Die Hofoldingerinnen und Hofoldinger sind viel Verkehr gewohnt. Durch den kleinen Brunnthaler Ortsteil nahe der Salzburger Autobahn rauschen schon an normalen Tagen Tausende Fahrzeuge, schließlich bilden die Sauerlacher und Faistenhaarer Straße im südöstlichen Landkreis München eine wichtige Ost-West-Tangente. Und wenn es sich auf der A8 plötzlich staut, wird die Verbindungstrasse unvorhersehbar zur allseits beliebten Ausweichroute. Dass an diesem Montag, 2. September, das Verkehrsaufkommen in dem kleinen Ort deutlich ansteigen wird, ist indes schon jetzt klar: Denn dann werden bis zu 200 Betonmischer durch Hofolding brettern – alle auf dem Weg nach Süden.
Die Laster werden dann aber nicht auf dem Weg Richtung Brenner oder Tauerntunnel unterwegs sein, sondern biegen mitten in Hofolding von der Sauerlacher Straße auf den Markweg ab. Und sie haben alle dasselbe Ziel: die etwas mehr als 8000 Quadratmeter große, gerodete Fläche ein paar Kilometer weiter südwestlich auf der anderen Seite der Salzburger Autobahn am Hahnl Geräumt. Dort am Rande der Schneise, dem Geräumt, werden die Betonmischer ihre schwere Ladung abladen, einer nach dem anderen – und wenn alles gut läuft, steht am Ende dieses arbeitsreichen Tages das Fundament für das erste Windrad im Landkreis München.
Der Markweg, die bei Ortskundigen beliebte, weil direkteste Verbindung zwischen Hofolding und Otterfing mitten im Hofoldinger Forst, wird an diesem Tag für den übrigen Verkehr komplett gesperrt. Wie auch eine Woche später am 9. sowie noch einmal sieben Tage später am 16. September dürfen nur Betonmischer fahren. Denn im Hofoldinger Forst wird in den kommenden Monaten in Windeseile nicht nur eine Windenergieanlage (WEA) entstehen, sondern gleich drei: jeweils eine auf Sauerlacher Flur, offiziell die WEA I, auf Otterfinger Gemeindegebiet (WEA II) und die WEA III östlich der A 8 als Ayinger Windrad.
Mit dem Einbau der Fundamente beginnt tatsächlich die heiße Phase der Errichtung des ersten Windparks im Landkreis München durch die drei Partnergemeinden unter dem Dach der Windenergie Hofoldinger Forst. Denn es geht gewaltig in die Höhe. Und die Maße der Fundamente der drei Rotoren lassen manch einen daran zweifeln, ob sie die Last von Windrädern mit einer Gesamthöhe von jeweils nahezu 250 Metern werden tragen können: Nur etwa 24 Meter beträgt der Durchmesser jeder kreisrunden Basis und diese reicht bei einer Gesamthöhe von etwa 2,8 Meter nur gut 0,8 Meter ins Erdreich.
Ende September beginnt der Aufbau der Türme
Und doch werden die Fundamente die Giganten der Firma Enercon tragen, die gemeinsam mit der Baufirma Max Bögel, die den Fundament- und Turmbau verantwortet, zu Beginn der Woche die drei Baustellen im Wald übernommen hat. Abschnittsweise und zeitlich versetzt werden nun die nächsten Arbeiten folgen. Immer eine bis zwei Wochen voraus wird dabei die WEA 1 im Sauerlacher Wald sein, dann erfolgen die identischen Schritte beim Otterfinger und in der Folge beim Ayinger Windrad.
Am 23. September sollen die Bauteile des ersten Betonturms der WEA 1 angeliefert und schrittweise aufgetürmt werden. Die drei Windenergieanlagen sind sogenannte Hybridtürme, bis auf eine Höhe von etwa 90 Metern bestehen sie baugleich aus je drei Betonröhren; darüber werden dann schmalere, leichtere, stählerne Komponenten draufgesattelt, bis Mitte Dezember auch der Ayinger Turm mit einer Nabenhöhe von 166 Meter in den Himmel aufragen wird. „Dann stehen die Türme komplett da“, sagt Martin Sterflinger, der Geschäftsführer der Windenergie Hofoldinger Forst GmbH, der den Bau maßgeblich begleitet.
Noch während der Turmbau zu Otterfing und Aying laufen wird, werden im Sauerlacher Turm dann Stahlseile gespannt, um die Standfestigkeit zu garantieren, der Innenausbau samt Einbau des Aufzugs soll bei der WEA I am 14. Dezember abgeschlossen sein. „Es wird auf allen drei Baustellen immer gearbeitet, immer zeitversetzt und nach klarem Plan“, sagt Sterflinger. Im Februar soll dann der riesige Kran angeliefert werden, mit dem die gewaltigen Rotorblätter angebracht werden. Der Transport erfolgt allerdings nicht über den Markweg, der Kran und die Rotoren werden direkt über die Salzburger Autobahn zu den Baustellen geschafft. Die hierfür notwendige Behelfsausfahrt an der A8 gibt es längst – und auch die Autobahn muss für die Anlieferung der Schwertransporte nicht gesperrt werden. „Das geschieht in der Nacht. Es könnte höchstens sein, dass eine Spur zusätzlich dichtgemacht werden muss. Aber eigentlich reicht der Standstreifen“, sagt Sterflinger.
Windenergie:Eine Schneise der Veränderung
Im Hofoldinger Forst sind die Flächen für drei Windräder gerodet. Auch wenn von den 35 000 Quadratmetern ein Großteil wieder aufgeforstet wird, vermittelt ein Ausflug in den Wald einen Eindruck davon, welche Spuren die Energiewende hinterlässt.
Allein die Anlieferung des Krans Mitte Februar wird fünf Tage dauern, das Umsetzen von West nach Ost Mitte April noch einmal fünf Tage und auch der Abtransport kostet noch einmal so viel Zeit. Das wird Mitte, möglicherweise auch Ende Mai so weit sein. Verbaut werden an dem Riesen dann insgesamt neun Rotorblätter mit einer Masse von jeweils 24 Tonnen. Sie lasten auf einem Turm, der es auf etwa 2000 Tonnen bringt. Und der steht auf einem Fundament mit einem Gewicht von ebenfalls etwa 2000 Tonnen.
Aus der Ferne aber wird den drei Windrädern über dem Hofoldinger Forst diese gewaltige Masse nicht anzusehen sein. Wenn Ende Mai der Kran über die Autobahn abtransportiert wird und sich das dritte Windrad auf Ayinger Gemeindegebiet zu drehen beginnt, laufen die beiden auf der anderen Seite der A8 bereits seit zwei, beziehungsweise einem Monat.