Schadstoffbelastung:Unterhaching erwägt Tempolimits und Frischluftschneisen

Schadstoffbelastung: Seit drei Monaten lässt die Gemeinde die Luft an Straßen auf Feinstaub und Stickstoffdioxid überprüfen.

Seit drei Monaten lässt die Gemeinde die Luft an Straßen auf Feinstaub und Stickstoffdioxid überprüfen.

(Foto: Claus Schunk)

Die Grenzwerte für Schadstoffe werden an einigen Straßen erreicht oder sogar überschritten. Vor einer Entscheidung sollen weitere Messungen erfolgen.

Von Iris Hilberth, Unterhaching

Ist in Unterhaching zu viel Dreck in der Luft? Zweimal wurden seit Januar die Grenzwerte überschritten, so viel steht nach knapp dreimonatiger Messung an acht Stellen jetzt fest. Aber die Zeitspanne der bisherigen Untersuchung reicht nicht, um diese Frage wirklich zu beantworten. Und so muss der Gemeinderat nun überlegen, ob die Schadstoffbelastung nur hochgerechnet werden soll oder ob es vielleicht doch besser ist, ein ganzes Jahr lang genau nachzumessen. Tatsache ist, dass in Unterhaching genau wie in vielen Nachbarkommunen die Verkehrsbelastung enorm ist. Doch gilt es die Frage zu klären, ob die innerörtlichen Fahrzeugkolonnen und deren Schadstoffausstoß ausreichen, um eine Verkehrsberuhigung zu rechtfertigen.

Die zunächst auf drei Monate angelegte Messung von Stickstoffdioxid und Feinstaub hat bislang ergeben, dass die Grenzwerte an der Ottobrunner Straße und der Leipziger Straße nur knapp unterschritten werden. Zweimal lag man sogar über der festgelegten Marke von 40 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft. Am Dienstag hat sich der Bau- und Umweltausschuss mehrheitlich dafür ausgesprochen, die Messungen auf das gesamte Jahr auszuweiten. Denn nur mit Werten aus zwölf Monaten werden sie offiziell anerkannt. Die endgültige Entscheidung trifft am kommenden Mittwoch der Gemeinderat.

Ganz billig sind solche Messungen nicht. Für die Ermittlung der Zahlen von Januar bis März hat die Gemeinde bereits 35 000 Euro ausgegeben, jetzt würden noch einmal 40 000 Euro hinzukommen. Daher waren auch nicht alle Ausschussmitglieder damit einverstanden, die Gemeindekasse für weitere Messungen noch einmal zu öffnen. Schließlich hatten die Berechnungen, die das Landratsamt in Auftrag gegeben hatte, kürzlich ähnliche Ergebnisse für die Ottobrunner und die Leipziger Straße geliefert, wo nun durchschnittlich 34 beziehungsweise 28 Mikrogramm Stickstoffdioxid gemessen wurden.

Schadstoffbelastung: Viel Verkehr in Unterhaching. Hier die Kreuzung an der Biberger Straße/Leipziger Straße.

Viel Verkehr in Unterhaching. Hier die Kreuzung an der Biberger Straße/Leipziger Straße.

(Foto: Claus Schunk)

Doch würde man allein bei den Hochrechnungen bleiben, wird man nicht herausfinden, wie oft der Grenzwert im Jahr tatsächlich überschritten wird. 18 Mal sind erlaubt. "Die Luftqualität ist ein wichtiges Kriterium, daher sehen wir es als sinnvoll an, das Geld in die Hand zu nehmen", sagte Bauamtsleiter Stefan Lauszat. Auch Bürgermeister Wolfgang Panzer (SPD) sprach sich für die Fortführung der Messungen aus, denn bei Forderung von Maßnahmen für die Luftreinhaltung brauche er eine veritable Datengrundlage. Anders als beim Lärmschutz, bei dem Hochrechnungen relevant sind, erfordert der Immissionsschutz konkrete Messungen.

Individualverkehr unattraktiv machen

Liegen nun Ende des Jahres die Werte vor, könnte es sein, dass die Gemeinde bei entsprechenden Ergebnissen Tempo 30 auf Staats- und Kreisstraßen beantragt oder die Durchgrünung des Gemeindegebiets zu verbessern versucht, um Frischluftschneisen zu schaffen, wie Lauszat sagte. Um Fahrverbote soll es zwar nicht gehen, doch müsse man sich überlegen, wie man den Individualverkehr unattraktiv machen könne. Auch Hans Potschacher von den Grünen sprach sich für eine "ordentliche Grundlage" aus und riet dazu, einen "runden Tisch Verkehr" zu gründen.

Ärger über zu viele Autos gibt es in Unterhaching schon seit mehr als hundert Jahren. Am 2. Juni 1906 schrieb laut dem ehemaligen Heimatpfleger Rudolf Felzmann die Münchner Vorortzeitung: "Die Selbstfahrer rasen durch unser Dorf." Am ärgsten trieben es die Motorzweiräder. "Sobald der Ton einer Sirenenpfeife ertönt, nimmt alles Reißaus." Von Stickstoffdioxid war zwar nicht die Rede. Aber weil beim "Nahen eines Automobils, erkenntlich an der Staubwolke, Fußgänger, Radfahrer und Bauern an den Straßenrand fliehen", habe die Gemeinde 1908 beim Bezirksamt beantragt, die Geschwindigkeit auf zehn Stundenkilometer festzusetzen, berichtet Felzmann im Heimatbuch. Denn das mittlere Tempo eines Pferdefuhrwerks dürfe nicht überschritten werden, war man damals überzeugt. Das Bezirksamt entschied sich dann für Tempo 15.

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