Süddeutsche Zeitung

SPD-Vorstoß zu Windbürgergeld:Bezahlte Akzeptanz

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SPD-Politiker begrüßen die Idee ihrer Partei, Anlieger von Windkraftanlagen finanziell zu entschädigen.

Von Bernhard Lohr, Landkreis

Die SPD im Landkreis München begrüßt Überlegungen auf Bundesebene, mit finanziellen Anreizen die Akzeptanz für den Ausbau der Windkraft zu erhöhen. Die stellvertretende Landrätin und stellvertretende Unterbezirksvorsitzende Annette Ganssmüller-Maluche sagt, es sei politisch das oberste Gebot, die Energiewende voranzubringen. Aus diesem Grund handle die Politik richtig, wenn sie Wege aufzeige, wie Blockaden überwunden werden könnten.

Das ist gerade auch im Landkreis ein großes Thema: In Brunnthal gingen zuletzt mehr als 100 Windkraft-Gegner auf die Straße, um mit Fackeln in den Händen gegen vier Windrädern im Hofoldinger Forst zu protestieren.

Der auch lautstark zum Ausdruck gebrachte Widerstand hat im Landkreis erstmals offen deutlich gemacht, dass trotz der drohenden Klimakrise die Windkraft bei vielen sehr kritisch gesehen wird. Die SPD will nun Bürger belohnen, wenn sie Windräder in ihrer Nachbarschaft dulden und hat ein so genanntes "Windbürgergeld" in die Diskussion gebracht. In einer Bund-Länder-Arbeitsgruppe werden Konzepte geprüft. Im Gespräch ist, betroffenen Anwohnern direkt Geld zukommen zu lassen oder Kommunen am Umsatz von Windparks zu beteiligen. Eine Einigung ist laut SPD-Spitze für das erste Quartal 2020 geplant. Vorbild für die jetzt diskutierten Schritte ist ein Beteiligungsgesetz, das bereits 2016 in Mecklenburg-Vorpommern verabschiedet wurde und das vorsieht, dass Investoren und Projektträger Kommunen und deren Bewohnern im Fünf-Kilometer-Umkreis von Windparks 20 Prozent der Gesellschafteranteile zum Kauf anbieten müssen. Die Kommunen sind dann an den Erträgen beteiligt. Alternativ können sie Ausgleichsabgaben erheben.

Arbeitsgemeinschaften im Landkreis

Bereits jetzt gehen Überlegungen im Landkreis München in dieselbe Richtung. Sowohl für die bisher anvisierten Windkraftanlagen im Hofoldinger Forst als auch für die im Höhenkirchner Forst haben sich Gemeinden mit dem Landkreis in Arbeitsgemeinschaften (Arge) zusammengeschlossen, um die Planungshoheit zu sichern und auch eine Bürgerbeteiligung zu garantieren. Die Einrichtung von Bürger-Windkraftanlagen, bei denen sich Privatpersonen einbringen können, wird propagiert. Ähnlich zu dem, was jetzt auch auf Bundesebene bei der SPD Thema ist. Der SPD-Unterbezirksvorsitzende Florian Schardt hält das Windbürgergeld und andere Beteiligungsmodelle ausdrücklich für den richtigen Weg. "Ich stehe der Idee aufgeschlossen gegenüber", sagt er.

Chancen und Lasten müssten beim Ausbau der erneuerbaren Energien fair verteilt sein. "Wenn E-Autos saubere Luft in die Städte und Windräder aufs Land bringen, braucht es einen Lastenausgleich, sonst verlieren wir irgendwann die Landbevölkerung. Das Windbürgergeld kann ein kluger Weg sein, das Sankt-Floriansprinzip zu überwinden."

Ganssmüller-Maluche sagt, die SPD-Kreistagsfraktion habe angesichts des Protests in Brunnthal diskutiert, wie die Bürger mitgenommen werden könnten bei den notwendigen Umbrüchen. Die 10-H-Regelung in Bayern müsse fallen, sagt sie, aber es müssten auch Vorbehalte ernst genommen werden. Wenn die Leute nur noch erlebten, wie ihr Grün beschnitten werde, aber der Nutzen nicht erkennbar sei, "dann ist der Klimaschutz weit weg".

Mindy Konwitschny, SPD-Vorsitzende im Ortsverein Höhenkirchen-Siegertsbrunn und Brunnthal, sagt, der Ausbau der Windkraft sei wichtig, aber: "Natürlich muss man das immer in Zusammenarbeit mit den Bürgern machen."

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Quelle:
SZ vom 03.01.2020
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