Unterhaching:Schmähplakat gegen Roth und Özdemir

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"Wie kann man so ein Plakat aufhängen mit Leuten, die bedroht werden?", fragt sich die Grünen-Ortsvorsitzende und Landtagsabgeordnete Claudia Köhler. (Foto: Sebastian Gabriel)

Nach den Morddrohungen entdecken die Grünen in einem Geschäft in Unterhaching ein geschmackloses Poster mit den Konterfeis ihrer Spitzenpolitiker. Der Ladeninhaber spricht von einem "Schmarrn".

Von Iris Hilberth, Unterhaching

Nachdem am Wochenende Morddrohungen von Rechtsextremen gegen die Grünen-Politiker Cem Özdemir und Claudia Roth bekannt geworden sind, zeigen sich die Grünen im Landkreis München entsetzt über ein Plakat, das in Unterhaching hängt. "Kondome hätten Deutschland retten können", steht in großen Lettern auf dem Poster mit Fotos von bekannten Grünen wie Özdemir, Roth und dem Fraktionsvorsitzenden im Bundestag, Toni Hofreiter aus Sauerlach. "Wie kann man so ein Plakat aufhängen mit Leuten, die bedroht werden?", fragt sich die Grünen-Ortsvorsitzende und Landtagsabgeordnete Claudia Köhler.

Von einem "Schmarrn" spricht Peter Ruppert, in dessen Geschäft für Fotokopien das Poster hängt. Ein halbes Jahr lang habe sich keiner daran gestört, sagt er. Ein Kunde habe es mitgebracht, beschwert habe sich bis diese Woche niemand, die meisten hätten darüber gelacht. Die Grünen waren erst diesen Montag auf das Plakat aufmerksam geworden. Nach deren Kritik hängte Ruppert das Plakat am Dienstag vorübergehend ab, nach Rücksprache mit einem Anwalt brachte er es im Laufe des Nachmittags aber wieder an. "Das ist Satire", findet der Ladeninhaber.

Grünen-Kreisvorsitzender Volker Leib, der zugleich das Büro von Toni Hofreiter in München leitet, sagt dazu: "Inhaltlich ist das zwar nicht strafbar, aber unter der Gürtellinie." Hofreiter werde daher nichts dagegen unternehmen. In Berlin würden Politiker häufig mit Derartigem konfrontiert. Gleichwohl findet der Grünen-Kreisvorsitzende das Plakat ein "Unding". Angesichts der Verrohung der Gesellschaft seien solche Statements nicht tolerierbar. Sie gefährdeten den sozialen Zusammenhang. "Vielleicht findet das mancher kurz witzig, aber es gehört sich nicht."

Köhler ist der Ansicht: "Wir brauchen mehr Menschen, die die Demokratie verteidigen oder demokratische Verantwortung übernehmen, die sich inhaltlich mit den Themen auseinandersetzen und Kritik thematisch äußern, aber nicht solch eine Hetze verbreiten." Mit Meinungsfreiheit könne man in diesem Fall nicht mehr argumentieren.

Das Motiv kursiert in rechten Foren im Internet

Ladeninhaber Peter Ruppert versteht die Aufregung nicht: "Irgendwann kann man ja auch den Bogen überspannen." Zu den aktuellen Morddrohungen gegen Roth und Özdemir gebe es keine Verbindung, zumal dem Poster anzusehen sei, dass es nicht mehr ganz frisch ist. Tatsächlich kursiert das Motiv seit Monaten im Internet, etwa in rechten Foren. Ruppert weiß nach eigenen Worten nicht, wo es herkommt. "Politisch bin ich völlig neutral", betont er.

Nur auf die Grünen ist er nicht gut zu sprechen. Jetzt erst recht nicht mehr. "Die haben im Ort schon genug Porzellan zerdeppert", findet er und verweist auf den jüngsten Antrag der Grünen im Gemeinderat, in Unterhaching den Klimanotstand auszurufen. In der öffentlichen Empörung sieht er einen Angriff auf sein Geschäft zu Wahlkampfzwecken. Ein Schatten fällt derweil auch auf Rupperts Sohn Sebastian, der für die SPD im Unterhachinger Gemeinderat sitzt. Dass dieser das Poster in dem Geschäft seines Vaters toleriere, in dem er angestellt ist, findet Claudia Köhler unbegreiflich. Sebastian Ruppert sagt dazu: "Ich habe damit nichts zu tun. Das ist das Geschäft meines Vaters, da mische ich mich nicht ein. Jeder weiß, wir sind politisch völlig unterschiedlicher Meinung." Peter Ruppert ist bei der Bayernpartei.

Ärger droht diesem unterdessen nicht nur von den Grünen, sondern auch vom Wort-und-Bild-Verlag in Baierbrunn. Denn auf dem Plakat ist das Logo der Apotheken Umschau zu sehen. Bei dem Verlag, der die Zeitschrift herausgibt, wusste man bis Dienstag nichts von der Verwendung des roten Schriftzugs mit dem Apotheken-A. "Wir werden sofort Kontakt zu dem Ladenbesitzer aufnehmen und ihn zur Entfernung des Plakats auffordern", sagte Verlagssprecherin Katharina Neff-Neudert der SZ. Zudem werde man sehr genau prüfen, wie der Verlag gegen die weitere Verbreitung des Plakats vorgehen könne. Es sei nicht das erste Mal, dass das Logo missbräuchlich verwendet werde.

© SZ vom 06.11.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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