg Unterhaching steht. "Wir werden über Franco Levis keine Auskunft geben." Levis immerhin bestätigt: "Es ist richtig, wir werden Partner." Nicht mit der Depro Group, sondern anderen Investoren, mehr wolle er nicht sagen. "Wir werden damit gemeinsam vor die Presse treten", verspricht er. Über die Höhe der vereinbarten Summe schweigt er bislang ebenso wie über andere Vorwürfe, die nun gegen ihn laut geworden sind.Auf schriftliche Fragen der SZ haben weder Kupka noch Levis am Freitag geantwortet.

Vertraulichkeit vereinbart

Von Levis' Anwalt erreichte die Redaktion am Freitagabend ein Schreiben, demzufolge sein Mandant sich Anfang kommender Woche äußern werde. Die SpVgg Unterhaching verschickte zudem am Freitagabend eine knappe, fünfzeilige Presseerklärung, in der Verein und Investor noch einmal versicherten, sie hätten einen Sponsorenvertrag abgeschlossen. "Herr Levis bestätigt hiermit nochmal ausdrücklich und nachhaltig, dass diese Verträge von der von ihm vertretenten Investorengruppe erfüllt werden", heißt es in der Pressemitteilung. Über den Inhalt der Verträge habe man "Vertraulichkeit vereinbart".

Vermutlich handelt es sich bei der mit Haching vereinbarten Summe um jene bis zu fünf Millionen Euro, die Levis auch Jahn Regensburg versprochen hat. Ein Funktionär des Drittliga-Rivalen bestätigt, dass Levis Kontakt mit seinem Verein aufgenommen habe. Man habe Levis und seine Unternehmen prüfen wollen. "Das war alles zu undurchsichtig", sagt der Funktionär - man habe sich deshalb gegen die Kooperation entschieden. Beim ersten Treffen in einem Münchner Hotel vor vier Wochen habe Levis den Vertrag mit Haching nicht erwähnt, allerdings angebliche Kontakte zum Erstligisten Eintracht Frankfurt. Dort, versichert Vorstand Heribert Bruchhagen, kenne man keinen Franco Levis.

Viele Aspekte, die hellhörig machen

Es gibt viele Aspekte, die hellhörig machen an dieser Geschichte. Auch Erich Meidert als Manager der SpVgg Unterhaching muss es so gegangen sein. Nachdem sein Verein vergeblich auf Geld gewartet hatte, habe er "laut Zweifel geäußert" am Investor, sagt Meidert, "mein Rücktritt am Montag steht damit in Zusammenhang". Bisher hatten er und der Verein lediglich erklärt, die doppelte Belastung als Manager und Firmeninhaber sei der Grund für den Rücktritt gewesen. "Es geht nun darum, Schaden vom Verein abzuwenden", sagt Meidert.

Für die SpVgg Unterhaching könnte die Sache existenzbedrohend werden. Nachdem die Verträge mit Levis unterzeichnet waren, hatte der Verein teure Spieler zugekauft, offenbar im Vertrauen darauf, der neue Investor werde das Minus ausgleichen. Nichts geschah. In einem Schreiben vom 29. September, in das die Süddeutsche Zeitung Einblick hatte, forderte der Verein Levis "letztmalig" auf, ausstehende Zahlungen auf ein Treuhandkonto zu leisten.

Trotz mehrerer mündlicher Zusagen sei noch kein Geldfluss festgestellt worden, "unser Anwalt hat die insolvenzrechtlichen Konsequenzen für den Verein dargestellt", heißt es. Das Minus der SpVgg Unterhaching soll sich bis Saisonende auf mehr als zwei Millionen Euro belaufen, falls die Zahlungen ausbleiben. Und bis zum 31. Oktober müssen Vereine, die vom Deutschen Fußball-Bund (DFB) unter Zulassungsauflagen gestellt wurden, unter anderem ihre Liquidität nachweisen.

Am Tag nach seinem Rücktritt bestätigte sich für Meidert sein zuvor gehegter Verdacht. Ein befreundeter Steuerberater und Unternehmer rief an, um ihn vor dem neuen Investor zu warnen. Er selbst habe schon über dreistellige Millionenbeträge mit Levis verhandelt, erzählt er, sich aber nach Zweifeln zurückgezogen. Er warnte also Meidert, und Meidert wiederum hat, wie er sagt, mit den neuen Erkenntnissen die SpVgg Unterhaching gewarnt. Zwei Tage später trat Kupka bei der Pressekonferenz auf.

Mit dem Wissen über den säumigen Investor nehmen Kupkas Äußerungen einen anderen Klang an. "Wir haben einen entsprechenden Sponsorenvertrag unterzeichnet, der nun erfüllt werden muss", sagt er da am Donnerstag. "Wir hoffen, dass wir aufgrund der Basis der Erfüllung dieser Verträge dann auch finanziell Land sehen." Bislang stand im Zweifel Mäzen Anton Schrobenhauser, der Bauunternehmer und Schatzmeister des Vereins, für Defizite gerade. Ob er dies auch diesmal kann? Auch Schrobenhauser wollte auf schriftliche Fragen nicht antworten.

Die Firmen von Franco Levis jedenfalls hätten in Kupka, dem Juristen, Misstrauen wecken müssen. Auf der Homepage der Depro Group fehlen Handelsregisternummer, Steuernummer und ein Impressum - Indizien, die bei Jahn Regensburg offenbar besser wahrgenommen wurden. Das Schreiben vom 29. September richtet sich an ein Unternehmen namens "Saperlo Limited". Über diese Firma ist rein gar nichts herauszufinden.

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