Einem riesigen blauen Kraken gleich liegt der Kran auf der gerodeten Fläche inmitten des Hofoldinger Forstes. Doch der Krake rührt sich nicht, seine weit ausgefahrenen Arme ruhen sanft auf dem Boden. „Der Kran ist heute in der Früh kaputtgegangen“, sagt der Baustellenleiter der Firma Max Bögl, die hier auf Sauerlacher Gemeindegebiet das erste von drei Windrädern im Landkreis München errichtet. Der Techniker sei bereits unterwegs, sagt der Vorarbeiter, der seinen Namen nicht in der Zeitung lesen will. Schon am Nachmittag könne der Bau hoffentlich weitergehen.
An diesem Dienstagvormittag hat der Turm aus Betonteilen bereits eine Höhe von fast 50 Metern erreicht und überragt die Fichten am Rand der Baustelle. Insgesamt 16 Ringe haben die Bauarbeiter bereits aufgetürmt, ein jeder bestehend aus drei Einzelteilen und 2,80 Meter hoch. Der Rumpf des Kolosses ist dunkelgrün angestrichen, auf den ersten paar Metern geht die Farbe dann in hellere Grüntöne über, ehe die Betonteile im Licht der strahlenden Herbstsonne in dem für Windräder so typischen Hellgrau erstrahlen.
Dass der Kran am Morgen den Geist aufgegeben hat, sei kein Problem, sagt der Baustellenleiter: „Wir sind eigentlich sehr gut im Zeitplan – und wir können das.“ Nur wenige Tage benötigen die etwa 15 Arbeiter, bis der Turm aus Beton seine finale Höhe von 87 Meter erreichen wird. Dann ziehen sie auf die nächste Baustelle nur ein paar Hundert Meter weiter südöstlich auf dem Gebiet der Gemeinde Otterfing. Dort lagern bereits die 90 Einzelteile für den nächsten Turm – ein jedes mehr als zehn Tonnen schwer. Steht der zweite Turm müssen die Bauarbeiter mit ihren Containern, dem Equipment und natürlich dem Kran nur die Salzburger Autobahn überqueren; dann steht die Errichtung des dritten Turms auf Ayinger Gemeindegebiet an.
In ganz Europa, erzählt der Vorarbeiter, gebe es nur 40 Modelle dieses Krans. Insgesamt 20 seien auf Baustellen der Firma Max Bögl mit Sitz in Sengenthal in der Oberpfalz im Einsatz. Weltweit hat das Unternehmen eigenen Angaben zufolge bereits weit mehr als 2000 Windräder errichtet. Um das stählerne Ungetüm zu steuern, reicht eine Person aus. Wenn der Ring aus den drei Einzelteilen direkt neben der Fahrerkabine des Krans zusammengebaut worden ist, reckt sich die Hebevorrichtung in die Höhe, hievt den Betonring nach oben und lässt ihn dann langsam auf die Spitze des Turms herab. Zwei Mitarbeiter im Turm führen die beiden obersten Ringe dann millimetergenau wie bei einem Lego-Stecksystem zusammen; verschraubt werden müssen die beiden Elemente nicht, der Turm wird durch sein Eigengewicht von mehreren Tausend Tonnen und Spannseilen im Inneren zusammengehalten.
Anfang Dezember soll auch der dritte Turm auf Ayinger Flur 87 Meter in die Höhe reichen, dann erfolgen nach und nach die Inneneinbauten, die Verlegung der Spannseile. Und bereits von Februar kommenden Jahres an werden schließlich Stahlröhren auf die Betontürme gesetzt, bis die Hybridtürme ihre endgültige Höhe von mehr als 160 Meter erreicht haben. Danach werden die mächtigen Rotoren angeliefert und erst in Sauerlach, dann in Otterfing und schließlich in Aying montiert.
Die zeitlich versetzte Errichtung der Windenergieanlagen habe vor allem logistische Gründe, sagt Martin Sterflinger, der Geschäftsführer der Windenergie Hofoldinger Forst GmbH, unter deren Dach die Rotoren geplant und gebaut werden. Die Sauerlacher werden voraussichtlich im März die Ersten sein, die dabei zusehen können, wie sich die Windräder in einer Höhe von mehr als 250 Metern über dem Hofoldinger Forst drehen.
Die Lage direkt an der Salzburger Autobahn hat den Vorteil, dass die einzelnen Bauteile von den Turmelementen bis zu den Rotoren ohne großen Aufwand angeliefert werden können. Dadurch verkürzt sich laut Sterflinger auch die Bauzeit. „Es gibt Baustellen zum Beispiel in Baden-Württemberg im Schwarzwald, wo es viel komplizierter ist, die Bauteile anzuliefern, weil die Standorte an extremen Hängen liegen.“ Solche Verhältnisse kennen auch die Bauarbeiter im Hofoldinger Forst, die nach den Arbeiten im Wald weiterziehen werden. „Wir sind in ganz Europa unterwegs“, sagt der Bauleiter. „Aber wir wissen noch nicht, wo es danach hingeht.“