Bildung:Misstrauen blockiert Gymnasium-Projekt

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Kein Gymnasium in Sicht: Blich auf den geplanten Standort von der Sommerstraße Richtung Osten. (Foto: Claus Schunk)

In den Verhandlungen um das neue Sauerlacher Gymnasium und die Ortsentwicklung offenbaren sich tiefe Gräben zwischen Bürgermeisterin und Investoren. Nun soll Oberhachings Bürgermeister Stefan Schelle vermitteln.

Von Martin Mühlfenzl, Sauerlach

Klaus Widmann bemüht einen Vergleich, der gleich in zweierlei Hinsicht passt. In Oberhaching, sagt der Sauerlacher, stehe bald der Keller der neuen Realschule, während beim Sauerlacher Gymnasium nichts vorangehe. Dafür ist dort freilich bei den Beteiligten die Stimmung im Keller. Gerade auch bei Klaus Widmann, der in Kreuzpullach eine Holzbaufirma betreibt.

Denn er und sein Bruder Johann sind die Investoren, die seit längerem den neuen Ortsteil Sauerlach-Ost und damit auch das 17. staatliche Gymnasium im Landkreis München entwickeln wollen. Das Kultusministerium hat die Schulbauten in Sauerlach und in Oberhaching am selben Tag genehmigt. Und zwar vor ziemlich genau drei Jahren.

Der Vergleich zwischen den beiden Nachbargemeinden Oberhaching und Sauerlach hinkt allerdings an einem entscheidenden Punkt. Beim Bau weiterführender Schulen im Freistaat muss die Heimatgemeinde des neuen Gymnasiums oder der Realschule das Grundstück einbringen. Für Oberhaching stellte das kein Problem dar, hat die Kommune doch in den vergangenen Jahren vorausschauend immer wieder Grundstücke in den eigenen Besitz gebracht; das eher klamme Sauerlach aber verfügt über kein geeignetes Areal in gemeindlichem Besitz und auch nicht über die notwendigen Mittel, ein solches zu erwerben.

Seit der Genehmigung der neuen Schule wird in Sauerlach zudem nicht nur um deren Errichtung gerungen. Es geht vielmehr um die Frage, in welchem Ausmaß der Hauptort mit seinen derzeit etwa 6000 Einwohnern in den kommenden Jahren wachsen soll. Die Brüder Widmann, denen das 15 Hektar große Areal nördlich der Hofoldinger Straße gehört, haben der Gemeinde angeboten, das Gymnasium in Eigenregie zu bauen und an den Freistaat zu vermieten - verbunden mit der Entwicklung von Wohnraum und Gewerbe.

Nach intensiven Debatten, meist unter Ausschluss der Öffentlichkeit, hat der Gemeinderat vor einem Jahr - auch aus Angst vor ungebremstem Wachstum - entschieden, eine rote Linie bei 400 Neubürgern zu ziehen. Doch noch immer stockt das Verfahren, ziehen sich die Gespräche zwischen Bürgermeisterin Barbara Bogner (UBV) und den beiden Investoren hin.

Mittlerweile, so scheint es, sind sie atmosphärisch auf einem Tiefpunkt angelangt. Auf Initiative des Gemeinderats hat es seit Beginn dieses Jahres vier Gesprächsrunden gegeben: Immer mit am Tisch saßen dabei die Investoren, die Rathauschefin sowie Mitglieder der im Gemeinderat vertretenen Fraktionen. Diese neue Konstellation sollte dem Projekt neuen Schub verleihen. Doch nach wie vor gibt es schier unüberbrückbare inhaltliche Differenzen zwischen der Bürgermeisterin und den Brüdern Widmann.

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Weil sich Bürgermeisterin Bogner nicht mit den Investoren einig wird, steht das bereits genehmigte Gymnasium in Sauerlach auf der Kippe. Beide Seiten betonen, dass sie hinter dem Projekt stehen - und geben sich gegenseitig die Schuld, dass nichts vorangeht.

Von Martin Mühlfenzl

"Wir könnten loslegen", sagt Klaus Widmann im Gespräch. "Aber wir brauchen einen Verkehrsplaner und ein Steuerungsbüro. Aber Frau Bogner hat noch nichts davon in die Wege geleitet." Der Sauerlacher bezeichnet die Verhandlungen mit der Rathauschefin als einen "Kampf gegen Windmühlen", obwohl mittlerweile ein überarbeiteter Plan des Stadtplaners Christian Weigl vom Büro Goergens und Miklautz vorliege, den der Gemeinderat akzeptiert habe. Auch der Standort des Gymnasiums sei geklärt, es solle nahe der Wohnbebauung im Zentrum des Areals entstehen.

