Sauerlach:Feuerbestattungen sind beerdigt

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Am Münchner Ostfriedhof erfolgen aktuell in drei von vier Öfen des neuen Krematoriums Feuerbestattungen. (Foto: Alessandra Schellnegger)

Der Gemeinderat legt eine Volte hin und spricht sich gegen ein Krematorium am Ortsrand aus. Die Bürgerinitiative jubelt.

Von Martin Mühlfenzl, Sauerlach

Kurz nachdem Sauerlachs Drittem Bürgermeister Wolfgang Büsch das Wort, das er eigentlich vermeiden wollte, doch noch über die Lippen rutscht, brandet im Sitzungssaal in der Sauerlacher Mehrzweckhalle am Otterloher Feld Applaus auf. "Ich würde alle bitten, dass wir es komplett beerdigen", appellierte der Grüne Büsch am Mikrofon an seine Kollegen im Gemeinderat. Und genau das tat das Gremium dann auch und stoppte am Dienstagabend einstimmig den geplanten Bau eines Krematoriums am östlichen Ortseingang an der Hofoldinger Straße.

Es war eine in mehrfacher Hinsicht denkwürdige Sitzung, nicht nur wegen der etwa 200 Bürgerinnen und Bürger, die den Weg in den Sitzungssaal gefunden und mehrheitlich gegen das Krematorium Stimmung gemacht hatten; sondern auch der Volte wegen, die das Gremium hinlegte. Noch im Oktober hatte der Gemeinderat mit großer Mehrheit einen Aufstellungsbeschluss für das Vorhaben gefasst und damit sein grundsätzliches Einvernehmen erteilt.

Am Dienstagabend aber wurde noch einmal heftige Kritik an dem Projekt eines Unternehmers aus dem Landkreis Eichstätt laut. In der Bürgerfragestunde bemängelten Alexander Eichner und Ralf Sattelberger mangelnde Transparenz, sie hätten lediglich aus der Presse davon erfahren. Vor allem störten sie sich daran, dass das Krematorium in unmittelbarer Nähe des neuen Ortsteils Sauerlach-Ost gebaut werden sollte, wo in den kommenden Jahren das neue Gymnasium, eine Kindertagesstäte und ein Sportplatz entstehen sollen. Und sie wiesen auf die aus ihrer Sicht hohe Feinstaubbelastung durch ein Krematorium hin.

Bürgermeisterin Barbara Bogner (UBV) rechtfertigte die Einreichung des Bauantrags und auch den Beschluss des Gemeinderats als normalen rechtlichen Vorgang. Die Interessenten hätten im Rathaus vorgesprochen, seien auch mehrfach in den Gemeinderat eingeladen worden, wo alle relevanten Fragen hätten gestellt werden können, so die Rathauschefin, und der Gemeinderat habe mehrheitlich gesagt, er könne sich ein Krematorium an dieser Stelle vorstellen. "So ist der Stand der Dinge und die Beschlusslage", so Bogner. Zumindest bis Dienstagabend.

Die Kapazitäten am Münchner Ostfriedhof reichen aus

Denn von Oktober bis November hat in Sauerlach ein Umdenken eingesetzt. Ausschlaggebend war ein Besuch mehrerer Gemeinderäte sowie der Bürgermeisterin im erst im September eröffneten, hochmodernen Krematorium am Münchner Ostfriedhof, den Büsch auf Einladung eines Münchner Stadtratskollegen organisiert hatte. Bei dieser Besichtigung konnten laut Büsch viele Fragen geklärt werden. Ob etwa Menschen abgewiesen würden, die Angehörige dort einäschern wollten. "Es wird nicht abgelehnt", so Büsch.

Drei Öfen seien derzeit im neuen Krematorium am Ostfriedhof in Betrieb, ein vierter könne jederzeit bei Bedarf installiert werden, teilt das Münchner Gesundheitsreferat auf Nachfrage mit. Schon in der Vergangenheit, so das Referat, seien die Kapazitäten ausreichend gewesen, um eine Kremierung auch von Bürgern aus dem Landkries München innerhalb von drei Tagen zu ermöglichen. Das Referat sieht daher "derzeit keinen weiteren Bedarf an zusätzlichen Kapazitäten". Am Ostfriedhof sind mit der neuen Feuerbestattungsanlage bis zu 11 000 Feuerbestattungen im Jahr möglich.

Die Schlussfolgerung des Dritten Bürgermeisters: "Wir sind vollkommen falsch informiert worden." Das Unternehmen aus Eichstätt hatte stets behauptet, es brauche zwingend ein Krematorium im Landkreis München, auch um weite Wege zu vermeiden. Der Sauerlacher Gemeinderat stimmte dementsprechend dafür, seine eigenen Beschlüsse für den Bau eines Krematoriums aufzuheben. Der Bauantrag selbst aber liegt weiterhin beim Landratsamt und wird dort bearbeitet. Dass er positiv beschieden wird, sei aber eher unwahrscheinlich, sagte Sauerlachs Bauamtsleiterin Jeanette Schaffert mit Blick auf den Beschluss. Das Landratsamt werde "das starke Signal" aus Sauerlach berücksichtigen. Die neu gegründete Bürgerinitiative, die in den vergangenen Wochen gegen das Krematorium gekämpft hatte, feierte am Mittwoch, ihr Ziel erreicht zu haben. Dem Antragsteller riet man auf der Homepage: "Gehen Sie nach Hause!"

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