Sauerlach:Streitbarer Pfarrer

Sauerlach: Lorenz Poschenrieder liest auch im Ruhestand noch die Messe, allerdings in Wolfratshausen.

Lorenz Poschenrieder liest auch im Ruhestand noch die Messe, allerdings in Wolfratshausen.

(Foto: Claus Schunk)

Die Gemeinde verabschiedet Lorenz Poschenrieder in den Ruhestand.

Von Michael Morosow, Sauerlach

Im Herzen weich, in der Sache hart - so werden die Sauerlacher Kirchgänger ihren Pfarrer, den Geistlichen Rat Lorenz Poschenrieder, in Erinnerung behalten. Am Sonntag sagte er mit einem Gottesdienst in der St.-Andreas-Kirche "pfia Gott" zu seinen Schäfchen und lud sie anschließend ins Pfarrheim zu Schweinsbraten und Kartoffelsalat ein.

Zwölf Jahre war der bald 70-jährige Pfarrer und Seelsorger nah am Puls der Menschen hier im kleinen Sauerlach, hat für sie Gottesdienste zelebriert, sie getauft, beerdigt und sie am Traualtar vor sich stehen gehabt. Jetzt geht er in den "Ruhestand" - als Ruhestandspfarrer in der Stadtkirche Wolfratshausen, wo er eine Art "Sonntagspfarrer" sein wird. "Eigentlich mache ich in Wolfratshausen nichts anderes als hier", sagt Lorenz Poschenrieder, nur habe er die ganze Organisation nicht mehr zu stemmen. Der Bürokratismus macht auch vor der Diözese nicht Halt und dürfte seine Vorfreude auf das Altenteil ein wenig befördert haben.

Im Herzen weich, in der Sache hart - so kennt auch Bürgermeisterin Barbara Bogner den Geistlichen Rat. Dass der Pfarrer sich durchzusetzen weiß, das stellte sich schnell heraus. Etwa im Zusammenhang mit der Suche nach Räumlichkeiten für den Kindergarten St. Andreas vor neun Jahren habe es "auch mal so richtig zwischen uns geknirscht", berichtete Bogner in ihrer Abschiedsrede. "Als Menschen waren wir uns immer einig, als Amtsträger da waren wir halt manchmal wie Don Camillo und Peppone", sagte die Rathauschefin vor der Festgemeinschaft und erinnerte außerdem an das Engagement des Pfarrers während der Flüchtlingskrise 2015/2016.

Geld für die Renovierung aller drei Kirchen gesammelt

Als lebende Beweise seiner christlicher Nächstenliebe können unter anderem eine Frau aus dem Kosovo und ihr sechsjähriger Sohn angeführt werden, die beide seit 2016 in der Wohnung der früheren Haushälterin des Pfarrers leben. "Der Staat ist für die Sicherheit zuständig, die Humanität bleibt da oft auf der Strecke", fällt Lorenz Poschenrieder zum aktuellen Umgang mit aus ihrer Heimat geflüchteten Menschen ein.

In seine Zeit in Sauerlach fiel unter anderem die Zusammenführung der Pfarrgemeinden Sauerlach, Altkirchen und Arget in einen Pfarrverband sowie die Renovierung aller drei Kirchen, für die der Ruhelose Geld sammelte. Nicht vollendet ist jedoch die von der Diözese versprochene Innenrenovierung der Argeter Kirche, was den scheidenden Pfarrer schon ein wenig traurig stimmt.

Lorenz Poschenrieder, 1948 in Beuerberg geboren, 1976 im Dom zu Freising zum Priester geweiht, war sechs Jahre Kaplan und 24 Jahre Pfarrer in mehreren Orten im Inntal, ehe er 2006 nach Sauerlach kam - und bald zum ersten Mal die Messe beim weithin bekannten St.-Anna-Fest in Staucharting zelebrieren konnte. Dabei habe er bemerkt, dass dort ordentlich gefeiert wird. Wogegen nichts einzuwenden sei, allerdings trete das Kirchliche dadurch in den Hintergrund. Heute wird in Staucharting erst nach dem Gottesdienst die erste Maß ausgeschenkt. Zu allem Ja und Amen zu sagen, war und ist Lorenz Poschenrieders Sache nicht.

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