Süddeutsche Zeitung

Saisonbilanz:Servus Sommer

Die großen Ferien gehen zu Ende und meteorologisch ist seit einer Woche schon Herbst. Höchste Zeit, auf die schöne Jahreszeit zurückzublicken.

Der Sommer war sehr groß. Vor allem für alle, die es heiß mögen. Doch es gab nicht nur Sonne, sondern auch starke Unwetter, etwa zu Pfingsten, als das Unterschleißheimer Volksfest sicherheitshalber geräumt werden musste. Auch Landwirte, Wald- und Gartenbesitzer hatten mit den Wetterkapriolen zu kämpfen. Seit dieser Woche nun hat - zumindest für die Meteorologen - der Herbst begonnen. Zeit, eine Bilanz dieses Sommers zu ziehen, bevor sich die Schatten auf die Sonnenuhren legen.

In den Freibädern

Die Bedingungen für die Freibäder waren nicht ideal: Neben sehr heißen Phasen gab es auch Tage mit Dauerregen. "Die Saison war durchwachsen", zieht Dirk Hager, Leiter des Freibads in Haar, daher Bilanz. Ähnlich äußert sich Heinz Effenberger von der Badeaufsicht im Naturbad Furth in Oberhaching: "Wir sind nicht so zufrieden." Beide haben vergleichsweise niedrige Besucherzahlen verzeichnet: das Haarer Bad nur 67 300 Badegäste im Vergleich zu 79 800 vor einem Jahr, das Further Bad 25 000 - kein Vergleich zum Spitzenwert von 2015 mit 42 000 Besuchern.

"Der Juni war recht gut, der August war der schlechteste Monat", sagt Effenberger. Simon Hötzl, Pressesprecher der Gemeinde Unterhaching, resümiert über die Saison im örtlichen Freibad etwas positiver: "Es war friedlich und unspektakulär." Bis diese Woche zählte die Gemeinde 146 000 Besucher, voriges Jahr waren es bis Mitte September 160 500 gewesen. Am heißen 30. Juni kamen 7400 Besucher an nur einem Tag - ein Topwert. "Es gab nicht so viele warme Tage. Aber wenn es warm war, war das Bad gut ausgelastet", sagt Hötzl. Auseinandersetzungen, wie sie von anderen Schwimmbädern gemeldet wurden, hat es in Unterhaching laut dem Rathaussprecher nicht gegeben. Das gilt auch für das Further Bad. "Es war immer friedlich", sagt Effenberger.

In den Biergärten

Für die Biergärten im Münchner Landkreis war die Saison ebenfalls "eher mittelprächtig", wie Andreas Hanisch es zu sagen pflegt. Der gebürtige Österreicher arbeitet seit 1988 beim Brückenwirt in Pullach im Isartal. Vergleiche zur Vorsaison möchte der Wirt aber nicht ziehen, "denn das war eben ein Jahrhundertsommer". Über die vergangenen drei bis vier Jahre liege man im Durchschnitt. "Nur im Mai, da mussten wir viele Mitarbeiter heimschicken, weil es so viel geregnet hat."

Auch vom Wirtshaus Ayinger in Ottobrunn heißt es, im Mai habe man das Biergartengeschäft eines ganzen Monats verloren, was hinterher nur schwer aufzuholen gewesen sei. Die Betreiber des Ottostrandes ein paar Meter weiter hingegen sind mit ihrer Saison zufrieden. "Natürlich hatten auch wir 30 Prozent weniger Öffnungstage als im vorherigen Jahr. Aber wenn das Wetter gepasst hat, war die Hütte voll. Deswegen sind wir auch mit unserem fünften Sommer zufrieden", sagt Julian Langheinrich. Wie das Sommergeschäft in der Oberschleißheimer Schlosswirtschaft gelaufen ist, weiß Pächter Sebastian Able erst zum Jahresende. Dann wird Bilanz gezogen. Der Münchner ist sich aber sicher: "Gefühlt lief es ganz gut aufgrund der vielen warmen Abende. Allerdings kommt es noch auf den September an und der könnte schwierig werden".

Sonne satt

"Es war deutlich zu warm", fasst Uwe Zimmermann vom Deutschen Wetterdienst den Sommer zusammen. Da die Behörde keine Messstation im Landkreis München betreibt, bezieht der Experte sich auf Daten einer Station in der Stadt. Diese ergeben für Juni, Juli und August eine durchschnittliche Temperatur von 20,5 Grad Celsius, der Wert liegt beinahe drei Grad über dem Mittel im international gültigen Referenzzeitraum von 1961 bis 1990. Die Meteorologen sprechen vom drittwärmsten Sommer der vergangenen 66 Jahre.

