Spitzensport in Hohenbrunn:Haie ohne Heimat

Spitzensport in Hohenbrunn: Sehnsucht nach Wasserzeiten: Die Riemerlinger Haie stehen vor einer ungewissen Zukunft, sollte am Donnerstag entschieden werden, dass das heimische Bad nicht zumindest von den Kaderschwimmern genutzt werden darf.

Sehnsucht nach Wasserzeiten: Die Riemerlinger Haie stehen vor einer ungewissen Zukunft, sollte am Donnerstag entschieden werden, dass das heimische Bad nicht zumindest von den Kaderschwimmern genutzt werden darf.

(Foto: Claus Schunk)

Der Gemeinderat entscheidet diese Woche, ob das Riemerlinger Hallenbad für die TSV-Leistungsschwimmer aufmacht oder bis zur Öffnung des neuen Bads im Sommer 2022 schließt. Es geht um die Existenz des Klubs.

Von Stefan Galler, Hohenbrunn

Fast sieben Jahre ist es her, da erlebten die Riemerlinger Haie einen der glücklichsten Tage in ihrer rund 50-jährigen Historie: Die weibliche 4 x 100-Meter-Staffel des TSV Hohenbrunn-Riemerling gewann im April 2013 bei den deutschen Meisterschaften in Berlin die Goldmedaille, nach einem packenden Rennen gegen die SG Dortmund.

Diesen Donnerstag nun droht eine der schwärzesten Episoden in der Geschichte der Schwimmsparte des TSV Hohenbrunn-Riemerling: Der Gemeinderat entscheidet darüber, ob das Ozon-Hallenbad in Riemerling, die Trainingsstätte der Haie, in absehbarer Zeit zumindest für die Leistungsschwimmer des Vereins öffnen darf oder womöglich sogar komplett geschlossen wird, bis der Neubau auf dem Schulcampus im Herbst 2022 fertig wird. Die Vorzeichen stehen nicht gut.

"Eine Schließung würde bedeuten, dass es die Riemerlinger Haie zeitnah nicht mehr geben wird. Der Schwimmverein würde eine dauerhafte Badschließung nicht überleben können", schrieb die Sprecherin des Vereins, Vanessa Breunig, in einer Pressemitteilung. Abteilungsleiter Steffen Lenz widerspricht dem schlimmen Szenario auf SZ-Nachfrage nicht: "Sollte das Bad zubleiben, stellt sich tatsächlich die Frage, wie es weitergeht." Der Spartenchef rechnet in diesem Fall mit einem weiteren Exodus der Mitglieder, durch das Trainingsverbot wegen der Pandemie habe der Verein bereits 300 Mitglieder eingebüßt, "jetzt sind es nur noch knapp über 1000", so Lenz. Für die Leistungsschwimmer müssten anderswo Wasserzeiten teuer angemietet werden, bislang nutzte man regelmäßig das Ebersberger Hallenbad, doch auch das ist baufällig und wird nun saniert.

Die Coaches wären kaum zu halten

Auch seien die hochqualifizierten Coaches um Cheftrainer Pierre Martin kaum zu halten, wenn sie ihrem Beruf nicht nachgehen dürften. Und in der Riege der Funktionäre könnte eine entsprechende Entscheidung des Gemeinderates ebenfalls Folgen haben: "Jeder von uns Ehrenamtlichen wendet 20 bis 30 Stunden wöchentlich auf, um den Verein am Laufen zu halten. Da ist es nicht einfach, motiviert zu bleiben, wenn einem dauernd Knüppel zwischen die Beine geworfen werden."

Für Bürgermeister Stefan Straßmair (CSU) ist die Situation ebenfalls alles anderer als einfach: "Mir liegt der Verein am Herzen, ich selbst habe bei den Haien Schwimmen gelernt und war immer der größte Fürsprecher, ein neues Bad zu bauen", sagt der Rathauschef. "Aber wir müssen schon sehen, worum es hier geht: Wir sollen für rund 20 Kaderschwimmer das Bad öffnen, das momentan leer und geschlossen ist." Rund 180 000 Euro koste das die Gemeinde alleine in den nächsten drei Monaten. "Das Bad ist marode, eine Pumpe kaputt, die wir austauschen müssten. Dazu kommen enorme Heizkosten", argumentiert Straßmair. Das alles ließe sich noch darstellen, wenn es dem Breitensport dienen würde. "Aber wie soll ich den Bürgern in der jetzigen Zeit erklären, dass wir für den Spitzensport so viel Geld in die Hand nehmen? Da sind doch eigentlich die Sportverbände gefordert", sagt Straßmair.

Breiten- und Spitzensport

Steffen Lenz wiederum entgegnet, dass bei den Haien Breiten- und Spitzensport ohne einander nicht existieren könnten: Man organisiere in Nicht-Corona-Zeiten fast 400 Schwimmkurse pro Jahr, habe spezielle Programme für Flüchtlinge und die "Ozon-Tiger", eine Schwimmgruppe für Menschen mit Behinderung. Andererseits garantierten die Erfolge im Leistungssport, dass herausragende Betreuer für alle Klubmitglieder zur Verfügung stünden: "Bei uns geben ehemalige Leistungsschwimmer Kurse für Anfänger. In welchem anderen Verein gibt es das?", sagt Lenz, der auch eine finanzielle Beteiligung an den Fixkosten anbietet: "Wir zahlen bis zum Sommer der Gemeinde den Betrag, den die Schulen zahlen würden, wenn Schwimmunterricht stattfinden dürfte."

Insgesamt wären das bis zu 30 000 Euro, ein enormer Kraftakt, hatte man doch allen Mitgliedern das erste Quartal 2021 ohne Vereinsbeitrag quasi spendiert. Mit Blick auf die Fertigstellung des neuen Bades im Herbst 2022 sagt der Abteilungsleiter: "Ich komme mir vor wie Moses, der sein Volk aus der Knechtschaft führte und beim Blick aufs Gelobte Land gestorben ist, ehe es selbst betreten zu können."

Der Bürgermeister verspricht den Haien, dass sie im Falle einer Schließung des Bades andere Sporteinrichtungen der Gemeinde nutzen könnten. Für Steffen Lenz ein schwacher Trost: "Wenn du im Schwimmverein bist, willst du ins Wasser und nicht Yoga im Zoom-Chat machen. Sonst kannst du ja gleich zum Yoga gehen."

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