"Es geht um die ganze Bebauung drum herum", sagt Sauerlachs Bürgermeisterin Barbara Bogner in der Debatte rund um das neue Gymnasium. (Foto: Claus Schunk)

Bürgermeisterin Bogner sagt, die ganze Problematik liege nicht am Gymnasium. "Da gehe ich davon aus, dass jeder dafür ist", so die Rathauschefin. "Es geht um die ganze Bebauung drum herum." Es bestehe etwa nach wie vor kein Konsens darüber, wie dicht bebaut, aber auch über die Frage, in welchen Etappen und in welchem Umgriff gebaut werden soll.

Und genau an dieser Stelle - an der Frage wie viele und welche Bebauungspläne es geben soll - gehen die Darstellungen auseinander und legen dar, wie tief das Misstrauen auf beiden Seiten ist. Bürgermeisterin Bogner sagt, die beiden Investoren wollten einen Bebauungsplan, der alles - also das Gymnasium, Wohnen und Gewerbe auf einen Schlag - beinhalte. Dies bezeichnet Klaus Widmann als "Lüge" und wirft Bogner vor, diese wolle unbedingt drei, oder zumindest zwei Bebauungspläne für jeden der drei Teilbereiche. "Wir haben von Anfang an gesagt, das machen wir nicht. Dafür ist unser Vertrauen zu gering und es ist auch aus technischer Sicht, etwa bei der Planung des Verkehrs, schwierig, das alles zu trennen", so Widmann. Was er sich vorstellen kann, sind zwei Bebauungspläne - einer für das Gymnasium, einer für Wohnen und Gewerbe, die zeitgleich rechtskräftig werden, wenn einer der beiden aktiviert wird.

Nun soll Oberhachings Bürgermeister an den Verhandlungstisch

Bogner entgegnet, die Investoren könnten den Gemeinderat nicht zwingen, einen Bebauungsplan in Kraft treten zu lassen. Aber auch ihr ist anzumerken, dass kaum noch Vertrauen vorhanden ist. "Wir als Gemeinde wollen, dass nicht nur Wohnen und Gewerbe kommt, die Investoren wollen, dass nicht nur das Gymnasium kommt."

Nur wie geht es jetzt weiter? In der jüngsten Verhandlungsrunde hat Investor Johann Widmann verlangt, Oberhachings Bürgermeister Stefan Schelle (CSU) in seiner Funktion als Vorsitzender des Zweckverbands weiterführende Schulen im südlichen Landkreis zur nächsten Sitzung einzuladen. Dem hat Bogner zugestimmt, wie sie selbst bestätigt. Schelle hat auf SZ-Nachfrage ebenfalls mitgeteilt, einer Einladung zu folgen. "Natürlich muss man miteinander reden", so Oberhachings Rathauschef. Allerdings stellt er unmissverständlich klar, dass sich der Zweckverband nicht in die Planungshoheit der Gemeinde Sauerlach einmischen werde. "Das wäre fatal. Das Baurecht und die Frage des Grundstücks sind ganz klar Sache der Gemeinde", sagt Schelle.

Erst wenn alle entscheidenden Fragen wie die der Bauleitplanung, des Standorts, des Raumprogramms und der Dimension des Baukörpers des Gymnasiums geklärt seien, schlage die Stunde des Zweckverbands, sagt Schelle. "Dann plant der Zweckverband die Schule und dann braucht er einen Projektsteuerer." Da in der jüngsten Sitzung des Schulzweckverbands aber keinerlei Mittel dafür eingestellt worden sind und Sauerlachs Bürgermeisterin auch keinen entsprechenden Antrag gestellt hat, ist klar, dass in diesem Jahr in diese Richtung nichts mehr passieren wird. "Es ist richtig, dass der Zweckverband die Planungskosten für 2024 auf Null gesetzt hat. Und dafür bin ich auch dankbar", sagt Schelle - denn so könne der Verband seine ganze Kraft erst einmal auf die Errichtung der Realschule und Fachoberschule auf dem Oberhachinger Schulcampus konzentrieren.

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