Shopping-Tour:Das Sofa für die Elektroqualle

Alles Irdische belastet ihn. Er liebt das Virtuelle. Wie unser Autor, der angeblich Löcher in die Wand bohren kann, einmal ein Sofa kaufen wollte, ohne zuvor ausgemessen zu haben.

Bernd Graff

Ich bin ein Digitalmensch. Der Chef nennt mich Elektroqualle. Was weiß der Mann denn schon!

Ich bin ja nicht deshalb Worldwidewebmensch, weil ich das Netz für die bessere Welt halte, sondern weil es virtuell ist. Virtuell und nicht handfest. Denn das Erdnahe, Verwurzelte - es belastet mich. Keine Angst: Ich funktioniere prima, ich kann Löcher in die Wand bohren.

Elektroqualle! Ein bisschen hat er ja doch recht, der Chef. Menschen wie ich haben nichts im Kühlschrank, aber sie können einer Vorlesung von Julian Nida-Rümelin problemlos folgen.

Das müssen Sie wissen. Nun können Sie ermessen, was es für mich bedeutet, umgezogen zu sein. All meinen Besitz anfassen müssen, wägen, wegschmeißen, verpacken, tragen. Es war furchtbar.

Und da ich mir ja nur gedacht habe, wie meine Möbel aufzustellen sind in der neuen Wohnung, aber eben nicht gemessen, passt mein Sofa nun nicht rein ins Wohnzimmer. Ein neues muss her.

Ich gehe in den Sofa-Fachhandel in der Münchner Innenstadt, sehe unter lauter tollen Sofas sofort eines. Das muss es sein. Die Fachverkäuferin fragt mich, wie groß das Zimmer denn sei, in das mein Sofa hinein soll. Ich weiß es nicht. Ich habe es ja nicht gemessen. Ich will das Sofa.

Die Verkäuferin sagt: 'Nein. Messen Sie erst!' Dann gibt sie mir die Sofa-Maße mit und Stoffproben, um die Bezugfarbe daheim auswählen zu können. Dort stelle ich fest: Das Sofa wäre zwei Zentimeter zu lang.

Ich bitte Sie! Was sind für Menschen wie mich denn zwei Zentimeter? Bedeutungslos. Ich will das Sofa. Ich gehe zurück in den Laden. Ich habe eine Kollegin dabei. Sie sagt: 'Das Sofa ist toll, aber es passt nicht.' Und schlendert weiter. Ich nicht. Ich will mein Sofa. Obwohl es zwei verabscheuungswürdige Zentimeter zu lang ist. Ich weiß nun nicht weiter. Bitte helfen Sie mir! Schreiben Sie mir, was ich tun soll. Bitte eine E-Mail an bernd punkt graff at sueddeutsche punkt de. Keine Briefe, kein Papier! Das belastet mich. Und, ja, ich will es in Rot.

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