Süddeutsche Zeitung

Sicherheit im Netz:Die Maschen im Netz

IT-Experte Cem Karakaya klärt in Höhenkirchen unterhaltsam über Internetkriminalität auf

Von Anika Stiller, Höhenkirchen-Siegertsbrunn

"Hi, ich heiße Jaqueline, bin zwölf Jahre alt, spiele gerne mit Barbies, finde Justin Bieber sexy." So stellt sich Cem Karakaya am Freitagabend bei seinem Vortrag im Gutsgasthof in Höhenkirchen-Siegertsbrunn den Gästen vor. Dann lenkt er ein: "Sie glauben mir natürlich nicht, weil Sie mich sehen, mich hören, mich wahrnehmen können. Diese Möglichkeit haben wir im Internet leider nicht immer." Den Risiken und Gefahren, die online durch anonyme Verbrecher auf jeden lauern können, widmet sich der Experte für Internetkriminalität an diesem Abend auf sehr unterhaltsame, ja kabarettistische Weise. In seinem Vortrag "Der Gläserne Mensch - neue Medien, neue Gefahren?" spricht er über Medienkompetenz und die Maschen der Internetgauner.

Der gebürtige Türke arbeitete in seiner früheren Heimat für Interpol und ist seit 2008 für die Münchener Polizei als Spezialist für Internetkriminalität tätig. In seinem Vortrag in Höhenkirchen warnt er vor einem zu großen Stellenwert des Handys im Leben. Er selbst schalte am Wochenende sein Smartphone komplett aus. Auch vor kostenlosen Apps warnt der Polizist: "Sind wir wirklich so naiv zu denken, irgendetwas sei tatsächlich umsonst?" Ziel kostenloser Apps sei das Sammeln von Daten. Karakayas Rat: Wir sollten lieber nicht alles über uns preiszugeben. Edward Snowden habe alles geopfert, um uns vor Datenfischerei zu warnen. Doch hätten wir auf ihn gehört und angefangen, E-Mails zu verschlüsseln? "Die menschliche Gemütlichkeit und Faulheit gewinnt immer", lautet die Erkenntnis des Internetexperten. Das gelte natürlich und insbesondere auch für Kinder. An Eltern appelliert er daher, dem Nachwuchs den richtigen Umgang mit den neuen Medien beizubringen. "Wir müssen unseren Kindern erklären, was Privatsphäre ist." Von Smartphones für Kinder unter 16 rät er ab.

Karakaya klärt an diesem Abend auf über die Machenschaften des Spear-Phishings, des Call-ID-Spoofings und der digitalen Erpressung. Auch bei Interneteinkäufen mahnt er zur Achtsamkeit: "Es gibt derzeit dreifach mehr Fake-Shopping-Seiten als richtige." Wer einmal auf die Internet-Verbrecher reingefallen ist, dem könne er häufig auch nicht mehr helfen. Vielleicht nimmt sich mancher Gast die Warnungen des Internetkriminalisten zu Herzen und gibt bei der nächsten Kinoticketreservierung - nach dem Vorbild Karakayas - statt der eigenen Adresse die des nächsten Bordells an.

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Quelle:
SZ vom 05.03.2018
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