SPD:Brüder im Geiste

Haar, Kleines Theater, SPD verabschiedet Peter Paul Gantzer, als Ehrengast kam Otto Schily,

Ehrengast und Geehrter: Otto Schily (links) hielt die Laudatio auf Peter Paul Gantzer, der bei der Feier in Haar mit der Georg-von Vollmar-Medaille ausgezeichnet wurde.

(Foto: Angelika Bardehle)

Die Sozialdemokraten im Landkreis verabschiedet den langjährigen Landtagsabgeordneten Peter Paul Gantzer mit einer Feierstunde in seinem Heimatort Haar. Neben anderen langjährigen Weggefährten und einigen Widersachern kommt auch der einstige Innenminister Schily aus Berlin

Von Lars Brunckhorst, Haar

Otto Schily und Peter Paul Gantzer können gewiss gut damit leben, wenn man sie als Brüder im Geiste bezeichnet. Beide, der frühere Bundesinnenminister und der langjährige Landtagsabgeordnete, sind Juristen, beide treten für Recht und Gesetz und einen starken Staat ein und beide gehörten deshalb in ihrer Partei, der SPD, stets zum rechten Flügel. Deshalb verwundert es auch nicht, dass beide auf ihrem gemeinsamen politischen Weg schnell Freunde wurden. Und so bedurfte es auch keines sonderlichen Scharfsinnes, zu erraten, wen die SPD-Kreisvorsitzende Bela Bach meinte, als sie in den Einladungen für den Festabend im Kleinen Theater Haar einen "besonderen Gast" ankündigte, der die Laudatio auf Gantzer halten sollte. Dass es auch für Gantzer, den die SPD mit der Feierstunde für seine 40 Jahre im Landtag ehrte, keine Überraschung wurde, lag daran, dass die beiden älteren Herren vorher miteinander telefoniert hatten.

Es wurde trotzdem ein gelungener Abend für den großen alten Sozialdemokraten, der die Partei im Landkreis wie kein Zweiter über Jahrzehnte geprägt hat. 40 Jahre war der Haarer Abgeordneter gewesen, ehe er zur Wahl im Oktober nicht mehr antrat, und etwa hundert Parteifreunde und Wegbegleiter kamen am Montagabend in das Jugendstiltheater in Haar, um den kürzlich 80 Jahre alt Gewordenen zu ehren. Allen voran Natascha Kohnen, die SPD-Landesvorsitzende aus Neubiberg, die Gantzer über die Politik hinaus freundschaftlich verbunden ist, und die SPD-Kreisvorsitzende Bela Bach, die Gantzer im Namen des Kreisverbands für sein Wirken "von Herzen"dankte. Daneben Bürgermeister wie Haars Gabriele Müller, Grasbrunns Klaus Korneder und Putzbrunns Edwin Klostermeier, Kreisräte wie Ingrid Lenz-Aktas und Johanna Hagn, der ehemalige Bezirksrat Jan Murken und sogar Genossen, mit denen sich Gantzer überworfen hat: etwa Marcel Schaller, der einstige Hoffnungsträger und spätere Dissident des Kreisverbands, sowie Annette Ganssmüller-Maluche, die Gantzer als Landtagskandidatin verhindern wollte und die bei der Wahl mit dem Versuch gescheitert ist, ihn als Abgeordnete zu beerben. Sie ließ Gantzers politisches Leben in einem Bildervortrag Revue passieren, wobei sie mit feiner Ironie und Selbstironie anmerkte: "Ich konnte nicht von allen, über die du dich mal geärgert hast, die Bilder weglassen, sonst wäre ich auch nicht da."

Höhepunkt des Abends aber war zweifellos der Auftritt von Otto Schily, der - sechs Jahre älter als der Jubilar - eigens aus Berlin angereist war und Gantzer die höchste Auszeichnung der bayerischen SPD, die Georg-von-Vollmar-Medaille, überreichte. Beide sind sich seit den frühen Neunzigern als Freunde verbunden. Damals hatte Gantzer dem zur SPD übergelaufenen Ex-Grünen auf Vermittlung von Peter Glotz die Direktkandidatur im Wahlkreis München-Land ermöglicht, vorbereitet in einem Geheimtreffen am Münchner Flughafen - das "einzige Mal", dass er dem Kreisverband gegenüber nicht mit offenen Karten gespielt habe, bekundete Gantzer vor den Parteifreunden am Montagabend und erntete Schmunzeln. Schily bedankte sich dafür in der ihm eigenen unbescheidenen Art mit dem Hinweis, es sei Gantzer zu verdanken gewesen, dass die SPD mit ihm als Innenminister von 1998 bis 2002 einen "hohen Rang" bei der inneren Sicherheit gehabt habe.

Das Eintreten für einen starken Staat verbindet den Rechtsanwalt Schily bis heute mit dem Notar und Oberst der Reserve Gantzer. Und so würdigte Schily seinen einstigen Mitstreiter als "Politiker von herausragenden Qualitäten", der eine "glänzende Bilanz" vorweisen könne, in keine Schublade passe, sich stets seine eigene Meinung bilde und der getreu dem Motto "Politik muss sich um die Menschen kümmern" immer für jeden da gewesen sei.

"Tja", das waren die anschließenden Worte von Gantzer, der sich sichtlich ein paar Tränen verdrückte. "Was soll ich noch sagen? Es ist ja alles wahr." Wieder heiteres Gelächter. Doch Gantzer ließ, sichtlich gerührt und geehrt durch den Besuch und die Worte seines Weggefährten, auch einen Hauch Bescheidenheit durchblitzen. "Ich war die Speerspitze, aber ihr der starke Schaft", rief er seinen Parteifreunden zu. Und die dankten es mit warmem Applaus. Ein Vermächtnis will der jahrzehntelange Frontmann der Sozialdemokraten im Landkreis seinen Genossen bewusst nicht hinterlassen. Das sei nicht seine Aufgabe. "Es gibt genug, was zu tun ist." Als Beispiele nannte er den Klimawandel, eine Bodenrechtsreform, das Schließen der Schere zwischen Arm und Reich. "Die SPD wäre die Partei, die das alles in den Griff kriegen könnte." Das klang dann doch fast wie ein Vermächtnis.

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