Süddeutsche Zeitung

Protest:Schlachthof-Pläne spalten Aschheim

  • In Aschheim soll ein Schlachthof angesiedelt werden.
  • Bürgermeister Thomas Glashauser steht hinter den Plänen und spricht von Münchner Metzgern, die umzögen. Bei der Stadt München weiß man davon allerdings nichts.
  • Kritiker fürchten Geruchsbelästigung, Verkehr und Imageverlust.
  • Der Hauptinvestor spricht von Anfeindungen und "Lügen".

Von Bernhard Lohr, Aschheim

Aschheims Bürgermeister Thomas Glashauser (CSU) hat sich am Montag hinter Pläne von Investoren gestellt, in der Gemeinde einen Schlachthof anzusiedeln. Einen großen Pluspunkt sieht er darin, dass kein anonymer Konzern hinter dem Vorhaben stehe, wie viele befürchteten. Vielmehr würden Handwerksbetriebe direkt vom Münchner Schlachthof raus ins Umland kommen, sagte Glashauser.

Diese würden direkt finanziell einsteigen oder als Mieter das Projekt tragen. Glashauser äußerte Sympathie für ein Ratsbegehren, um den Kritikern Paroli bieten zu können. Diese sammeln schon Unterschriften gegen den "Mega-Schlachthof".

Das Thema polarisiert. Nicht nur, dass Tierschützer Protest anmeldeten, kaum dass Glashauser auf einer Bürgerversammlung die Pläne bekannt gegeben hatte. Mittlerweile spaltet das Vorhaben die Gemeinde. Viel ist von Geruchsbelästigung, Verkehr und Imageverlust die Rede. Die Regierung von Oberbayern bestätigte, dass am Montag der Antrag der Nachbargemeinde Kirchheim eingegangen sei, in einem Raumordnungsverfahren die überörtlichen Folgen des Schlachthofs zu prüfen. Das Erholungsgelände Heimstettener See liegt gleich nebenan, einige hundert Meter weiter ist ein Wohngebiet.

Der Investor spricht von offenen Anfeindungen

Auch bei dem in Nordrhein-Westfalen ansässigen Hauptinvestor sind die Wellen der Empörung angekommen. Die Opus Munich GmbH soll den Schlachthof errichten. Dahinter steht der Fleischhändler Oppenheim aus Stadtlohn im Münsterland. Ein Sprecher des Unternehmens, Gerd Janssen, gibt sich dünnhäutig, spricht offen Anfeindungen an und kritisiert, es würden "Lügen" verbreitet. Es komme kein Großkonzern aus dem Norden, à la Tönnies. Vielmehr werde praktisch der Münchner Schlachthof nach Aschheim verlegt. Alle 17 Metzger, mit denen man über eine Kooperation rede, kämen von dort.

Das deckt sich mit der Argumentationslinie von Bürgermeister Glashauser, der bestätigt, dass zumindest mit einigen Metzgern schriftliche Vereinbarungen getroffen worden seien. Er erwartet eine Stärkung der regionalen Wirtschaft, wenn Handwerksbetriebe in dem Schlachthof eine Heimat bekämen. Von Seiten der Münchner Metzger war dazu am Montag keine Aussage zu bekommen. Bei der Stadt ist nicht bekannt, dass der Schlachthof an der Zenettistraße vor dem Aus stehen könnte. Niemand habe wegen einer Aufhebung oder Verkürzung der Erbpachtverträge angefragt, heißt es aus dem Kreisverwaltungsreferat. Die Verträge liefen mindestens noch bis ins nächste Jahrzehnt hinein.

Dennoch peilt Glashauser fest an, dass der nach Darstellung des Investors "modernste Schlachthof von ganz Deutschland" bis zum Jahr 2018 neben dem XXXLutz-Möbelhaus und dem Frachtzentrum in Aschheim steht und in Betrieb geht. Die Gemeinde habe mehrere Optionen gehabt, was für ein Gewerbe sich auf dem elf Hektar großen Areal hätte ansiedeln können, sagte er. Ein Logistikunternehmen sei ausgeschieden, weil deutlich mehr Verkehr zu erwarten gewesen wäre.

Glashauser rechnet mit 250 Millionen Euro Umsatz

Für den Gemeinderat sei ein "wichtiger Grund" gewesen, dass Betriebe aus der Region nach Aschheim geholt würden, die auch ihren Firmensitz dorthin verlegten. 300 Arbeitsplätze würden entstehen, ein Drittel davon in Büros, zwei Drittel in Schlachtung und Produktion. 250 Millionen Euro Umsatz solle das Fleischhandelszentrum im Jahr erwirtschaften, sagte Glashauser. Da bleibe über die Gewerbesteuer auch im Gemeindesäckel "was hängen". Bedenken von Kritikern werde man in den nächsten Monaten "abarbeiten". Jeder streichle gerne Tiere. Mit Schlachten aber wolle "keiner etwas zu tun haben". Den Gegenwind habe er erwartet.

Dabei dient der neue Schlachthof aus Glashausers Sicht dem Tierwohl. Es würden Rinder und Schweine aus Oberbayern geschlachtet. Diesen bleibe die stressige Anfahrt durch die Stadt erspart. Beim Schlachten würden hohe Standards eingehalten. Der Verkehr sei zu bewältigen. Bis zu 30 Lkw würden pro Tag von 4 Uhr bis in die Morgenstunden Tiere anliefern, ausgeliefert werde werktags mit täglich etwa 50 Kleintransportern, um Läden in der Region München anzusteuern. Er setze auf Transparenz, sagte Glashauser. Man werde die Gegner mit ihren Argumenten "ins Leere laufen lassen".

Diese freilich werfen Glashauser vor, ein Jahr lang nicht öffentlich über das Vorhaben diskutiert zu haben. Viel zu lang, finden die Freien Wähler, und kritisieren die Dimension des Schlachthofs: 1500 Schlachttiere am Tag. "Kaum vorstellbar", sagen sie, dass davon keiner etwas mitbekommen soll.

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Quelle:
SZ vom 14.06.2016
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