Seniorenclub Haar:Alles andere als eine ruhige Kugel

Seniorenclub Haar: Peter Ziegler ist in der Kommunalpolitik aktiv und hat sich bei der Nachbarschaftshilfe eingebracht.

Peter Ziegler ist in der Kommunalpolitik aktiv und hat sich bei der Nachbarschaftshilfe eingebracht.

(Foto: Claus Schunk)

Ob Boccia, Singkreis oder Kaffeenachmittag - unter dem Vorsitz von Peter Ziegler hat sich der Seniorenclub Haarzum Freizeitheim für ältere Menschen entwickelt. Nun gibt der SPD-Gemeinderat sein Amt ab

Von Bernhard Lohr, Haar

Von den Alten lernen. Das könnte gerade in Haar eine gute Idee sein. Denn wer wirklich sehen will, wie man Leben in eine Bude bekommt und Menschen motiviert, sich auch für Neues zu interessieren, der ist in der Alten Schule im Ortszentrum sicher nicht verkehrt. Dort treffen sich Menschen zum Boccia-Spiel, sie klopfen Karten und kommen im offenen Singkreis zusammen. In Runden mit Altbürgermeister Helmut Dworzak proben sie die Konversation in englischer Sprache. Und dazu gibt es natürlich Gastronomie und den obligatorischen Kaffee und Kuchen. Doch auf Kaffeekränzchen lässt sich das Geschehen nicht reduzieren. Auch wenn der Seniorenclub dort residiert.

Nach 20 Jahren als Vorsitzender des Seniorenclubs zieht sich Peter Ziegler, 74, gemeinsam mit seiner Stellvertreterin Helga Stiens im Lauf der ersten Jahreshälfte zurück. Davor hatte er schon zehn Jahre als zweiter Vorsitzender die Geschicke der offenen Einrichtung mit geleitet. Er ist eine Institution wie der Klub selbst, der mit seinen 19 offenen Gruppen und den Räumlichkeiten am Kirchenplatz für viele Ältere in der Gemeinde ein zweites Zuhause darstellt. Die besondere Qualität des Seniorenclubs macht ihm zufolge aus, dass dieser die Eigeninitiative der Besucher wecke. Erst mache einer ein Angebot, wie etwa im Singkreis, und dann gehe es schnell. Von anfänglich vier, fünf Sängern wachse die Gruppe auf 30, 40 an. So sei das beim Bridge, bei der Englisch-Konversation oder beim beliebten Klassik-Nachmittag gelaufen. "Viele können sich nicht vorstellen, dass Senioren für Senioren solch ein Freizeitheim betreiben", sagt Ziegler.

Doch auch wenn es so scheint - ein Selbstläufer ist die Einrichtung nicht, bei der Strukturen oder ein Vorsitzender verzichtbar wären. Deren Ursprünge lassen sich auf den Tag genau nachvollziehen: Berthold Zimmermann, der in Haar damals beim Bundesgrenzschutz in der Kaserne arbeitete, lud für den dritten Advent 1961 zur ersten Kaffeerunde der Senioren ein. Es folgten viele weitere. Es wurden Ausflüge organisiert, bis 1972 die Senioren in der Alten Schule heimisch wurden. Es dauerte dann noch bis 1986, bis auf Anregung von Theresa Heil auch ein Verein gegründet wurde, dem heute satzungsgemäß sieben Gemeinderäte und sieben Aktive aus dem Klub angehören. Aus deren Reihen wird der Vorstand bestimmt.

Dass Ziegler sich in die Pflicht nehmen ließ, erklärt sich in der Rückschau. Sein Werdegang steht für eine Generation von Haarern, die sich seit Jahrzehnten für die Allgemeinheit einsetzen. Theresa Heil gehört dazu, die einst erste Vorsitzende des Seniorenclubs, die auch dem Maria-Stadler-Haus-Verein lange vorstand und zeitweise im Gemeinderat die CSU-Fraktion führte. Peter Ziegler ist SPD-Gemeinderat. Vor seinem politischen Engagement stand sein Einsatz in der Pfarrei St. Bonifatius, in der er in den Siebzigern Faschingsbälle organisierte. 1974 richtete er in der Behelfskirche im Jagdfeld den ersten Basar der Nachbarschaftshilfe aus. 30 D-Mark Umsatz machte man damals. Bei Zieglers letztem Basar wechselten 1999 Waren im Wert von 50 000 D-Mark den Besitzer. Nun tritt Ziegler, der als Sozialpädagoge am Isar-Amper-Klinikum auch beruflich seine Mitmenschen im Blick hatte, kürzer. Vorbei die Zeiten, in denen er mit Suchtkranken auf der Station arbeitete und quasi im Alleingang eine WG für trockene Alkoholiker gründete und betreute. Mit all den Folgen. Wenn jemand rückfällig wurde und zur Flasche griff, musste Ziegler auch spät nachts zum Noteinsatz raus. Er war zwölf Jahre Sozialreferent der Gemeinde, wirkte ehrenamtlich im Jagdfeldausschuss mit und im Arbeitsausschuss der Nachbarschaftshilfe. Im Familienzentrum, das im übrigen seine Frau Brigitte aus der Taufe hob, gab Ziegler als ortsbekannter Nikolaus-Darsteller Kurse für Väter, die Nachhilfe in dieser durchaus Fingerspitzengefühl erfordernden Rolle bedurften. Sein entscheidender Tipp: Macht es aus Liebe zu den Kindern.

Das Alter ist natürlich der entscheidende Grund fürs Aufhöhren. Er habe nicht mehr so viele neue Ideen, sagt der 74-Jährige. Und überhaupt hätten auch die drei Enkel ein Recht auf ihren Opa. Von denen bekommt er beim Fußballspielen heute zu hören: "Opa, du warst auch schon mal besser." Es gehe halt alles langsamer, sagt Ziegler. Dem Seniorenclub bleibt er freilich weiter treu. Jetzt geht er eben noch als Gast hin. Die Nachfolge im Vorsitz ist geregelt. Spruchreif ist das aber noch nicht.

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