Die am 26. Juli in München gemessene Höchsttemperatur von 35,3 Grad dürfte im Landkreis allerdings nirgends erreicht worden sein. Laut Experte Zimmermann lässt sich das mit der vergleichsweise hohen Lage des Landkreises begründen, durch die es anders als in flacheren Gebieten Bayerns etwas kühler sei. Dennoch: 60 "Sommertage" verzeichnete die Münchner Messstation heuer. Meteorologen bezeichnen mit dem Begriff Tage, an denen das Thermometer mindestens 25 Grad anzeigt. "Eine Menge" seien das gewesen, wie Zimmermann sagt. An zwei Tagen stieg die Temperatur gar auf mehr als 35 Grad, die Wetterexperten nennen das "Wüstentage".

"Außergewöhnlich" ist für Zimmermann auch die Sonnenscheindauer in diesem Sommer. Insgesamt war die Sonne im Juni, Juli und August über dem Landkreis mehr als 800 Stunden lang zu sehen und damit circa ein Viertel länger als durchschnittlich in der Referenzperiode. Trotz allem täuscht der Eindruck, es habe heuer zu wenig geregnet. Mit einer Niederschlagsmenge von 343,7 Liter pro Quadratmeter in drei Monaten sei es "nur etwas zu trocken" gewesen. "In anderen Regionen ist die Trockenheit ein großes Thema, aber wir haben hier Glück gehabt", sagt Zimmermann. ams

Auf den Feldern

Die Ernte ist zu großen Teilen eingeholt. Lediglich Kartoffeln und Mais stehen noch auf den Feldern. Insgesamt wird es wohl ein durchschnittliches Erntejahr. Der Blick der Bauern im Landkreis auf die Ernte fällt allerdings verschieden aus. "Es gab heuer keinen anhaltenden Landregen, häufig nur Gewitter und Schauer", stellt Anton Stürzer, der Kreisobmann des Bayerischen Bauernverbandes, fest. Dadurch seien die Erträge regional sehr unterschiedlich. Er selbst rechnet im Vergleich zum Vorjahr mit Einbußen von bis zu 20 Prozent. Andere Landwirte, besonders im Süden, bekamen mehr Regen ab und konnten eine überdurchschnittlich gute Ernte einfahren. Entscheidend gewesen sei, wann die Feldfrüchte reiften. Wintergerste und Winterraps hätten ihre sensiblen Wachstumsphasen schon vor der großen Hitze im Juni überwunden gehabt, hier gab es keine nennenswerten Verluste. Weizen und Sommergerste hingegen litten stark unter den trockenen Verhältnissen.

Georg Kasberger, der Leiter des Amts für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten in Ebersberg, das auch für Stadt und Landkreis München zuständig ist, sieht diesen Sommer dennoch deutlich positiver als den vergangenen. So sei der Mais beispielsweise noch grün und könne weiter wachsen, 2018 musste er um diese Zeit schon geerntet werden - mit geringen Erträgen. Auch sei heuer an vielen Orten etwas mehr Regen gefallen. Seltener, aber starker Regen sei jedoch für die Schotterebene im Landkreisnorden ein Problem. Durch den kiesigen Boden fließe das Wasser schnell ab.

Im Wald

Der Wald konnte sich auch in diesem Sommer nicht erholen. Zu wenig Regen, zu hohe Temperaturen und diverse Schädlinge setzten den Bäumen weiter zu, wenn auch nicht ganz so dramatisch wie im Vorjahr. Georg Kasberger vom Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten ist sich sicher: Bleibt es in den kommenden Jahren ähnlich heiß und trocken, werden die Verhältnisse existenzbedrohend für Forstbetriebe. Denn nicht nur die Wiederaufforstung ist unter diesen Bedingungen schwierig - die meisten Jungpflanzen seien schon bald vertrocknet abgestorben - auch der Holzpreis sei seit Jahren im Keller.

