SPD München-Land:Das neue rote Wir-Gefühl

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Kandidatenquartett beim SPD Sommerstammtisch: Arno Helfrich, Sabine Schmierl, Christine Himmelberg und Florian Schardt (von links). (Foto: Claus Schunk)

Beim Stammtisch der Sozialdemokraten treten die designierten Landtags- und Bezirkstagskandidaten erstmals gemeinsam auf. Die Resonanz ist trotz tropischer Temperaturen groß.

Von Stefan Galler, Neubiberg

Die Lokalmatadorin ist natürlich auch da, Natascha Kohnen, ehemalige Chefin der Bayern-SPD und scheidende Landtagsabgeordnete, wohnt schließlich in Neubiberg und hat es nicht weit zur Gaststätte "Die 2" in der Hauptstraße. Dorthin hat am Donnerstagabend Florian Schardt eingeladen, der Vorsitzende des SPD-Unterbezirks München-Land. Und etwa 50 Sozialdemokraten und Parteianhänger aus dem ganzen Landkreis sind gekommen - trotz der Hitze, die sich wie ein Glocke über den eingewachsenen Biergarten legt.

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Putzbrunns Bürgermeister Edwin Klostermeier ist ebenso dabei wie die früheren Rathauschefs Erwin Knapek (Unterhaching) und Heinrich Hofmann (Planegg). Ingrid Lenz-Aktas, langjährige SPD-Fraktionsvorsitzende im Kreistag, reiste aus Aschheim an, die stellvertretende Kreisvorsitzende Sabine Fister aus Unterföhring und Schriftführer Florian Spirkl aus Oberschleißheim. Und auch Joachim Krause, Dritter Bürgermeister von Garching, sowie Stefan Keck, Zweiter Bürgermeister von Kirchheim, sind da. Es ist ein lockeres Zusammenkommen, allerdings auch mit einem durchaus relevanten Aufhänger: Erstmals treten die vier designierten Landtags- und Bezirkskandidaten der SPD für die Wahl im Herbst 2023 in den Stimmkreisen München-Land Süd und Nord, die im September offiziell gekürt werden sollen, gemeinsam auf.

Alle vier Kandidaten wollen im Wahlkampf vor allem auf soziale Themen setzen

Die Taufkirchnerin Christine Himmelberg und der Ottobrunner Florian Schardt wollen in den Landtag, Sabine Schmierl aus Unterhaching und Arno Helfrich aus Ismaning in den Bezirkstag. Was alle vier vereint, sind die sozialen Themen, die sie sich für den anstehenden Wahlkampf auf die Fahnen geschrieben haben. Und sie wollen als Einheit punkten, schließlich bewerben sich alle vier erstmals für ein solches Mandat. "Wir versuchen es als rotes Quartett", sagt Arno Helfrich.

Arno Helfrich aus Ismaning wird im Stimmkreis München-Land Süd für den Bezirkstag kandidieren. (Foto: Claus Schunk)

Der 62-jährige Kriminalhauptkommissar ist seit 2003 Leiter des Kommissariats für Prävention und Opferschutz bei der Münchner Polizei, seit 2007 SPD-Mitglied, seit 2014 Gemeinderat und seit 2017 Ortsvereinsvorsitzender in Ismaning. Er wolle sich beim Kampf um das Bezirkstagsmandat im Stimmkreis Süd vor allem dafür stark machen, Senioren und Pflegebedürftige vor Straftaten zu schützen. "Es gibt Gewalt in der Pflege, das will zwar keiner hören und es bleibt alleine schon deshalb unter der Decke, weil die Pflegebedürftigen oftmals gar nicht in der Lage dazu sind, darüber zu sprechen", sagt Helfrich und verweist auf die angezeigten Fälle von häuslicher Gewalt in München und dem Landkreis: "3000 solcher Fälle sind bekannt, wir gehen davon aus, dass die Dunkelziffer ungefähr den Faktor sechs hat. Und bei Gewalt in der Pflege dürfte diese Dunkelziffer noch um ein Vielfaches höher sein."

