Seniorenkonzept:Der Landkreis stärkt die Nachbarschaftshilfen

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Finanzielle und logistische Unterstützung soll Ausbau der haushaltsnahen Dienstleistungen für Senioren ermöglichen

Von Stefan Galler, Landkreis

Vor gut 15 Monaten hatte sich der Sozialausschuss des Landkreises München klar zu den Nachbarschaftshilfen in den Städten und Gemeinden bekannt, indem er einem Verein namens "Dein Nachbar" nach ausgiebiger Debatte eine beantragte Anschubfinanzierung in Höhe von 292 000 Euro versagte. Eine der Begründungen damals: Man wolle nicht zulassen, dass den klassischen Nachbarschaftshilfen durch den Verein "das Wasser abgegraben" werde, wie es Landrat Christoph Göbel (CSU) damals ausdrückte. Der Sozialausschuss beschloss seinerzeit auch, dass sich die ehrenamtliche Seniorenhilfe auch im Landkreis professionalisieren müsse. Einen wichtigen Schritt in diese Richtung ging der Kreistag nun in seiner letzten Sitzung vor der Sommerpause: Die Kreisräte beschlossen einstimmig, den Ausbau haushaltsnaher Dienstleistungen durch die "Arbeitsgemeinschaft Nachbarschaftshilfen" finanziell und strukturell zu fördern.

"Die demografische Veränderung der Gesellschaft ist in vollem Gange. Wir können davon ausgehen, dass die Zahl der Betroffenen in Zukunft stark ansteigen wird", hatte Göbel bereits im vorberatenden Sozialausschuss vor einigen Wochen gesagt. "Wir wollen darauf hinarbeiten, dass möglichst viele Menschen, so lange es geht, in den eigenen vier Wänden wohnen bleiben können." Schließlich würden weiterhin jene Ziele gelten, die im seniorenpolitischen Gesamtkonzept des Landkreises festgeschrieben seien: "Ambulant vor stationär" und "Würdig und erfüllt leben im Alter".

Konkret bedeutet der Beschluss, dass der Landkreis das Defizit der Nachbarschaftshilfen für das Jahr 2019 in Höhe von geschätzt 270 000 Euro übernehmen und weitere 200 000 Euro für das Haushaltsjahr 2020 zu diesem Zweck vorhalten wird. Bis zum Herbst soll zudem der erste Entwurf eines überarbeiteten Förderkonzeptes zum Programm "Betreutes Wohnen zu Hause" vorliegen; hierbei dürfte die vom Landratsamt bereitgestellte Summe von bisher 15 000 Euro jährlich auf etwa das Dreifache ansteigen.

Die Problematik in der täglichen Arbeit der Nachbarschaftshilfen hat wie in vielen anderen Bereichen mit Geld zu tun: Die Qualitätsanforderungen steigen auch in der Betreuung von Senioren ständig, sodass viele ursprünglich klassische Aufgaben der ehrenamtlichen Nachbarschaftshilfen mittlerweile von professionellen Pflegedienstleistern übernommen werden. Aus diesem Grund sei die finanzielle Unterstützung dringend nötig. "Es gibt noch viele offene Fragen in diesem Bereich", so Landrat Göbel. "Steuerrecht, Arbeitsrecht, Verwaltung, Wirtschaftlichkeit. Letztlich muss es eben die öffentliche Hand schultern."

In Abstimmung mit den Städten und Gemeinden will der Landkreis neue regionale Kompetenzzentren schaffen, die betroffenen Bürgern als Anlaufstelle dienen sollen. Diese Zentren sollen nicht in jeder Kommune entstehen, aber angegliedert an die Nachbarschaftshilfen je nach Bedarf in regional vertretbaren Abständen. Darüber hinaus wird der Landkreis den gemeinnützigen Bereich auch im Netz auf neue Beine stellen. So soll ein einheitliches digitales Angebot für alle gemeinnützigen Einrichtungen mit ehrenamtlichen Mitarbeitern geschaffen werden. Bereits seit Längerem arbeitet das Referat Chancengleichheit an einer Plattform, die Lösungsansätze für Fragen wie Helfersuche oder Vermittlung in ein Projekt bereithält und die Anbieter von sozialen Dienstleistungen miteinander vernetzt.

© SZ vom 30.07.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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