Zwar konnte laut Kasberger dieses Jahr der Borkenkäfer in der Region etwas zurückgedrängt werden, die Bedrohung bestehe aber weiterhin. Man müsse unter hohem Aufwand befallene Bäume entdecken und schlagen. Dadurch komme zu viel Holz auf den Markt, der Preis verfalle. Auch Bauern-Kreisobmann Anton Stürzer sieht die Entwicklung des Waldes mit Sorge: Das Eschentriebsterben sei weiter auf dem Vormarsch, Schädlinge könnten sich bei trockenem und warmen Wetter besser ausbreiten, da die Bäume dann geschwächt seien.

Orkane und weitere Trockenperioden könnten den geschwächten Wäldern noch heftiger zusetzen, fürchtet Stürzer. Auch das Wild sei von diesen tief greifenden Veränderungen ihres Lebensraums bedroht. Allerdings konnte das Wild heuer genug Futter finden, sodass die Bestände nicht abgestockt werden mussten, sagt Georg Kasberger vom Amt für Ernäherung, Landwirtschaft und Forsten.

35,3 Grad

So warm war es am 26. Juli in München, dem heißesten Tag des Jahres. Der Höchstwert dieses Sommer liegt damit knapp zwei Grad unter der Höchstmarke aus dem Jahr 1983 und deutlich unter dem bayerischen Maximum von 40,4 Grad, das im unterfränkischen Kahl gemessen wurde.

In den Gärten

Auch für Gartenbesitzer war es ein Sommer der Herausforderungen. Dass er trocken war, darin sind sich die Hobbygärtner im Süden sowie im Norden des Landkreises München einig. Die Auswirkungen sind jedoch je nach Ort unterschiedlich. "Es hat nicht so viel geregnet, wie man gebraucht hätte", findet Gottfried Kaiser, der Vorsitzende des Kleingartenvereins "Am Waldweg" in Taufkirchen. Die Trockenheit dieses Jahres sei ein Problem für alle gewesen, die nicht mit Leitungswasser gießen. Insbesondere das sporadische Auftreten von Gewittern habe die Gartensaison verkompliziert. "Es hat nie geregnet, wenn man's gebraucht hätte, und wenn, hat's richtig gegossen", erklärt Kaiser. So seien einige Pflanzen "beleidigt" gewesen.

Da dieses Phänomen durch den Klimawandel immer häufiger werde, brauche es in Taufkirchen eine meteorologische Messstation, findet der Gärtner. Kaiser selbst wohnt in München, deshalb könne er nicht von daheim einschätzen, wann und wie viel es in Taufkirchen regnet. Er ist trotzdem relativ zufrieden mit der Saison. Am schönsten haben sein wilder Dost und seine Apfelminze geblüht.

Einer, der mit der Saison richtig glücklich wurde, ist dagegen der Vorsitzende des Kleingartenvereins "Am Seebach" in Ismaning. "Wir sind sehr zufrieden. Es gab keine Zwischenfälle", sagt er. Gewitter hätten auch keine Probleme bereitet. Er habe ein bisschen mehr gießen müssen als sonst, aber die Trockenheit habe seine Pflanzen nicht beschädigt. Am besten wurden die Gurken und die Bohnen.

Bei den Reisebüros

Trotz aller Klimadiskussionen und Fridays-for-future-Demonstrationen - die Urlaubsfreude haben sich die Menschen im Landkreis nicht verderben lassen. Und Flugreisen sind immer noch deutlich beliebter als Zug- oder Busreisen. Für Florian Mohr vom Reisebüro am Brunneck in Ottobrunn ist eine Fernreise alternativlos.

Ziele wie Griechenland und Spanien waren bei den Urlaubern aus dem Landkreis in dieser Saison weiterhin die Favoriten bei der Urlaubsplanung. Aber auch die Türkei und Ägypten werden für Urlauber wieder interessanter. Jedoch nicht alle buchten den klassischen All-inclusive-Urlaub. Die Kunden von Jennifer Lanzberger vom Reisebüro Zeitler Reisen in Unterschleißheim buchten dieses Jahr eine Mischung aus Individual- und Pauschalreisen. Immer mehr Individualurlauber interessieren sich für die USA oder Israel. Auch Kuba wird gerne genommen.

Die Konkurrenz des Internets schadet den Reisebüros im Landkreis offenbar nicht. Sie haben Stammkunden, aber auch so suchten immer öfter Kunden die persönliche Beratung im Reisebüro, heißt es. Darunter auch viele Jugendliche.

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Quelle:
SZ vom 07.09.2019 / dabo, koso, asom, fcol, pdei/wkr
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