Süddeutsche Zeitung

Haar:Protest gegen Laster kommt ins Rollen

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Seit Jahren wehren sich Anwohner mit einzelnen Anzeigen gegen Kiestransporte von und nach Salmdorf. Jetzt will die Bürgerinitiative in die Offensive gehen.

Von Bernhard Lohr, Haar

Die in Salmdorf seit Jahren existierende Bürgerinitiative gegen Schwerlastverkehr kündigt ein schärferes Vorgehen gegen die Kiestransporte von und zum örtlichen Quetschwerk an. Dabei nimmt man sich die Proteste gegen einen Kiesabbau im Forst Kasten zum Vorbild und sieht sich auch durch die von der Stadt München gefassten Beschlüsse ermutigt, den Lkw-Verkehr aus der Truderinger Bahnstraße auszusperren. Man sei lange mit Aussagen vertröstet worden, der Kiesabbau werde in einigen Jahren in Salmdorf enden, sagt der Sprecher der Initiative, Alexander Bär. Dabei sei das bis heute nicht in Sicht. Im Gegenteil.

Bisher bestand der Protest der Anlieger an den Zufahrtstraßen zum Kieswerk in Haar vor allem daraus, Briefe an Behörden zu schreiben und Nadelstiche zu setzen wie vergangenen Donnerstag. Da beobachteten mehrere Anrainer in Salmdorf wieder einmal, wie der Fahrer eines Lkw in der engen Straßen sein schweres, breites Fahrzeug über einen Gehweg steuerte.

Und sie erstatteten einmal mehr unter Angabe des Kennzeichens Anzeige bei der Polizeiinspektion in Haar. Dort bestätigt Inspektionsleiter Karl-Heinz Schilling, dass gelegentlich Anzeigen dieser Art eingingen, weil Lkw oft im Begegnungsverkehr auf den Gehweg auswichen. Diesen Fällen gehe man nach und sie würden als Ordnungswidrigkeit geahndet.

Doch damit wollen sich die Anrainer der Durchgangsstraße in Salmdorf nicht mehr zufrieden geben. Sie wollen dem Kies-Unternehmen Glück aus Gräfelfing, das vor Jahren den seit 1961 bestehenden Betrieb in Salmdorf übernommen hat und jetzt in Zeiten des Baubooms kräftig nutzt, richtig wehtun.

Bär kündigt an, darauf zu pochen, dass die in der Betriebserlaubnis festgeschriebenen Bestimmungen eingehalten werden, was etwa die Reinigung von Fahrzeugen und der Straßen angeht. Auch werde man rechtliche Schritte prüfen. Man sehe schon ein, dass der Betrieb seit vielen Jahren existiere. Doch die Verhältnisse hätten sich im Lauf der Jahrzehnte geändert.

Die Wohnbebauung sei mehr geworden. Insbesondere hebt Bär auch darauf ab, dass die Firma Glück in Salmdorf mittlerweile gar nicht mehr nur darauf angewiesen ist, noch auszubeutende Kiesflächen zu haben. Es werde mehr und mehr Material antransportiert und aufbereitet, sagt Bär und stellt infrage, dass das durch die Betriebserlaubnis rechtlich gedeckt ist. Markus Wahl, Geschäftsführer der Bernhard Glück Kies-Sand-Hartsteinsplitt GmbH in Gräfelfing, weist dies allerdings deutlich zurück. Es sei immer schon Material angefahren worden, sagt er.

Das Unternehmen zeigt sich unbeeindruckt

Die Anrainer erleben jedenfalls, dass durch die Strategie, auch fremdes Material in Salmdorf aufzubereiten, das Unternehmen von der Ausbeute an Ort und Stelle sogar unabhängig wird. Ein Ende des Betriebs, weil die Kiesvorkommen zuneige gehen, rückt damit in weite Ferne. Markus Wahl sagt auf die Frage, ob es in zehn Jahren noch ein Kieswerk in Salmdorf geben wird: "Davon können Sie hundertprozentig ausgehen." Der Verkehr rühre doch nicht nur von den Kiestransporten her, sagt Wahl. Die Lkw und die Straßen würden regelmäßig gereinigt und eine umsichtige Fahrweise angemahnt, betont er.

Dabei erleben die Anrainer immer wieder bedrohliche Momente, wenn den Lkw die Straße zu schmal wird. Alexander Bär schildert, wie einmal eine Frau gerade noch einen Kinderwagen zurückziehen konnte, als ein Lkw ankam. Ein anderes Mal rammte ein Lkw eine geöffnete Heckklappe eines Wagens, woraufhin dieser an das Haus geschleudert wurde. In den vergangenen Tagen wandte sich Bär öfter wieder an das Haarer Rathaus und forderte Bürgermeisterin Gabriele Müller (SPD) auf, härter gegen den Abbau und die Verarbeitung von Kies vorzugehen. Die Gemeinde schöpfe ihre Möglichkeiten nicht aus, sagt Bär.

Müller weist das zurück. Sie sagt, das Kieswerk sei in dieser Lage heute nicht mehr verträglich, der Verkehr stelle eine zu große Belastung für die Anwohner dar. Sie habe "volles Verständnis" für den Ärger der Bürger. Aber sie sagt zugleich, wenig gegen den Betrieb unternehmen zu können. In der Vergangenheit habe die Gemeinde über ein Bebauungsplanverfahren versucht, die Kiesabbauflächen einzugrenzen und außerdem einen Grünzug zu schaffen. Aber rechtlich sehe sie keine Handhabe. Es existiere eine Betriebserlaubnis ohne zeitliche Befristung.

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Quelle:
SZ vom 13.11.2019
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