Sabine Schmierl will im Stimmkreis München-Land Nord für den Bezirkstag kandidieren. (Foto: Claus Schunk)

Im Norden möchte Sabine Schmierl einen Sitz im Bezirkstag erstreiten, die 48-Jährige freut sich nach eigenen Worten auf die Kandidatur, weil sie viel Rückendeckung erfahre, gerade durch den Ortsverein Unterhaching, dem sie seit 2017 vorsteht. Die gebürtige Münchnerin gibt als ihre Fachbereiche Digitalisierung, Schule und vor allem Pflege an. "Ich habe selbst einen pflegebedürftigen Vater und einen 16-jährigen Sohn am Lise-Meitner-Gymnasium." Dementsprechend wisse sie, wo auf diesen Feldern der Schuh drückt. Wichtig sei in der Politik, dass man gut vernetzt ist, so die gelernte Sozialversicherungsfachangestellte, die aktuell die Software von Betriebskrankenkassen verantwortet. Sie selbst ist Elternbeirätin, Gemeinderätin und tief in ihrer Kommune verwurzelt, etwa auch als Fan des Fußballklubs Spielvereinigung Unterhaching.

SPD-Kreisvorsitzender Florian Schardt aus Ottobrunn tritt im Stimmkreis München-Land Nord im Wettbewerb um das Direktmandat im Landtag an. (Foto: Claus Schunk)

Dort ist auch Florian Schardt Mitglied, der 40 Jahre alte SPD-Kreisvorsitzende will das frühere Mandat von Peter Paul Gantzer für die Sozialdemokraten zurückerobern, hat zu diesem Zweck die Bürgersprechstunde des früheren Landtagsabgeordneten aus Haar wiederbelebt und steht den Menschen jeden Montagvormittag telefonisch und online zur Verfügung. Seine Botschaft für den Wahlkampf: "Soziale Politik braucht wirtschaftlichen Sachverstand", sagt der Unternehmer und dreifache Vater, der in seiner Kampagne die Forderung von kompetenter Betreuung der Kinder in den Mittelpunkt stellen will. Er setzt sich für gerechtere Bezahlung von Grund-und Mittelschullehrern ein und erinnert an das "Damoklesschwert, dass es ab 2026 einen gesetzlichen Anspruch auf Ganztagesbetreuung geben wird". Dieser sei "nicht mal im Ansatz" zu decken. Aber auch die "grundfalsche bayerische Energiepolitik" kritisiert er und zählt das Aufzeigen "neuer kreativer Wege in der Wirtschaft" zu den Eckpfeilern seiner Politik.

Christine Himmelberg aus Taufkirchen soll im Stimmkreis München-Land Süd für die SPD das Direktmandat im Landtag holen. (Foto: Claus Schunk)

Die Jüngste aus der neuen SPD-Kandidatengruppe ist Christine Himmelberg, 33, seit 2017 Vorsitzende der SPD Taufkirchen. Sie arbeitet in der Agenturbranche, wird dort immer wieder mit psychischen Problemen von Kolleginnen und Kollegen konfrontiert. Die Zahlen von Burn-outs und anderen mentalen Erkrankungen nehmen auf vielen Berufsfeldern zu - für Himmelberg Grund genug, hier auch politisch anzusetzen, etwa bei der Versorgung der Bevölkerung: In München komme ein Psychiater oder eine Psychiaterin auf 60 000 Menschen, das sei einfach zu wenig. Dass immer mehr junge Leute von Depressionen geplagt würden, liege nicht nur an Corona: "Die Fälle sind sogar zurückgegangen, weil es wegen des Unterrichtsausfalls weniger Mobbing gab", sagt Himmelberg. Auch für Rechte der Arbeitnehmer will sie sich einsetzen, Forderungen nach einer 42-Stunden-Woche seien nichts anderes als "eine Gehaltskürzung für viele Teilzeitkräfte" und das Home-Office müsse weiterhin unterstützt werden, auch weil es den positiven Nebeneffekt habe, den ÖPNV zu entlasten, findet sie.

Und so deckt das rote Quartett zahlreiche sozialpolitische Themenfelder ab. "Wir haben uns abgesprochen und die Themen auch je nach Kompetenzen unter uns aufgeteilt", sagt Arno Helfrich. "Wir versuchen es bei der Wahl als Team und ich denke, wir haben gute Chancen." Im September 2023 weiß man mehr.

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