Grenznah betrachtet:Anbau heizt Altbau

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Ein Professor für Energietechnik hat sein Eigenheim zu einem Vorzeigeprojekt in Sachen Umweltfreundlichkeit gemacht.

Von Annette Jäger

Der Gstaller Weg 38 in Lochham, direkt an der Stadtgrenze, ist eine besondere Adresse. Spaziergängern fällt sofort der eigenartige weiße Wohnturm am Straßenrand auf. "Energie von der Sonne" steht darauf in großen schwarzen Lettern. Besonders ist vor allem das eigenartig steile, lang heruntergezogene Dach. Wer vorbeikommt und den Hausherrn im Garten sieht, darf ihn ruhig ansprechen, was es mit dem Anbau auf sich hat, der kein wirklicher Turm ist. Gerhard Mengedoht fordert sogar ausdrücklich dazu auf. Denn er will zeigen, dass das geht: Energiesparen und Spaß dabei haben.

Der Ingenieur ist Spezialist in Sachen Energietechnik und lehrt an der Hochschule Ulm solares Bauen - Bauen unter Ausnutzung der Sonnenenergie.

Mengedoht ist leidenschaftlicher Energiesparer und ein ebensolcher Atomkraftgegner, wie er von sich sagt. In seinem Privathaus in Lochham praktiziere er seine "persönliche Energiewende". Das Prinzip ist so simpel wie bestechend: Das eigentliche, hinter dem Anbau liegende Wohnhaus, liegt größtenteils im Schatten - solares Bauen war also nicht möglich, als er das Haus 2010 kaufte. Stattdessen konstruierte er den Turm in der prallen Sonne direkt daneben; dessen Hauptaufgabe ist es, das Wohnhaus mit Energie zu versorgen. Büro- und Wohnräume haben darin aber auch noch Platz. Auf dem extra lang gezogenen Dach haben 33 Quadratmeter Sonnenkollektoren Platz und eine 17 Quadratmeter große Photovoltaikanlage.

Der Anbau, der gerade mal 39 Quadratmeter Grundfläche umfasst, ist quasi der Wärme- und Stromlieferant für den Altbau. Mit diesem Nahwärmesystem kann Mengedoht den Gasverbrauch um die Hälfte reduzieren. "So eine Einsparung hätte ich durch Dämmung nie erreicht." Durch das steile Dach kann auch im Winter, wenn die Sonne tief steht, Wärme erzeugt werden. Und jetzt kommt der Spaß an der Sache: Hinter dem Turm liegt ein Schwimmteich. Mit der überschüssigen Wärme, die das Dach auffängt, heizt Mengedoht den Teich mithilfe eines Speichers an kühleren Tagen. Welch ein Luxus, räumt der Professor ein. Aber: "Energiewende muss sexy sein" - sonst mache keiner mit. Für sein Pilotprojekt hat Mengedoht 2014 den Energiepreis des Landkreises erhalten. Er wünscht sich viele Nachahmer; das System sei einfach und schnell umsetzbar. Für seine Studenten betreibt er eigens eine Website ( www.sonnenhaus-graefelfing.de), damit diese sehen, wie man mit einem "pfiffigen Konzept" Solarenergie nutzen und den Energieverbrauch senken kann. jae

© SZ vom 01.09.2017 /  jae - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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