Spielvereinigung Unterhaching:Sozial engagiert und auf der Suche nach Talenten

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"Wir müssen uns auf unsere eigenen Stärken besinnen", sagt Präsident Manfred Schwabl und will die SpVgg Unterhaching als regionalen Klub profilieren. Nachwuchsspieler sollen die Möglichkeiten haben, im Profifußball Fuß fassen zu können

Von Stefan Galler

Wenn Manfred Schwabl eines Tages auf das Jahr 2020 zurückblicken wird, dann dürften ihm die vielen negativen Momente, die Sorgen um die Gesundheit von Freunden und Angehörigen und um das wirtschaftliche Überleben seines Vereins, womöglich gar nicht als erster Gedanke in den Sinn kommen. Denn diese negativen Gefühle wurden von einem sehr privaten Erlebnis mindestens aufgewogen: Kurz vor Weihnachten ist der frühere Fußballprofi und Nationalspieler zum ersten Mal Großvater geworden, die kleine Ella wird das Leben des Präsidenten der SpVgg Unterhaching künftig bereichern.

Die Tochter von Haching-Kapitän Markus Schwabl gab zuletzt offenbar dem ganzen Team Rückenwind, die Mannschaft kletterte aus den unteren Regionen ins Tabellenmittelfeld. Ein Trend, der sich im neuen Jahr natürlich fortsetzen soll, auch wenn sportlicher Erfolg nicht alles ist, wie der frischgebackene Opa klarstellt: "Corona hat mir die Augen geöffnet, was wirklich Sinn macht. Wir müssen uns auf unsere eigenen Stärken besinnen." Und die lägen vor allem darin, sich als regionaler, sozial engagierter Klub zu profilieren und eigenen Talenten die Möglichkeiten zu geben, im Profifußball Fuß zu fassen.

Während er beim Börsengang 2019 noch gedacht hatte, "wir müssen möglichst schnell nach oben", und deshalb auf externe Zugänge gesetzt habe, sei er nun völlig davon überzeugt, voll auf die Jugend zu vertrauen: "Ziel ist es, dass ab 2022 möglichst 80 Prozent unserer Kaderspieler aus dem eigenen Nachwuchsleistungszentrum kommen. An dieser Vorgabe werde ich mich messen lassen", sagt Schwabl.

Dass diese Strategie die einzig wahre ist, habe schon die Personalie Karim Adeyemi gezeigt. Der mittlerweile 18-Jährige war im Alter von zehn Jahren vom FC Bayern nach Haching gekommen und dort ausgebildet worden. Im Sportpark formten sie seine Talent, aber auch seine Persönlichkeit. 2018 ging er dann für 3,3 Millionen Euro zu RB Salzburg, erhielt 2019 die Fritz-Walter-Medaille in Gold für den besten deutschen U 17-Spieler des Jahres und debütierte mittlerweile für den österreichischen Meister in der Champions League. "Wenn ich ihn spielen sehe, geht mir das Herz auf", sagt Schwabl, der in Torwart Nico Mantl, 20, und dem 17 Jahre alten Mittelfeldspieler Boipelo Mashigo, der aus Südafrika stammt und 2018 vom Deutschen Fußball-Institut Bad Aibling nach Unterhaching kam, bereits die nächsten potenziellen Millionentransfers in der Hinterhand hat. "Nico haben wir jetzt schon sieben Jahre unter unseren Fittichen und bei Boipelo bekommen die Jugendtrainer auf der Tribüne glasige Augen", sagt Schwabl stolz.

Und so wird 2021 voll im Fokus der Talentförderung stehen. Parallel soll die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Klubs weiter gesteigert werden, nachdem im Frühjahr eine Kapitalerhöhung wegen des Corona-Ausbruchs abgesagt werden musste und noch nicht neu terminiert wurde. Inwieweit diese ausbleibende Finanzspritze auch andere Pläne der SpVgg wie die Stadionrenovierung verzögert, wird man sehen. Im Sommer 2020 hatte der Verein der Gemeinde Unterhaching die Arena für gut drei Millionen Euro abgekauft und damit auch die Pflicht übernommen, notwendige Baumaßnahmen im Falle eines Aufstiegs - etwa die vollständige Überdachung aller Tribünen und die Modernisierung der Flutlichtanlage - selbst zu stemmen.

Schwabl kämpft unterdessen weiterhin für eine bessere finanzielle Ausstattung der dritten Liga und pocht beim Deutschen Fußball-Bund (DFB) für ein Aufstocken des Fördertopfes für diejenigen Vereine, die deutschen Talenten Einsatzmöglichkeiten bieten. "Das würde den Aufstiegsdruckerheblich schmälern", sagt der Präsident.

Auch im neuen Jahr will sich der Verein wieder sozial engagieren, nachdem man im Advent für die "Sternstunden" des Bayerischen Rundfunks 50 000 Euro bei diversen Events und Versteigerungen eingenommen und zudem den FC Bayern für die Benefizaktion gewinnen konnte. Die klubeigene Reihe "Haching schaut hin" werde man weiterführen und immer wieder solidarisch tätig werden, so Schwabl. "Es geht nicht nur darum, wo die erste Mannschaft in der Tabelle steht, man muss als regional verwurzelter Verein sozial engagiert sein."

Und doch spielt auch das Profiteam eine wichtige Rolle, in der engen dritten Liga kann es schnell mal in beide Richtungen gehen. "Ein Abstieg würde unseren Weg unterbrechen, deshalb wäre ein gesicherter Mittelfeldplatz ein Traum", so Schwabl. "Gerade vor dem Hintergrund, dass die Konkurrenz ständig personell aufrüstet, während wir auf den Nachwuchs setzen."

In das neue Trainergespann mit dem Niederländer Arie van Lent und den Assistenten Robert Lechleiter und Roman Tyce, die beide früher in Unterhaching gespielt haben, setzt der Präsident sein volles Vertrauen. "Sie machen das bisher wirklich gut, gehen offen mit den Spielern um, aber immer auf sachlichem Niveau." So hätten in der Vorrunde auch disziplinarische Maßnahmen gegriffen, etwa als der Coach den hochtalentierten Luca Marseiler für zwei Spiele aus dem Kader strich, weil er mit seinen Trainingsleistungen nicht zufrieden war. "Nach seiner Rückkehr war Luca stärker denn ja, also hat Arie alles richtig gemacht", sagt Schwabl.

Ob das Trio dauerhaft erfolgreich sein kann, werde man abwarten müssen. "Sie sind jedenfalls die richtigen, um unseren Kurs mit jungen Spielern voll mitzutragen", gibt sich der Präsident der Spielvereinigung Unterhaching überzeugt.

© SZ vom 07.01.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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