Süddeutsche Zeitung

Schwabing: Sexshop für Frauen:Der Laden für die Lust

Kein Plüsch, kein Kitsch, keine Blümchen: "Ladies first", Münchens einziger Erotikshop für Frauen, setzt auf Sachlichkeit. Aus gutem Grund.

Elisa Holz

Sex, natürlich. Jeder tut es und jeder redet drüber, wir leben ja in einer aufgeklärten Gesellschaft. Dass das nicht so ist, erlebt Evelyn Hilse jeden Tag. Seit 16 Jahren betreibt sie den ersten und inzwischen wieder einzigen Erotikshop für Frauen in München. Und jeden Tag kommt mindestens eine Frau in das etwas abseits gelegene Geschäft an der Schwabinger Kurfürstenstraße, die natürlich noch nie in einem "solchen" Laden gewesen ist.

Denn die Hemmschwelle, in einen Sexshop zu gehen, ist gerade bei Frauen nach wie vor sehr hoch, die sichtgeschützte Eingangstür zu "Ladies first" zu öffnen, eine kleine Mutprobe. Man verrät ja mit jedem Kauf etwas über die eigene Person und das Privatleben, hier aber geht es viel mehr noch um das eigene Intimleben, mit dem die meisten eben doch nicht so freizügig hausieren gehen wie die Werbung und manche Medien glauben machen wollen.

Evelyn Hilse, Inhaberin und Gründerin von "Ladies First", kann also nicht einfach nur hinter der Kasse stehen. Sie muss viele ihrer Kundinnen intensiv beraten, sich einfühlen, manchmal auch aufklären. Das Ambiente in "Ladies first" ist im besten Sinne sachlich. Kein Plüsch, keine Blümchen, kein Kitsch.

Die Räume sind hell, der Laden übersichtlich: ein Regal mit Vibratoren und Dildos, ein Regal mit Literatur und Ratgebern, eine kleine "Bondage-Ecke", ein paar Stangen mit außergewöhnlicher Wäsche, erotische Brettspiele und Produkte für "erotische Wellness" wie essbare Körperfarbe, diverse Öle oder Gels, die ausweislich der Verpackung nach "Choco chilli" oder "Tangerine lime" schmecken.

Hilse selbst ist ein offener, sportlicher Typ in Jeans und Turnschuhen, das Gegenteil des Klischees der blond-toupierten Sexverkäuferin. "Früher habe ich immer gedacht, ich muss mich schick machen, aber es geht auch so", sagt die 46-Jährige, die ursprünglich Industriekauffrau bei der Modefirma Bogner gelernt hat und dort auch 14 Jahre lang in verschiedenen Bereichen arbeitet.

Männer dürfen nur am "Partnertag" und in Begleitung einer Frau kommen

Bis sie eines Tages selbst in einen der üblichen Sex-Shops ging. "Sex-Supermärkte", sagt Hilse. Die Anwesenheit von Männern und Bilder von Frauen auf den Verpackungen und Videos in den üblichen Posen mit fußballgroßen Brüsten erzeugten ihr Unwohlsein. Ein für sie unschönes Erlebnis und die Initialzündung einer Geschäftsidee, die Hilse als erste und bislang auch einzige zum Erfolg geführt hat. Die Erotikkonzern "Beate Uhse" beispielsweise eröffnete 2004 auch Erotikshops für Frauen, die meisten haben inzwischen wieder geschlossen.

"Ladies First" gibt es immer noch - auch dank des Einsatzes der Inhaberin, die sechs Tage die Woche im Laden steht und viele Jahre auf Urlaub verzichtet hat. Das Geschäft ist nicht einfach. "Aber es ist mein Baby gewesen", sagt Hilse, die nach wie vor felsenfest von ihrem Konzept überzeugt ist. Es ist schließlich kein Geheimnis, dass Männer und Frauen Sexualität unterschiedlich erleben.

Folglich unterscheidet sich auch das Einkaufsverhalten bei erotischem Spielzeug. "Frauen geht es vorrangig um Ästhetik und auch Fantasie spielt eine sehr große Rolle", weiß die Münchnerin, nach 16 Jahren im Geschäft eine profunde Kennerin ihres Fachs. Egal ob 18 oder 80, ob hetero- oder homosexuell - ihre Kundinnen seien bislang gut beraten gewesen. "Ich habe 100 Prozent positives Feedback", berichtet Hilse.

Ihren Kundinnen zuliebe hat sie sogar ihr ehernes Prinzip aufgeweicht. Am "Partnertag" können seit einiger Zeit sogar Männer ins "Ladies First" kommen - aber nur einmal die Woche und nur in Begleitung einer Frau.

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Quelle:
SZ vom 17.11.2010/isa
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