Bereits zu Kurfürstenzeiten saßen hier in der alten Argeter Dorfwirtschaft die Leute zu Ratsch und Bier zusammen. Wenn heute einer aus der damaligen Stammtischrunde für einen Moment wieder vor dem Gebäude an der Holzkirchner Straße 1 verweilen dürfte, er würde große Augen machen. Der alte Einfirsthof, in dem er einst bewirtet wurde, scheint die Zeit wie durch ein Wunder völlig unversehrt überdauert zu haben, so als wäre er in einen Jungbrunnen getaucht worden. Dabei hat er schon 236 Jahre auf dem Buckel. Die kleine Gruppe, die sich an einem warmen Sommertag vor der alten Wirtschaft versammelt, weiß, wer dieses Wunder bewirkt hat: Franz Xaver Schmuck, Gastronom und Besitzer des Hauses.
Die Grünen-Landtagsabgeordnete Sabine Weigand hat im Rahmen ihrer Denkmalschutztour unter dem Motto „Wachgeküsst“ Station in Arget gemacht, um ein weiteres positives Beispiel einer Denkmalsanierung zu zeigen sowie einen der Denkmalbesitzer zu würdigen, der mit guten Ideen und viel Energie in den Erhalt historischer Bausubstanz investiert habe. Eigentlich ein Wohlfühltermin, möchte man glauben. Und sollte nicht der hochgelobte Bauherr persönlich erscheinen, um stolz ein wenig über sein Projekt und seine Motivation dazu zu plaudern?
Doch Franz Xaver Schmuck ist der Veranstaltung ferngeblieben, sein gegenwärtiges Verhältnis zum Landesamt für Denkmalschutz ist empfindlich gestört. Eigentlich wolle sein Vater mit der Behörde überhaupt nichts mehr zu tun haben und auch gar nicht mehr über dieses Thema reden, sagt Xaver Schmuck junior, der daher statt seines Vaters erschienen ist und die angespannte Situation erklärt. 1,5 Millionen Euro seien alleine in die Sanierung der Gaststätte geflossen. Dazu sei das kurz vor dem Einsturz stehende Eishaus gerettet und denkmalgerecht saniert worden und schließlich auch der im Jahr 1788 errichtete Einfirsthof „Beim Veichtl“ für viel Geld original wieder hergestellt worden. Auf den versprochenen Zuschuss durch das Denkmalschutzamt warte man aber bis heute.
Gerade einmal 50 000 Euro habe man bekommen. „Das reicht nicht einmal für eine Wand“, wird Schmuck junior wenige Tage später in einem Gespräch mit der SZ erklären. Dabei sei durch das Engagement seines Vaters einer der schönsten Orte im ganzen Landkreis geschaffen worden, ein historisches Gebäudeensemble, das seinesgleichen suche. Es sei eine Herzensangelegenheit seines Vaters gewesen, der jetzt vom Landesamt für Denkmalschutz im Regen stehen gelassen worden sei.
Zweimal je 25 000 Euro seien überwiesen worden, danach kein Cent mehr, und auf Nachfragen habe er nicht einmal eine Antwort bekommen. Lange habe er stillgehalten, aber jetzt habe sein schwer enttäuschter Vater keine Lust mehr. „Die Verstimmung des Bauherrn ist verständlich“, sagt die Architektin Sabine Bähr, die für die denkmalgerechte Sanierung des historischen Ensembles verantwortlich gezeichnet hat. Franz Xaver Schmuck hätte jedenfalls mehr Respekt verdient.
Von einer fehlenden Wertschätzung durch den Denkmalschutz spricht auch die Grünen-Politikerin Weigand. „Mir schwillt der Kamm beim Thema Denkmalschutzförderung“, sagt sie. Gerade einmal 50 Millionen Euro hat der bayerische Landtag dafür jährlich freigegeben. Der Denkmalschutz sei als Rennpferd gestartet, dann zum Pony und schließlich zur Schnecke geschrumpft, sagt sie. Dabei generiere jeder Euro Förderung sieben Euro Einnahmen.
Aus der Sicht des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege ist die für Investor Schmuck unzureichende Förderung nicht alleine auf die geringen Mittel zurückzuführen, sondern auch auf die unterlassene Abstimmung des Bauherrn mit der Behörde. Finde keine Abstimmung vor der Antragstellung wie sonst üblich statt und werde ein nicht abgestimmter Zuschuss beantragt, für den nicht ausreichend Haushaltsmittel zur Verfügung stünden, weiche die Bewilligung entsprechend ab, erklärt das Denkmalschutzamt.
Im konkreten Fall sei die Untere Denkmalschutzbehörde des Landratsamts München unmittelbar nach Eingang des Zuschussantrags über entsprechende Mängel informiert worden. Dem Bauherrn sei erläutert worden, dass Aussagen zu möglichen Zuschüssen stets nur unter dem ausdrücklichen Vorbehalt ausreichender Mittel, die Schwankungen unterlägen, getätigt werden könnten, weshalb der beantragte Betrag nur zu einem Teil und nur in mehreren Raten habe bewilligt werden können. Außerdem habe man weitere Zuschüsse des Bezirks Oberbayern und der Bayerischen Landesstiftung vermittelt, was allerdings Schmuck junior in Abrede stellt. „Nichts haben wir bekommen“, sagt er.
Ein weiteres Projekt stellen die Schmucks zurück
Dabei seien die Sanierungen komplett, wie vom Denkmalschutzamt gefordert, vonstatten gegangen, was einen enormen finanziellen Mehraufwand bedeutet habe. Laut Landesdenkmalamt ist der denkmalpflegerische Mehraufwand Bemessungsgrundlage für Zuschüsse aus Mitteln der Denkmalpflege. „50 000 Euro sind ein Witz“, sagt Schmuck junior. Architektin Sabine Bähr spricht von einem erheblichen finanziellen Mehraufwand durch die Vorgaben des Denkmalschutzes. Die Regel laute nämlich, dass der Bestand saniert statt erneuert werden muss. Das heiße, dass vorhandene alte Materialien wieder aufbereitet und verwendet werden, was ins Geld gehe. So etwa bei der Sanierung des Daches der alten Wirtschaft. Ein neues Dach wäre einfacher und viel billiger gewesen, sagt Bähr. Oder die Freilegung einer Holzvertäfelung mit Verzierungen, die nach dem Abbau der Eternitverschalung der Giebelwand entdeckt worden sei.
„Das Ganze ist sehr schade, weil es gäbe noch viele weitere Möglichkeiten zum Ausbau des Ensembles“, sagt Xaver Schmuck und verweist auf die alte Kegelbahn, die einsturzgefährdet ist, nach den schlechten Erfahrungen bei den beiden anderen Gebäuden aber nun doch nicht mehr saniert werden wird. Wenn nun er die Planungen fortsetzen sollte, so Schmuck junior, „so jedenfalls nicht!“